Wenn Aufklärung nicht mehr hilft

Schwimmerin (Bild: Panthermedia)
Bild: Panthermedia

FAU-Wissenschaftler untersuchen, wie es mit einem aktiven Lebensstil tatsächlich klappt

Dass Bewegung gesund ist, weiß jeder. Und doch gelingt es vielen nicht, den inneren Schweinehund zu überwinden und zu joggen, zu radeln oder zu schwimmen. Aufklärungskampagnen erreichen nicht immer alle Menschen. Damit sich dies ändert, startete unter der Leitung von Prof. Dr. Alfred Rütten vom Lehrstuhl für Sportwissenschaft an der FAU der internationale Forschungsverbund Capital4Health.

„Ziel ist es nicht, eine neue weitere Aufklärungskampagne zu initiieren, sondern gesellschaftliche Strukturen zu verändern“, sagt Prof. Dr. Alfred Rütten, Leiter des Arbeitsbereichs Public Health und Bewegung und Direktor des FAU-Instituts für Sportwissenschaft und Sport. „Wir untersuchen, wie der Wissenstransfer und die Vernetzung zwischen Forschung, Politik und Praxis aussehen müssen, damit Menschen in unterschiedlichsten Lebenswelten nachhaltig zu einem gesunden Lebensstil befähigt werden.“

Das Dilemma ist den FAU-Wissenschaftlern hinlänglich bekannt. „Auf Aufklärungskampagnen über den Nutzen von Bewegung reagieren eher Menschen mit einem höheren Bildungsgrad und jene, die dem Sport und der Bewegung ohnehin zugetan sind“, weiß Prof. Dr. Alfred Rütten. „Auf diese Weise verstärkt sich der soziale Graben. Wir benötigen also andere Strategien, um all jene zu erreichen, die wir bislang nicht erreichen.“ Zum Beispiel sozial benachteiligte Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund.

Aktiver Lebensstil

Ob in der Kita, im schulischen Sportunterricht, in der Ausbildung, am Arbeitsplatz oder in Seniorenheimen: Wie sollen Arbeitsplätze, Wohnsituationen oder Lehrpläne gestaltet sein, damit gesundheitsfördernde Bewegung möglich ist? Wie erreicht man etwa im Sportunterricht, dass auch weniger Motivierte sich für Alltagsbewegung begeistern können und nicht außen vor bleiben? Oder wie gelingt es, dass eine alleinerziehende Mutter, die im Dreischichtbetrieb arbeitet, dennoch Zeit und Freiraum für einen im Leben verankerten aktiven Lebensstil findet?

Dr. Annika Frahsa und Prof. Alfred Rütten vom Sportinstitut der FAU. (Bild: Erich Malter)
Sie wollen uns helfen, den inneren Schweinehund zu überwinden: Dr. Annika Frahsa und Prof. Alfred Rütten vom Sportinstitut der FAU. (Bild: Erich Malter)

Der Forschungsverbund gliedert sich in fünf Teilprojekte, die alle in Bayern angesiedelt sind, und in zwei Querschnittprojekte. Während das Teilprojekt Health.edu sich etwa mit Gesundheitsförderung im Sportunterricht beschäftigt, konzentriert sich das Teilprojekt PARC-ave auf aktive Lebensstile bei Auszubildenden. „Das Teilprojekt fragt: Wie können sich zum Beispiel Krankenpflegeschüler oder Mechatronikerinnen gesundheitsförderlich bewegen? Wie entstehen dafür die richtigen Strukturen in der Arbeitswelt?“, erklärt Dr. Annika Frahsa vom Lehrstuhl für Sportwissenschaft, die die wissenschaftliche Geschäftsführung des Forschungsverbunds übernimmt. In diesem Teilprojekt arbeiten die FAU-Wissenschaftler unter anderem mit AUDI zusammen.

Am internationalen Forschungsverbund Capital4Health sind insgesamt 22 Wissenschaftler aus Deutschland, Australien, Großbritannien, Kanada, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz und den USA beteiligt. Die FAU-Wissenschaftler nutzen dabei die Expertise von Ländern wie den Niederlanden und Kanada, die im Bereich der Präventionsforschung und der Gesundheitsförderung weltweit Spitzenpositionen einnehmen. „Von der länderübergreifenden Kooperation versprechen wir uns einen Schub für den Public-Health-Sektor und die Präventionsforschung in Deutschland“, sagt Professor Rütten. „Gleichzeitig möchten wir unsere eigene Forschung international anbinden und sicherstellen, dass unsere Forschung State-of-the-Art ist.“

Interdisziplinär und nah an der Praxis

Neben der Kooperation mit internationalen Wissenschaftlern greifen Rütten und Frahsa auf die eigenen FAU-Spezialisten zurück: Am Forschungsverbund ist neben den FAU-Lehrstühlen für Sportwissenschaft, für Sportpädagogik und für Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Bewegung und Gesundheit auch der Lehrstuhl für Mustererkennung beteiligt.

„Die Besonderheit ist, dass von Anfang an relevante andere Akteure wie etwa Minis­terien, Arbeitgebervereinigungen, Schulen und Unternehmen und betroffene Menschen selbst eingebunden sind“, erläutert Dr. Annika Frahsa. Auf diese Weise will man zu Ergebnissen kommen, die tatsächlich auch umgesetzt werden: gemeinsam Menschen nachhaltig dazu zu bringen, im Alltag aktiver zu sein und sich zu bewegen – ohne deshalb zwingend mehr Sport treiben zu müssen.

Der internationale Forschungsverbund Capital4Health startete am 1. Februar 2015. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BmBF) fördert die FAU-Forschung mit 1,2 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren.

Weitere Informationen:

Dr. Annika Frahsa
Tel.: 09131/85-25006
annika.frahsa@fau.de