Weihnachtsgeschenke – psychologisch sinnvoll?

Dr. Klaudia Kramer (Foto: privat)
Dr. Klaudia Kramer (Foto: privat)

Alle Jahre wieder – die vorweihnachtliche Zeit stellt uns vor die Frage: Was schenke ich meinen Lieben? Erwachsenen Personen wollen wir eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lassen, um ihnen vielleicht zu zeigen: Du bist mir wichtig und ich habe mir darüber Gedanken gemacht, worüber du dich vielleicht freuen könntest. Bei Kindern kommen aber häufig noch weitere Überlegungen hinzu: Wie viele Geschenke soll mein Kind bekommen? Ab wann sind es zu viele oder wird mein Kind gar überhäuft? Welche Geschenke sind pädagogisch wertvoll bzw. zumindest aus Perspektive der Erziehenden noch einigermaßen vertretbar? Dr. Klaudia Kramer, Akademische Rätin am Lehrstuhl für Psychologie III der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), betrachtet das Thema Weihnachtsgeschenke für Kinder aus pädagogisch-psychologischer Perspektive.

Spielen und sich mit Spielsachen beschäftigen ist für Kinder wichtig. Darüber erlernen sie wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten aus allen Kompetenzbereichen, wie Sach-, Selbst-, Sozialkompetenz, Methoden- und Lernkompetenz oder Grob- und Feinmotorik. Einen Spielzeugroboter nach Anleitung zu bauen, fördert systematisches, planmäßiges Vorgehen. Aus Steckbügelperlen ein Pferd zu basteln, fördert Feinmotorik, Konzentration und Ausdauer. Um eine Holzeisenbahn aufbauen zu können, muss man vorausschauend denken und das anschließende gemeinsame Spiel mit der Freundin oder dem Freund braucht Fantasie und fördert soziale Kompetenzen.

Die Auswahl an Spielzeug ist groß – doch was ist ein gutes Geschenk für ein Kind? Knapp gesagt: Eines, das zu seinen Interessen passt, das herausfordernd ist und bei dem ich mir vorstellen kann, zumindest anfangs mit dem Kind zusammen zu spielen. Das Wichtigste, das ich einem Kind schenken kann, ist Zeit. Zeit, gemeinsam mit den neuen Spielsachen zu spielen, das neue Buch vorzulesen oder auch gemeinsam das neue Computerspiel auszuprobieren. Insbesondere herausfordernde Spielsachen brauchen zumindest anfangs die Begleitung durch die Erwachsenen. Ein Kindergartenkind freut sich, zusammen mit Mutter oder Vater das neue Puzzle zu legen, wenn es das alleine noch nicht schafft. Ein Grundschulkind ist wahrscheinlich überfordert, die Murmelbahn oder die Autorennbahn alleine aufzubauen, dazu braucht es die mitspielenden Eltern oder Großeltern. Und auf dem Sofa das neue Buch langsam und klar artikulierend vorzulesen, hilft dem Kind, einen umfangreichen Wortschatz aufzubauen und die Lautstruktur unserer Sprache zu verinnerlichen – die zentralen Vorläuferkompetenzen für Lesen und Schreiben.

Die Geschenke sollten zu den Interessen meines Kindes passen. Interessen sind ein zentraler Bestandteil des Selbstkonzeptes. Viel über die eigenen Interessengebiete zu wissen, bedeutet auch, sich kompetent zu fühlen und selbstbewusst zu werden. Solches Wissen kann damit ein wesentlicher Baustein zur Entwicklung eines gesunden Selbstkonzeptes sein und eine zunehmend selbstbestimmte Auseinandersetzung mit Themen und Gegenständen unterstützen.

Wie viele Geschenke die Kinder bekommen, ist dabei gar nicht so wichtig – eine Bastelschere oder Buntstifte können wertvoller sein als das teuerste Geschenk, wenn die Kinder damit freudvolle Zeit verbringen, entweder mit den Eltern zusammen oder schon alleine und selbstbestimmt. Und sollten es zu viele werden, kann ein Teil ja erst einmal wieder im Schrank verschwinden.
Herausfordernde, auf die individuellen Interessen abgestimmte Geschenke machen Freude, unterstützen die persönliche Weiterentwicklung und bieten Gelegenheit, gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen.

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