Klimawandel führt zu Korallensterben am Äquator

Korallenriff (Montage: FAU)
Riffe damals und heute – Montage eines fossilen Korallenriffs aus der Warmzeit vor 125.000 Jahren (oben) und eines lebenden Korallenriffs vor Saudi Arabien (unten). Fotos: FAU (fossiles Riff), Khaled bin Sultan Living Oceans Foundation (lebendes Riff) (Montage: FAU)

Lebensgrundlage von Millionen Menschen bedroht

Wird es wärmer, wandern sie in Richtung Norden und Süden, wird es kälter, kehren sie an den Äquator zurück. Die Rede ist von Korallen, die aufgrund der globalen Erderwärmung und damit einhergehend steigenden Wassertemperaturen, aus ihren ursprünglichen Lebensräumen verschwinden und sich in benachbarten, kühleren Regionen ansiedeln. Als Folge davon nimmt der Fischreichtum ab und Küsten verlieren ihre natürlichen Schutzschilde gegen Erosion und Sturmschäden. Letztendlich wird durch ein massives Korallensterben Millionen von Menschen die Lebensgrundlage entzogen. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Forschergruppe um Prof. Dr. Wolfgang Kießling, Lehrstuhl für Paläoumwelt, von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Ihre Ergebnisse haben sie in der US-Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

Die Wissenschaftler untersuchten Korallenfossilien aus der Wärmeperiode zwischen den beiden vergangenen Eiszeiten vor rund 125.000 Jahren. Damals kam es zu einer raschen Klimaerwärmung, bei der die Temperatur um rund 0,7 Grad Celsius anstieg. Dies führte zu einem massiven Rückgang der Artenvielfalt von Korallen in den Gewässern um den Äquator. Dort lebten demnach nur noch gut halb so viele Arten wie in den benachbarten Regionen etwas weiter nördlich bzw. südlich, wo der Artenreichtum zunahm, da die Korallen in kühlere Gefilde auswichen. Die größte Vielfalt herrschte während dieser Wärmeperiode auf der Nordhalbkugel. Die Lebensräume der Korallen verlagern sich also vergleichbar einer Wellenbewegung, so die Forscher: Je nachdem, ob die Temperaturen steigen oder sinken, wandern die Korallen – und mit ihnen Fische und andere Meeresbewohner – in Richtung Pole oder wieder zurück.

Genau diese Entwicklung zeichnet sich auch heute ab. „Wir beobachten ein Korallensterben nahe des Äquators, das natürlich verschiedene Ursachen hat wie beispielsweise die Überfischung – insbesondere das Fischen mit Dynamit und Zyanid –, die Wasserverschmutzung, Baumaßnahmen aber eben auch den Temperaturanstieg“, so FAU-Forscher Kießling. „Gleichzeitig nimmt die Anzahl und Vielfalt von Korallenriffen in Gebieten, die weiter nördlich oder südlich liegen, zu.“ Was die Wissenschaftler besonders nachdenklich stimmt: Seit Beginn der Industrialisierung hat sich das Klima auf der Erde um 0,7 Grad Celsius erwärmt, der gleiche Anstieg also, wie zwischen den beiden Eiszeiten. Jedoch sind bisher deutlich weniger Korallenarten am Äquator verschwunden als damals – aktuell liegt die Zahl der Arten dort rund zehn Prozent niedriger als in benachbarten Regionen. Daher liegt es nahe, dass die größten Veränderungen noch kommen werden. Zudem lassen Prognosen einen weiteren Temperaturanstieg erwarten und infolgedessen eine weiteres massives Abwandern der Korallen. Für die Menschen in Ländern am Äquator stellt diese Entwicklung eine gravierende Bedrohung ihrer Lebensgrundlagen dar: Fische und andere Meeresbewohner bleiben aus, die Küstengebiete sind Wind und Wellen schutzlos ausgeliefert. Daher ist es laut den Forschern überaus wichtig, den entdeckten Zusammenhang zu berücksichtigen, wenn es darum geht, die Menschen in den betroffenen Regionen auf die kommenden Jahre vorzubereiten.

Der Originalartikel “Equatorial decline of reef corals during the last Pleistocene interglacial” von Wolfgang Kießling, Carl Simpson, Brian Beck, Heike Mewis und John M. Pandolfi wurde in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht (doi:10.1073/pnas.1214037110).

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Wolfgang Kießling
Tel.: 09131/85-26959
wolfgang.kiessling@gzn.uni-erlangen.de