„Symmetrie zwischen Geben und Nehmen“

Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, seit Ende 2012 Träger des Maximiliansordens, im Interview

Ohne Zweifel gehört Prof. Dr. Heinz Gerhäuser zu den wissenschaftlichen Größen in Erlangen: Bis 2011 stand er dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS vor und war zugleich Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Informationstechnik (LIKE) an der FAU. Er leitete unter anderem das Team, in dem das Audiocodierverfahren mp3 entwickelt wurde. Seit Ende November vergangenen Jahres ist er Träger des Maximiliansordens, der höchsten bayerischen Auszeichnung für Wissenschaft und Kunst.

Bekannte Träger des Maximiliansordens waren in der Vergangenheit unter anderem Alexander von Humboldt, Jacob Grimm und Joseph von Eichendorff – wie fühlen Sie sich in diesem illustren Kreise?

Es ist eine sehr große Ehre, einem solch illustren Kreis anzugehören. Allerdings bin ich mir darüber im Klaren, dass ich diese Auszeichnung auch stellvertretend für viele meiner ehemaligen Fraunhofer-Mitarbeiter erhalten habe. Alle großen Erfolge des Fraunhofer IIS bzw. auch des Lehrstuhls LIKE sind immer Team-Leistungen gewesen.

Wer sind Ihre Vorbilder – in der Wissenschaft und privat?

In der Wissenschaft ist für mich Joseph von Fraunhofer ein großes Vorbild. Er war Forscher und Wissenschaftler, Erfinder und Unternehmer. Diese Begabung findet man selten in einer Person vereinigt. Besonders bemerkenswert ist, dass Fraunhofer keine akademische Ausbildung genossen hat. Er war Autodidakt.

Albert Einstein hat mich mit seinen Forschungen zu Raum und Zeit sowie zum Wesen der Gravitation tief beeindruckt.
Ebenfalls sehr beeindruckt hat mich James Clerk Maxwell, der die theoretischen Voraussetzungen für unsere heutige drahtlose Kommunikationstechnik mit seinen „Maxwellschen Gleichungen“ geschaffen hat. Dies geschah zu einer Zeit als eine experimentelle Überprüfung noch nicht möglich war.

Guglielmo Marconi, der für seine Arbeiten zur drahtlosen Übertragung von Nachrichten 1909 mit Ferdinand Braun den Nobelpreis für Physik erhalten hat, zeichnet sich als Visionär und konsequenter Umsetzer von Ideen in wirtschaftlich attraktive Anwendungen aus. Auch er sollte hier erwähnt werden.

Privat sind für mich Menschen von Bedeutung, die sich auch mit erheblichem persönlichen Risiko unbeirrt für Freiheit und Menschlichkeit einsetzen. Dietrich Bonhoeffer, Albert Schweitzer oder Christian Führer, ehemaliger Pfarrer an der Nikolaikirche in Leipzig, sind hier gute Beispiele.

Was wollten Sie als Kind werden?

Ich habe mich als Kind für technische Berufe interessiert. Metallverarbeitung und Elektrotechnik waren für mich von besonderem Interesse.

Was war Ihr schönster Erfolg als Wissenschaftler?

Der schönste Erfolg war, dass viele meiner Mitarbeiter und Schüler herausragende Beiträge zu weltweit bedeutenden Erfindungen und Entwicklungen geleistet haben.

Und was Ihre interessanteste Erkenntnis?

Wenn man von einer Sache überzeugt ist, dann muss man dafür kämpfen und man darf nicht zu früh aufgeben.

Seit Ende 2011 sind Sie ganz offiziell im Ruhestand. Was gefällt Ihnen daran besonders gut?

Der Begriff Ruhestand ist nicht sehr glücklich. Ich arbeite so viel wie früher, allerdings mit dem Unterschied, dass ich jetzt sehr viel stärker selbst Ziele und Zeiteinsatz bestimme. Eine große Entlastung ist der Wegfall der hohen Verantwortung für das größte Fraunhofer-Institut mit über 750 Mitarbeitern.

Und was fehlt Ihnen?

Zeit.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Nutzen bieten, Nutzen ernten! Die Reihenfolge ist wichtig. Es muss eine Symmetrie zwischen Geben und Nehmen in allen Lebensbereichen gefunden werden. Dann steht dem Erfolg nichts im Wege.