„Zeichnen seit Dürer“

Landschaft mit Golgatha
Wolf Huber – Werkstatt,
Große Landschaft mit Golgatha, Pinsel, Aquarell und Deckfarben, über Feder in Braun, auf Bütten, 1525/30 (Bild: FAU)

Die FAU zeigt in einer Sonderausstellung für kurze Zeit zeichnerische Schätze der Renaissance in Süddeutschland

Zur Graphischen Sammlung Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gehören neben Zeichnungen Albrecht Dürers graphische Werke aller wichtigen Künstler der Renaissance in Süddeutschland. In einer kleinen Sonderausstellung vom 4. bis zum 12. Mai 2013 zeigt die Universität nun für kurze Zeit ausgewählte Zeichnungen von Albrecht Dürer, Hans Holbein d. Ä., Albrecht Altdorfer und anderen süddeutschen und Schweizer Künstlern – Schätze, die sonst der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

Die reichen Bestände an Zeichnungen aus dem 16. Jahrhundert in der Erlanger Universitätsbibliothek stehen im Mittelpunkt eines aufwändigen Forschungsprojekts, das die Kunsthistoriker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) unter Leitung von Prof. Dr. Hans Dickel begonnen haben. Nach der Fertigstellung des ersten Bandes zu den Zeichnungen des 14. und 15. Jahrhunderts in der Graphischen Sammlung der FAU („Zeichnen vor Dürer“, 2009) ist ein zweiter Band geplant, der die reichen Bestände aus dem 16. Jahrhundert auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Untersuchungen mit farbigen Abbildungen publizieren soll.

Eine Auswahl daraus ist nun in einer Sonderausstellung zu sehen – im Sitzungssaal der alten Universitätsbibliothek, ein Ambiente, in dem die historischen Zeichnungen ideal platziert sind. Ziel der Ausstellung ist es, Interessenten mit der Zeichenkunst der Zeit seit Dürer vertraut zu machen und ihnen zugleich einen Einblick zu geben in die Forschungsarbeit der Erlanger Wissenschaftler. Zu sehen ist zunächst einer der großen Schätze der Sammlung – eine Zeichnung Albrecht Dürers unter dem Titel „Brustbild eines bärtigen Greises“ aus der Zeit von etwa 1520. Unumstritten dürfte sein, dass Dürer für das 16. Jahrhundert künstlerische Maßstäbe gesetzt hat. Aber auch seine Nachfolge in Nürnberg bzw. Franken ist mit Werken aller wichtigen Künstler (Hans Baldung Grien, Hans von Kulmbach, Hans Schäufelin, Erhard Schön, Hans Sebald Beham, Peter Vischer d. Ä. und d.J.) in der Erlanger Sammlung hervorragend dokumentiert.

Ebenso bedeutend sind die Werkgruppen aus anderen süddeutschen Schulen (Schwaben, Bayern, Oberrhein), die mit Zeichnungen von Hans Holbein d.Ä., Hans Burgkmair, Albrecht Altdorfer und Matthias Grünewald die deutsche Zeichenkunst des 16. Jahrhunderts auf höchstem Niveau repräsentieren. Hier zeigt die Ausstellung zum Beispiel eine Hundestudie aus der Feder von Hans Holbein d.Ä. Abweichend von der Tradition des Mittelalters gründet sich die deutsche Zeichenkunst zu Beginn der Renaissance auf eigene Anschauung und Naturstudien.

Darüber hinaus enthalten die Bestände des 16. Jahrhunderts zahlreiche Scheibenrisse, d. h. Entwürfe für Glasmalereien, die vorwiegend für fränkische Kirchen bestimmt waren. Mit Hilfe materialkundlicher Analysen (Bestimmung der Wasserzeichen und Zeichenmedien) und stilkritischer Erörterungen werden diese Zeichnungen nun nach den neuesten Methoden untersucht, um sie zuverlässig datieren und einzelnen Künstlern, Werkstattkreisen oder Regionen zuschreiben zu können. Die wissenschaftliche Bearbeitung dieser einzigartigen Sammlung, ca. 640 Blätter, erfordert zwei Jahre, die Drucklegung ein weiteres Jahr.

Die Bilder der Ausstellung im Überblick:

  • Albrecht Dürer (Nürnberg 1471-1528 Nürnberg): Brustbild eines bärtigen Greises, Feder in Hellbraun, leicht laviert, Hintergrund mit blauer Deckfarbe abgedeckt, auf Bütten, 1521 (?)
  • Hans Schäufelin (Oberrhein? um 1482/83-1539/40 Nördlingen): Frau mit Kind, neben einem Baumstamm stehend, Feder in Schwarz auf Bütten, 1507
  • Hans von Kulmbach (Kulmbach, um 1485-1522 Nürnberg): Scheibenriss mit dem Heiligen Augustinus im Vierpass, Feder in Braun, grau laviert über Spuren von Kohle, auf Bütten, um 1507
  • Hans von Kulmbach (Kulmbach, um 1485-1522 Nürnberg): Christus als Schmerzensmann, sitzend, Feder in Braun und Schwarz, Wasser- und Deckfarben, weiß gehöht, Hintergrund schwarzblau abgedeckt, auf Bütten, nach 1511, vor 1515
  • Erhard Schön (Nürnberg, nicht vor 1491-1542 Nürnberg): Die Anbetung der Könige, Feder in Braun auf Bütten,1523 (?)
  • Barthel Beham (?) (Nürnberg um 1502-1540 Italien): Landsknecht, Feder in Braun auf Bütten, undatiert
  • Peter Flötner (um 1486/95-1546 Nürnberg): Triumph der Auferstehung, schwarze Kreide, weiß gehöht, auf rötlich getöntem Bütten, 1522-28
  • Georg Pencz (evt. Bad Windsheim um 1500/02 – um 1550 Leipzig oder Breslau): Vier Scheibenrisse mit Allegorien der Jahreszeiten in Triumphzügen und den Tierkreiszeichen in Rundbildern, Feder in Schwarz, grau laviert, über schwarzem Stift, auf Bütten,1530er Jahre
  • Unbekannter Nürnberger Künstler: Ansicht Nürnbergs von Südosten, Feder in Braun, aquarelliert, auf Bütten, nach 1516, vor 1552
  • Hans Holbein d. Ä. (Augsburg, um 1465-1524 Oberrhein?): Hundestudie, Silberstift auf weiß grundiertem Bütten,1510/15
  • Hans Burgkmair (Augsburg, um 1475-1531 Augsburg): Maria mit Christuskind, Feder in Schwarz, grau laviert, über Quadrierung, auf grau getöntem Bütten, um 1507
  • Jörg Breu, d. Ä. (Augsburg um 1475-1537 Augsburg): Buhlschaft, Feder in Schwarz auf Bütten, 1520/30
  • Hans Baldung Grien (Schwäbisch Gmünd 1484/85-1545 Straßburg): Der böse Schächer am Kreuz hängend, Feder in Rotbraun, weiß gehöht, auf hellrot getöntem Bütten, um 1505
  • Albrecht Altdorfer (1505 erste urkundliche Erwähnung, Bürger in Regensburg – 1538 Regensburg): Segelschiff auf hoher See, Feder in Violett auf Bütten, 1515
  • Albrecht Altdorfer (1505 erste urkundliche Erwähnung, Bürger in Regensburg -1538 Regensburg): Kreuztragung Christi, Feder in Schwarzbraun, grau laviert, weiß gehöht, auf rötlich getöntem Bütten,1512-18
  • Wolf Huber (Feldkirch/Vorarlberg, um 1485-1553 Passau): Brustbilder zweier Frauen und Greisenkopf, Kohle und weiße Kreide auf ziegelrot getöntem Bütten,1522
  • Wolf Huber – Werkstatt (Feldkirch/Vorarlberg, um 1485-1553 Passau): Große Landschaft mit Golgatha, Pinsel, Aquarell und Deckfarben, über Feder in Braun, auf Bütten, 1525/30
  • Hans Leu (Zürich, um 1490-1531 Schlacht am Gubel): Venus (Allegorie auf die Vergänglichkeit), Feder in Braun auf Bütten, 1517
  • Niklas Manuel Deutsch (Bern 1484-1530 Bern): Vier Landsknechte, Feder in Schwarzbraun auf Bütten, um 1510

 

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Hans Dickel
09131 / 85-29234
Hans.Dickel@rzmail.uni-erlangen.de