Der vergessene Hegel

Karl Hegel
Karl Hegel (Bild: FAU)

Zum 200. Geburtstag des Historikers Karl Hegel

Wer den Namen „Hegel“ hört, denkt automatisch an den großen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Dass sein Sohn Karl Hegel einer der führenden Stadtgeschichtsforscher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war, weiß kaum jemand. Auf welche Weise der Wissenschaftler nicht nur die Erlanger Universität sondern auch die Stadt selbst über ein halbes Jahrhundert hinweg geprägt hat, erklärt Prof. em. Dr. Helmut Neuhaus, FAU.

Am 7. Juni 2013 wäre Karl Hegel 200 Jahre alt geworden. Als ältester Sohn des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Maria Helena Susanna Tucher in Nürnberg geboren, wurde er nach einem Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte an den Universitäten Berlin und Heidelberg, einer einjährigen Italien-Reise sowie kurzer Lehrtätigkeit im preußischen Schuldienst 1841 zunächst Professor der Geschichte, ab 1848 Ordinarius für Geschichte und Politik an der Universität Rostock, deren Rektor er zwei Mal war. 1856 nahm er einen Ruf auf einen neugeschaffenen Lehrstuhl für Geschichte an der Universität Erlangen an, gründete 1871 das Historische Seminar, einen Vorgänger des heutigen Departments Geschichte, und blieb der Friedrich-Alexander-Universität bis zu seinem Lebensende am 5. Dezember 1901 über fast ein halbes Jahrhundert hinweg eng verbunden. 1870/71 war er als Vertreter des bayerischen Königs deren Prorektor, viermal war er Dekan der Philosophischen Fakultät und hatte von 1858 bis 1894 als Mitglied des universitären Verwaltungsausschusses, insbesondere als Etat- und Baureferent erheblichen Anteil an der Veränderung des Erlanger Stadtbildes, insbesondere durch die Anlage der Universitätsstraße und zahlreicher neuer Universitätsgebäude rund um den Schlossgarten; 1889 wurde zum Beispiel das Kollegienhaus eingeweiht.

Als Universitätslehrer wurde er – wie schon in Rostock – zum ersten modernen Historiker, etablierte in Erlangen das Geschichtsstudium im Sinne Wilhelm von Humboldts als eigenständige geisteswissenschaftliche Disziplin und reformierte insbesondere die Ausbildung gymnasialer Geschichtslehrer bis zum Ersten Staatsexamen. Wissenschaftlich trat er vor allem als Historiker des Bürgertums und der Stadtrechte im europäischen Kontext hervor und gab 27 Bände „Chroniken der deutschen Städte“ für die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften heraus, zu deren Gründungsmitgliedern er 1858 gehörte. Als renommierter Historiker, der zum international hoch angesehenen „Städtehegel“ wurde, war er Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Akademien (München, Göttingen, Berlin, Wien) und gehörte den Leitungsgremien der Monumenta Germaniae Historica in Berlin und des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg an. Sein grundlagenwissenschaftliches Wirken wurde in hohen Ehrungen und Auszeichnungen gewürdigt.

Die Erinnerung an Karl Hegel wird in Erlangen durch die seit 2007 jährlich stattfindende Karl-Hegel-Gedächtnisvorlesung wachgehalten, die jeweils von Gelehrten aus dem In- und Ausland gehalten wird, gefördert vom Verein der Freunde und Förderer der Geschichtswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg. Erstmals umfassend gewürdigt wurde Karl Hegel im Jahre 2001 anlässlich seines 100. Todestages im Rahmen einer Ausstellung in der Universitätsbibliothek. Und erst jüngst stellte die Historikerin Marion Kreis an der FAU ihre Dissertation über den Historiker und seine Bedeutung fertig.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Georg Seiderer
Tel.: 09131/85-22789
georg.seiderer@gesch.phil.uni-erlangen.de