Der lange Weg zum eigenen Beschreibstoff

Stellen ihr eigenes Papyrus her: Die Auszubildenden Yvonne Reinhardt (Stadtbibliothek Erlangen), Anna Trzoska, Valerie Kleindienst (beide UB) und Jonas Eichler (Botanischer Garten) (von links). Foto: Botanischer Garten Erlangen
Stellen ihr eigenes Papyrus her: Die Auszubildenden Yvonne Reinhardt (Stadtbibliothek Erlangen), Anna Trzoska, Valerie Kleindienst (beide UB) und Jonas Eichler (Botanischer Garten) (von links). Foto: Botanischer Garten Erlangen

Auszubildende der FAU und der Stadtbibliothek stellen in einem gemeinsamen Projekt Papyrus her

Ein Zeugnis auf Papyrus: Das könnte am Ende eines Projekts fünf Erlanger Auszubildender stehen. In einem gemeinsamen Projekt des Botanischen Gartens und der Universitätsbibliothek (UB) der FAU sowie der Stadtbibliothek Erlangen stellen die Auszubildenden ihren eigenen Beschreibstoff her – von der Aufzucht der Pflanzen bis zur Herstellung des Stoffs. Und mit Hilfe der Erlanger Bevölkerung.

Rund 60 Papyrus-Pflanzen wachsen zurzeit im Botanischen Garten der FAU. Angepflanzt haben sie Laura Berger und Jonas Eichler, die Auszubildenden zu Gärtnern des Botanischen Gartens, im vergangenen Winter. Ihr Ziel: Aus den eigenen Pflanzen Papyrus herstellen – zusammen mit den Auszubildenden der UB, Anna Trzoska und Valerie Kleindienst, und der Auszubildenden der Stadtbibliothek, Yvonne Reinhardt. Das Projekt wird sie über die gesamte Zeit ihrer Lehre begleiten, denn von der Aufzucht bis zum Endprodukt ist es ein langer Weg.

Die Idee für das ungewöhnliche Projekt hatten Mitarbeiter der UB und der Stadtbibliothek, als sie überlegten, wie sie das Thema Buchgeschichte und besonders den Bereich Papyrus ihren Auszubildenden für Medien- und Informationsdienste anschaulich vermitteln können. „Wir wollten eine Papyrusrolle selbst herstellen, wussten aber nicht, wo wir den echten Rohstoff hernehmen sollten“, erzählt Sabine Berg, Ausbildungsleiterin der UB. Die Lösung: Die Auszubildenden des Botanischen Gartens ziehen die Pflanzen für das Projekt groß.

Papyrus-Pflanzen suchen ein Zuhause

Im vergangenen Winter säten Berger und Eichler die Samen aus, verpflanzten die kleinen Sämlinge dann in einzelne Töpfe, kümmerten sich um ihre Aufzucht. „Papyrus-Pflanzen benötigen sehr viele Nährstoffe und sehr viel Wasser – die stehen praktisch schon im Wasser“, weiß Claus Heuvemann, technischer Leiter des Botanischen Gartens. Bis aus den Sämlingen der Stoff zum Beschreiben gefertigt werden kann, dauert es jedoch bis zu zwei Jahre. „Bei ägyptischen Verhältnissen würde die Aufzucht relativ schnell gehen, aber durch unsere Witterung dauert es länger“, erklärt Heuvemann.

Damit nicht alle Pflanzen im Botanischen Garten überwintern müssen, verschenken die Mitarbeiter die Pflanzen auf Zeit. Besucher der Ausstellung „Wasser sichtbar machen“, die noch bis zum 22. September in der Winterhalle des Botanischen Gartens zu sehen ist, können eine Pflanze mit nach Hause nehmen, sie aufziehen – und dann im Frühjahr 2015 wieder zurückbringen, damit die Azubis den Papyrus daraus fertigen können. Angst davor, dass die Pflanzen auf Nimmerwiedersehen verschwinden, hat Heuvemann nicht: „Eine ältere Damen hat uns bereits ihre ausgewachsene Pflanze gebracht im Austausch gegen einen Sämling. Sie ist damit quasi in Vorleistung gegangen.“

Papyrus herstellen wie die alten Ägypter

Mit dieser Pflanze starten die Auszubildenden der Universitätsbibliothek UB sowie der Stadtbibliothek nun einen Probelauf. „Das ist für uns ein echtes Experiment“, erklärt Sabine Berg. „Wir haben den Ehrgeiz, den Papyrus wirklich auf natürlichem Weg zu bearbeiten, also ohne Hilfsmittel wie beispielsweise Leim.“ Dazu schälen die Auszubildenden die Stängel der Papyruspflanzen, das Innere der Pflanzen – das Mark – schneiden sie in Streifen. Diese werden dann zunächst waagerecht nebeneinander auf ein Tuch gelegt, eine senkrechte Lage kommt darüber. Ein zweites Tuch bildet den Abschluss.

Die Streifen werden dann mit hohem Druck gepresst – die alten Ägypter verwendeten damals schwere Steinblöcke –, der dadurch austretende pflanzeneigene Saft verbindet die Streifen wie Klebstoff. Danach wird das Papyrusgeflecht getrocknet, geglättet, poliert und zugeschnitten. „Richtig ernst wird es dann nächstes Jahr, wenn unsere Auszubildenden die Arbeitsschritte an ihren eigenen Pflanzen ausprobieren können“, freut sich Berg bereits auf die letzte Phase des Projekts.

Die FAU bildet aus

An der FAU lernen und arbeiten durchschnittlich 60 Auszubildende in zwölf verschiedenen Lehrberufen, vom Chemielaborant bis zum Gärtner. Für den Ausbildungsbeginn 1. September 2014 bietet die FAU 19 Ausbildungsplätze in neun verschiedenen Ausbildungsberufen an. Die Ausschreibungsfrist für den Ausbildungsbeginn 1. September 2014 läuft bis einschließlich 11. Oktober 2013.

Weitere Informationen:

Botanischer Garten
Claus Heuvemann
Tel.: 09131/85-22969
claus.heuvemann@fau.de

Universitätsbibliothek
Sabine Berg
Tel.: 09131/85-29033
sabine.berg@fau.de