FAU-Expedition: Reiche Beute aus der Tiefsee

Tauchroboter-Aufnahme: aktiver heißer Raucher mit Muscheln, Röhrenwürmern und Krustentieren am Vulkan Nifone (Bild: Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung, Kiel)
Tauchroboter-Aufnahme: aktiver heißer Raucher mit Muscheln, Röhrenwürmern und Krustentieren am Vulkan Nifone (Bild: Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung, Kiel)

Erstes Resümee von der Forschungsreise in den Südwestpazifik

Von ihrer Fahrt mit dem Forschungsschiff „Sonne“ sind Erlanger Geologen und ihre Kollegen aus Hannover, Bremen, Kiel und Kanada hoch zufrieden zurückgekehrt. „In knapp vier Wochen konnten wir elf erfolgreiche Tauchgänge im Südwestpazifik durchführen“, freut sich Prof. Dr. Karsten Haase vom Lehrstuhl für Endogene Geodynamik der FAU. Besonders spektakulär war die Entdeckung einer der heißesten Quellen, die je auf dem Meeresgrund des Pazifischen Ozeans gefunden wurden. Mit mehr als 350 Grad Celsius kämpft sie sich gegen den gewaltigen Druck der Wassersäule in fast 1900 Metern Tiefe nach oben.

Im Ostpazifik und im Atlantik sind nur zwei weitere Quellen bekannt, deren Temperatur noch etwas höher liegt. Zur Langen Nacht der Wissenschaften am 19. Oktober bei einem Vortrag um 20 Uhr im GeoZentrum Erlangen, Schlossgarten 5, möchte Prof. Haase die Erfahrungen seiner Forschungsreise mit der Öffentlichkeit teilen.

12. Juli 2013: Endlich ist die Meeresoberfläche ruhig genug, um den Tauchroboter ROV Kiel 6000 zum Unterseevulkan Nifonea nordöstlich der Insel Erromango im Inselstaat Vanuatu zu lenken. Je weiter das hochentwickelte Gerät in die Caldera, den Vulkankessel, vorrückt, desto lebhafter geht es auf den Bildern zu, die es hinaufschickt: Röhrenwürmer mit rosafarbenen Köpfen wimmeln durcheinander, längliche Muschelschalen drängen sich dicht an dicht. Bakterienmatten überziehen das Gestein. Krabben, Schnecken, vereinzelte Seeanemonen und Fische tummeln sich dazwischen. Zwei „schwarze Raucher“, aus denen heißes, mit Mineralien gesättigtes Wasser quillt, kommen in Sicht; ausgefällte Substanzen haben einen drei Meter hohen Kamin geformt, der sich zur Probennahme bestens eignet. Am aktiven Spiel der geologischen Kräfte in diesem Gebiet kann es keinen Zweifel geben.

„Das war der Höhepunkt der Fahrt“, begeistert sich Haases Mitarbeiter Dr. Christoph Beier. Gestein, Wasserproben und Organismen aus der Tiefsee, die in diesem mehrere hundert Quadratmeter umfassenden Gebiet gewonnen werden konnten, werden den beteiligten Wissenschaftlern mindestens in den nächsten beiden Jahren zu tun geben. Die 1,1 Millionen Euro, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung in die Expedition investiert hat, waren gut angelegt.

Vulkane in zweiter Reihe

Der Meeresboden unseres Planeten, in mancher Hinsicht schwieriger zu erforschen als die Mond- oder sogar die Marsoberfläche, geizt nicht mit Überraschungen, sofern man sich ihm nähern kann. Vier bisher nicht bekannte Vulkane wurden entdeckt, teils an völlig unerwarteten Orten. Wo die Australische Kontinentalplatte nach unten abtaucht und die Pazifische Platte sich darüberschiebt, quillt Magma aus dem Erdmantel, flüssiges, heißes Gestein, das abgekühlt zu Lava erstarrt. Dass eine sogenannte Subduktionszone durch eine Kette von Vulkanen markiert wird, ist also die Regel – nicht aber, dass bis zu 30 Kilometer davon entfernt, im „Hinterland“, nochmals Vulkane zu finden sind.

„Hier wirken zwei entgegengesetzte geodynamische Kräfte“, erklärt Haase. Die obere Platte wird nicht nur geschoben, sondern zudem in der Gegenrichtung gedehnt. Wie es dazu kommt? „Das wissen wir noch nicht.“ Die Forscher müssen sich von den Gesteinsproben, die sie mitgebracht haben, auf die rechte Spur leiten lassen.

Oasen voll sprudelnder Energie

Expeditionen in wenig erforschte Regionen des Weltmeeres bedeuten auch, dass Karten vervollständigt werden und die Erdoberfläche vermessen wird. Der Meeresgrund kann zwar von Satelliten aus kartiert werden, aber viel ungenauer. Die „Sonne“ verfügt über ein Fächerecholot. „96 Strahlen tasten den Grund ab“, beschreibt der Geologe den Vorgang, Während das Schiff wiederholt hin- und zurückfährt, entstehen streifenweise exakte Vorlagen für die Orientierung und Karten mit einer hohen Auflösung.

Die Bewohner von Vanuatu können damit erstmals ihre nächste Umgebung wirklich kennenlernen. Einige Inseln ragen steil aus dem Wasser, und unter Wasser fallen die Wände fast senkrecht ab. Sanfte Strände, die zum Schnorcheln und Tauchen einladen, gibt es hier nicht. Fasziniert sah eine aus Vanuatu stammende Wissenschaftlerin an Bord, in welchem Umfeld sie eigentlich wohnt. Vielleicht auch ein wenig erschrocken – denn der Meeresboden ist wenige hundert Meter vor der Küste fast tot. In der steinernen Tiefseewüste sind erstaunlicherweise kaum Lebewesen zu beobachten.

Das ändert sich erst, wenn man sich den heißen Quellen nähert, dann allerdings gründlich. Heiße Lösungen aus dem Erdmantel enthalten Schwefel; durch Oxidation dieser Substanz verschaffen sich die Tiefseeorganismen ihre Lebensgrundlage, fernab von Sonnenlicht und Photosynthese. Die für uns befremdend wirkende Art der „Ernährung“ könnte, wie heute vermutet wird, dem Leben auf der Erde den Weg geebnet haben. Außerdem fördern schwarze Raucher Reichtümer zutage, jedenfalls für Menschen: Spuren von Kupfer, Zink, Eisen, Silber und Gold weisen auf mögliche Lagerstätten hin. Rund zwei Kilometer unter dem Meeresspiegel dürfte der Abbau aber doch ziemlich kompliziert sein? „Darum geht es eigentlich nicht“, gibt Karsten Haase zu. „Aus Gesteinsanalysen können wir Rückschlüsse darauf ziehen, wo man an Land mit guten Aussichten nach neuen Metallvorkommen sucht.“

Mit den Augen des Roboters

Obwohl biologische Untersuchungen die Sache der Kollegen in Ottawa und Victoria sind, reißen sich der Geologieprofessor und sein Mitarbeiter nur schwer von Filmaufnahmen des lebhaften Treibens am Meeresboden los. „Es ist einfach phantastisch, einer Krabbe tief da unten direkt beim Fressen zuzusehen“, erinnert sich Haase. Die Tauchroboter, die seit etwa 15 Jahren eingesetzt werden können, hätten die Forschung revolutioniert, meint er. Zwei davon gibt es in Deutschland, von Wissenschaftlern heiß umworben, und vier große Forschungsschiffe, keine schlechte Ausrüstung für eine Nation mit wenig Küstengebieten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft wisse es im Übrigen anzuerkennen, wenn sich wissenschaftliche Institutionen aus dem Binnenland hier engagierten. Sofern die nötigen Fachkenntnisse vorhanden sind – wie eben am GeoZentrum Erlangen.

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit 37.500 Studierenden, 640 Professuren und rund 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der größten Universitäten in Deutschland – und, wie aktuelle Erhebungen zeigen, eine der erfolgreichsten und forschungsstärksten. So liegt die FAU beispielsweise im aktuellen Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf Platz 10 und gehört damit in die Liga der deutschen Spitzenuniversitäten. Neben dem Exzellenzcluster „Engineering of Advanced Materials“ (EAM) und der im Rahmen der Exzellenzinitiative eingerichteten Graduiertenschule „School of Advanced Optical Technologies“ (SAOT) werden an der FAU derzeit über 30 koordinierte Programme von der DFG gefördert.

Die Friedrich-Alexander-Universität bietet über 150 Studiengänge an, darunter fünf Bayerische Elite-Master-Studiengänge und über 32 mit dezidiert internationaler Ausrichtung. Keine andere Universität in Deutschland kann auf ein derart breit gefächertes und interdisziplinäres Studienangebot auf allen Qualifikationsstufen verweisen. Durch über 500 Hochschulpartnerschaften in mehr als 70 Ländern steht den Studierenden der FAU schon während des Studiums die ganze Welt offen.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Karsten Haase
Tel.: 09131/85-22616
karsten.haase@fau.de