Unerwartete Zwillingsgeburt im Kreißsaal

An Patientensimulatoren wird der Notfall geprobt. (Bild: Uni-Klinikum Erlangen)
An Patientensimulatoren wird der Notfall geprobt. (Bild: Uni-Klinikum Erlangen)

Erstes interdisziplinäres Simulationstraining von Anästhesie und Kinderklinik

Ein Säugling entwickelt schwere Atemnot nach einer Notfalloperation, Narkose- und Kinderärzte müssen zu früh geborene Zwillinge betreuen, ein Jugendlicher vergiftet sich mit den Tabletten seiner Großmutter – insgesamt rund 120 Ärzte und 50 Pflegekräfte aus der Anästhesiologischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Schüttler) und der Kinder- und Jugendklinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Rascher) des Universitätsklinikums Erlangen haben sich in den vergangenen Wochen mit verschiedenen Szenarien in einem Simulationskurs auf unerwartete Notfallsituationen vorbereitet. Das erstmals interdisziplinär und interprofessionell durchgeführte Zwischenfalltraining an ferngesteuerten Patientensimulatoren ist in der Europäischen Metropolregion Nürnberg einzigartig.

Etwa eine halbe Stunde dauert ein inszeniertes Notfallszenario an den realitätsnahen Patientensimulatoren. Fünf Szenarien muss jedes Team absolvieren. Die Übungen fanden in diesem Jahr erstmals interdisziplinär statt und wurden von einem Team aus Fach- und Oberärzten beider Kliniken konzipiert. Das bedeutet, dass Mitarbeiter aus Anästhesie und Kinderklinik gemeinsam mit unterschiedlichen Notfallsituationen konfrontiert wurden und als Team reagieren mussten.

Die Erwachsenen- und Kleinkindsimulatoren können viele verschiedene menschliche Krankheitszustände imitieren. So mussten die medizinischen Teams beispielsweise zwei Säuglinge mit Kreislaufstillstand nach der Geburt angemessen versorgen. Neben dem zu schulenden Personal waren bei dem Training auch eingeweihte Mitarbeiter anwesend. Sie konnten als Schauspieler das Geschehen in eine bestimmte Richtung lenken und bekamen dazu vom Übungsleiter per Headset „Regieanweisungen“. Mithilfe der Kameraaufzeichnungen wurde das Vorgehen der Teams in den Gruppenraum übertragen und anschließend ausführlich analysiert sowie besprochen.

„Uns geht es vor allem darum, das medizinische Personal auf den Umgang mit zunächst unklaren Umständen vorzubereiten und die Kommunikation aller Beteiligten untereinander zu verbessern“, sagt Dr. Michael St. Pierre vom Simulations- und Trainingszentrum der Anästhesie. „Denn Behandlungsfehler entstehen oft aus Organisations- und Kommunikationsmängeln und nicht durch unzureichendes Fachwissen. Häufig wird in Notfallsituationen nicht nachgefragt, obwohl eine Unsicherheit besteht oder es werden keine eindeutigen Anweisungen gegeben“, führt der Oberarzt aus. Um dem vorzubeugen und eine vermeidbare Patientengefährdung zu reduzieren, findet das Zwischenfalltraining einmal jährlich jeweils etwa vier Wochen lang in der Anästhesiologischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen statt.

Seit 1995 trainiert die Anästhesiologische Klinik Ärzte an ferngesteuerten Patientensimulatoren, seit 2012 werden jährlich alle ärztlichen Mitarbeiter und anästhesiologischen Fachpflegekräfte im Simulations- und Trainingszentrum des Uni-Klinikums Erlangen als Teams trainiert.

Weitere Informationen:

Dr. Michael St. Pierre
Tel.: 09131/85-33680
Michael.St.Pierre@kfa.imed.uni-erlangen.de