Martin Aufmuth

Alumni Martin Aufmuth
Martin Aufmuth leistet Entwicklungshilfe mit seiner Erfindung „Ein-Dollar-Brille“. (Bild: Privat)

Erfinder der Ein-Dollar-Brille

Beim FAU Alumni Day 2022 am 25. Juni 2022 in Erlangen gibt FAU-Alumnus Martin Aufmuth persönlich einen Einblick in die jüngsten Entwicklungen seines mittlerweile mehrfach ausgezeichneten und international bekannten Projektes EinDollarBrille geben. 

Martin Aufmuth (geb. 1974 in Immenstadt) lebt in Erlangen und unterrichtet hauptberuflich Mathematik und Physik. Sein Lehramtsstudium absolvierte er an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) von 1997 bis 2002.

Bereits seit 2005 engagiert er sich ehrenamtlich und sehr erfolgreich mit deutschlandweiten Aktionen in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Klimaschutz (www.martin-aufmuth.de).

Seit 2011 konzentriert Martin Aufmuth sich auf die Entwicklung und die weltweite Umsetzung des Konzepts der Ein-Dollar-Brille: www.eindollarbrille.de

Man kann auch als Einzelperson die Welt verändern!

Herr Aufmuth, erklären Sie uns kurz das Prinzip der Ein-Dollar-Brille?

150 Millionen Menschen auf der Welt benötigen eine Brille, können sich aber keine leisten. Kinder können nicht zur Schule gehen, Erwachsene nicht arbeiten und für sich und ihre Familie sorgen. Mit meiner Erfindung, der EinDollarBrille, möchte ich dieses Problem lösen. Sie besteht aus einem leichten, flexiblen Federstahlrahmen und fertigen Gläsern aus Kunststoff, die einfach eingeklickt werden.

Die EinDollarBrille kann von den Menschen vor Ort selbst hergestellt und verkauft werden. Der Materialpreis liegt bei rund 1 US Dollar, der Verkaufspreis bei 2-3 ortsüblichen Tageslöhnen.

Und wie sind Sie auf die Idee für dieses Projekt gekommen?

In dem Buch „Out of Poverty“ von Paul Polak habe ich vor ca. vier Jahren von dem Problem mit den Brillen gelesen. Polak schreibt, dass eine Brille erfunden werden müsste, die sich auch Menschen leisten können, die von einem Dollar oder weniger am Tag leben müssen. Ich habe daraufhin angefangen nachzudenken, habe viel experimentiert und schließlich ist die EinDollarBrille herausgekommen.

Wie haben Sie es letztlich geschafft, das Projekt ins Rollen zu bringen?

Am Anfang habe ich alleine an dem Projekt gearbeitet, habe bei uns im Keller verschiedene Brillenmodelle gebogen, später dann an der Entwicklung der dafür notwendigen Biegemaschinen gearbeitet. In 2012 startete ich dann in Uganda einen ersten Pilotversuch, um zu testen, ob das, was ich da entwickelt hatte auch praxistauglich ist. Kurz: Die Brillen haben den Test bestanden. Nach einem kurzen Fernsehbeitrag durch den BR wurde die Idee dann erstmals in der Öffentlichkeit bekannt.

Weltweit bekannt wurde die EinDollarBrille durch die Verleihung des „Empowering people. Awards“ durch die Siemensstiftung. Unter 800 Projekten weltweit wurde sie letzten Oktober in Nairobi mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Heute habe ich auch viele aktive Mitstreiter in unserem EinDollarBrille e.V.

In welchen Ländern wird die Brille denn bereits getragen? Und von wie vielen Menschen?

Bereits heute tragen ein paar tausend Menschen meine Brillen. Wir gehen von künftig stark steigenden Absatzzahlen aus, da in etlichen Ländern erst vor kurzem die Ausbildung von EinDollarBrille-Optikern beendet wurde und diese nun der Reihe nach anfangen zu produzieren und Brillen zu verkaufen. Momentan sind wir in Ruanda, Malawi, Äthiopien, Burkina Faso, Benin, Bolivien, Brasilien, Nicaragua und Bangladesch aktiv.

Investieren Sie im Moment viel Zeit in das Brillen-Projekt? Was ist am aufwändigsten?

Nach dem offiziellen Start im April 2013 ist unsere Organisation in 9 Ländern weltweit aktiv, wir haben rund 50 ehrenamtliche Mitarbeiter in Deutschland und etwa gleich viele Aktive im Ausland. Die Organisation dieser Organisation ist inzwischen mehr als ein Vollzeitjob und zum Glück bekomme ich auch hier viel tatkräftige Unterstützung. Für dieses Schuljahr habe ich Sonderurlaub gewährt bekommen und kann mich nun ganz dem Aufbau der EinDollarBrille weltweit widmen.

Steckte in Ihnen schon immer ein Erfinder oder war es eher Zufall, dass Ihr Erfindergeist geweckt wurde?

Bereits als Kind wollte ich immer Erfinder werden – das war mein Traumberuf. Allerdings dachte ich damals, dass bereits alle wichtigen Erfindungen gemacht wären und hatte die Idee aufgegeben. Das war offenbar ein Irrtum.

An der FAU haben Sie von 1997 – 2002 Lehramt für Mathematik und Physik studiert. Warum wollten Sie Lehrer werden?

Lehrer wollte ich werden, weil ich gerne mit Menschen arbeite. Das hält geistig jung.

Fühlen Sie sich der FAU nach wie vor verbunden?

Ich bin durch meine Familie an meinem Studienort „hängen“ geblieben und komme mit dem Fahrrad immer wieder an meinen alten Hörsälen vorbei. Ich denke dann zum Beispiel, dass ich mir als Student nie hätte vorstellen können, was ich hier einmal mache. Ich habe auch regelmäßig Kontakt zu ein paar ehemaligen Studienkolleginnen und -kollegen. Wir freuen uns immer, wenn wir uns treffen.

Schon seit 2005 engagieren Sie sich mit unterschiedlichen Projekten intensiv für Klimaschutz und Entwicklungshilfe. Was treibt Sie an?

Ich möchte die Welt verändern. Weil ich mit der Welt, so wie sie heute ist, nicht zufrieden bin. Das klingt vielleicht etwas größenwahnsinnig, ist aber so. Man kann auch als Einzelperson die Welt verändern, wenn man sich ein Ziel setzt und dann all seine Energie darauf verwendet, dieses Ziel zu erreichen. Ich glaube die Meisten unter uns unterschätzen ganz gewaltig ihre persönlichen Möglichkeiten. Übrigens sind wir laufend auf der Suche nach engagierten Mithelfern die zusammen mit uns etwas bewegen möchten (Mail an: info@onedollarglasses.org).

Was war eines Ihrer schönsten Erlebnisse innerhalb Ihrer Projekte?

Wenn jemand das erste Mal in seinem Leben richtig sehen kann, ist das schon bewegend. So zum Beispiel der 60 jährige Mann in Uganda, der damals die erste EinDollarBrille überhaupt gekauft hat. Er kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, wie sein Dorf aussieht, in dem er schon seit 60 Jahren gelebt hatte.

Wo möchten Sie sich (und die Welt) in 10 Jahren sehen?

Ich möchte 150 Millionen Menschen mit Brillen versorgen. Ob ich dieses Ziel in 10 Jahren erreichen kann, weiß ich nicht. Aber ich arbeite daran.

Herr Aufmuth, haben Sie vielen Dank für den Einblick in Ihre beeindruckende Arbeit. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und zahlreiche Mitstreiter!

Interview: Imke Zottnick-Linster (September 2014)