Physiker als Sprachkünstler

Der Autor Raoul Schrott liest bei der Tagung am 12. Dezember in der Erlanger Orangiere. (Bild: Peter-Andreas Hassiepen)
Der Autor Raoul Schrott liest bei der Tagung am 12. Dezember in der Erlanger Orangiere. (Bild: Peter-Andreas Hassiepen)

FAU-Tagung untersucht Rhetorik und Argumentation in den Naturwissenschaften

„Argumente und Rhetorik in der Physik“ – unter diesem Titel veranstalten das Erlanger Zentrum für Literatur und Naturwissenschaften (ELINAS) an der FAU und die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) vom 12. bis 14. Dezember eine interdisziplinäre Tagung in der Erlanger Orangerie. Die Tagung beginnt ab Freitag, 14 Uhr, und ist für alle Interessierten geöffnet. Am Freitag, 12. Dezember, um 20 Uhr, findet zudem eine Lesung mit Raoul Schrott zum Thema „Physik und Lyrik“ statt. Der Eintritt ist frei.

Physik ist eine Wissenschaft, die mit Formeln, Variablen und Zahlen arbeitet. Ausgefeilte Argumentationen jedoch, rhetorische Feinheiten oder gar Erzählungen würde im ersten Moment niemand mit ihr verbinden – all das scheint eher Sache von Literatur- und Sprachwissenschaft zu sein. Doch weit gefehlt: Albert Einstein etwa nutzte für die Einführung seiner Relativitätstheorie narrative Gedankenexperimente – und schon Johannes Kepler verpackte seine Erkenntnisse in die erzählte Fiktion einer Reise zum Mond. Darüber hinaus bedient sich auch jede andere Naturwissenschaft sprachlicher Mittel und bestimmter Argumentationsmuster.

Hier setzt die interdisziplinäre Tagung „Argumente und Rhetorik in der Physik“ an: Welche rhetorischen Kunstgriffe finden in naturwissenschaftlichen Publikationen Verwendung? Wie entstehen überzeugende Argumentationen? Welche Rolle spielt aber auch Kreativität in Form von Metaphern oder Sprachbildern? Vom 12. bis 14. Dezember gehen diesen Fragen unter anderem Wissenschaftshistoriker, Wissenschaftstheoretiker, Physiker und Literaturwissenschaftler nach. Prof. Dr. Michael Hampe (ETH Zürich) wird zu Erklärung und Erzählung in der Kosmologie sprechen, Prof. Dr. Klaus Hentschel (Universität Stuttgart) zur Rhetorik von Carl Friedrich von Weizsäcker, Prof. Dr. Miklos Redei (London School of Economics) wird Aspekte der Rhetorik in der Wissenschaftstheorie beleuchten, Prof. Dr. Klaus Mecke und Dr. Aura Heydenreich (FAU) die Argumentation der Objektivierung fiktiver Größen in der Physik analysieren. Veranstaltet wird die Tagung gemeinsam vom ELINAS und der Fachverband Geschichte der Physik sowie der AG Philosophie der Physik der DPG.

ELINAS ist ein Emerging-Field-Projekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, das von der Philosophischen, der Naturwissenschaftlichen, der Medizinischen und der Technischen Fakultät getragen wird. Natur- und Kulturwissenschaftler führen darin ihre Methoden zusammen und untersuchen den wechselseitigen Wissenstransfer zwischen Physik, Literatur und Literaturwissenschaft.

Raoul Schrott liest in der Orangerie

Für einen literarischen Höhepunkt sorgt der Autor Raoul Schrott bei seiner Lesung am Freitag, 12. Dezember, um 20 Uhr, in der Orangerie, bei der er mit bisher unveröffentlichten Neuheiten zu „Lyrik und Physik“ überraschen wird. Da er sich in seinem Werk wesentlich mit Naturwissenschaften beschäftigt, hat er in der Vergangenheit bereits mehrfach mit ELINAS zusammengearbeitet. 2014/2015 ist Raoul Schrott als Writer in Residence zu Gast im ELINAS-Science & Poetry-Lab, eine Institution, die den Schriftstellern die Möglichkeit gewährt, sich für ihre Werkrecherchen mit Experten aus den Naturwissenschaften auszutauschen. Das entstehende Werk wird mit Studierenden aus Literatur- und Naturwissenschaften in Workshops diskutiert. Weitere Autoren, die mit ELINAS kooperieren, sind unter anderem Durs Grünbein, Ulrike Draesner oder Thomas Lehr.

Weitere Informationen:

Dr. Aura Heydenreich
Tel.: 09131/85-22978
aura.heydenreich@fau.de