DFG fördert Zentrum zur Erforschung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen an der FAU

Prof. Dr. Christoph Becker, Leiter des Forschungszentrums chronisch entzündliche Darmerkrankungen Erlangen (CEDER) der FAU (Bild: privat)
Prof. Dr. Christoph Becker, Leiter des Forschungszentrums chronisch entzündliche Darmerkrankungen Erlangen (CEDER) der FAU (Bild: privat)

Klinische Forschergruppe erhält nach Evaluation mehr als 4,8 Millionen Euro

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dem Forschungszentrum chronisch entzündliche Darmerkrankungen Erlangen (CEDER) der FAU nach Evaluation durch eine internationale Expertenkommission die Weiterförderung zugesagt. Damit werden in den nächsten drei Jahren mehr als 4,8 Millionen Euro an die FAU fließen. „Das entspricht einer Verdoppelung des bisherigen Fördervolumens“, freut sich Prof. Dr. Christoph Becker, der das Forschungszentrum leitet. Die zusätzliche Förderung trägt der Tatsache Rechnung, dass das Zentrum selbst sich gegenüber der ersten Periode deutlich vergrößert hat und wichtige Erfolge bei der Erforschung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen verbucht werden konnten. Ein jüngster Erfolg der Forscher ist die Entdeckung eines neuen diagnostischen Verfahrens, welches das Therapieansprechen genauer vorhersagen kann und somit betroffenen Patienten unnötige und anstrengende Behandlungen ersparen kann.

Sie leiden unter heftigen Durchfällen, Krämpfen, Bauchschmerzen – und einer stark eingeschränkten Lebensqualität: Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn. Derzeit sind mehr als 300.000 Bundesbürger von diesen in Schüben verlaufenden Entzündungen der Darmschleimhaut betroffen. Trotz des Einsatzes starker Medikamente bleiben die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oftmals schwer therapierbar. Der Grund: Die molekularen und zellulären Mechanismen, die den Krankheiten zugrunde liegen, sind bisher in der Medizin noch nicht ausreichend verstanden worden.

„Nur wenn wir besser begreifen können, wie diese Krankheiten entstehen und welche molekularen Vorgänge dabei eine Rolle spielen, könnten wir präzise mit Medikamenten eingreifen“, erklärt Prof. Dr. Markus Neurath, Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin I an der FAU und Direktor der Medizinischen Klinik 1 (Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie) am Universitätsklinikum Erlangen. Um diese Herausforderung zu meistern, haben sich verschiedene Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Fachrichtungen (Gastroenterologie, Chirurgie, Dermatologie, Rheumatologie/Immunologie) – darunter Grundlagenforscher ebenso wie klinisch tätige Ärzte – zur Forschergruppe CEDER zusammengeschlossen.

„In zehn Teilprojekten suchen wir nach neuen Wegen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen durch eine zielgerichtete Beeinflussung des Immunsystems zu behandeln“, sagt Prof. Christoph Becker. So untersuchen die Wissenschaftler in einem der Teilprojekte speziell die Rolle von sogenannten Zytokinen – Eiweißen, die das Wachstum und die Funktion von Zellen regulieren – bei der Entstehung von CED. Dabei nehmen die Forscher Proben von CED-Patienten in verschiedenen Krankheitsstadien sowie vor und nach Therapiebeginn unter die Lupe und vergleichen die Eigenschaften der Immunzellen. Ein anderes Projekt widmet sich den genauen Wirkmechanismen des Medikaments Cyclosporin A, das die Reaktion des Immunsystems unterdrückt und bei Colitis Ulcerosa bereits erfolgreich als Therapie eingesetzt wird, bei Morbus Crohn jedoch keinen Effekt hat.

In einem dritten Projekt richten die Forscher ihren Fokus auf sogenannte regulatorische T-Zellen – Zellen, welche die entzündungsfördernden Funktionen des Immunsystems unterdrücken können. Die Wissenschaftler planen eine klinische Studie, bei der Patienten mit CED im Reagenzglas vermehrte regulatorische T-Zellen verabreicht bekommen. Ihre Hoffnung: Durch die große Zahl regulatorischer T-Zellen kann das Immunsystem kontrolliert werden und die Darmentzündung abheilen.

Bei der Evaluation der Einrichtung lobte die Expertenkommission nachdrücklich die dynamische Entwicklung des Zentrums und die exzellenten Forschungsleistungen. Hervorgehoben wurde, dass das Forschungszentrum deutschlandweit die führende Adresse für chronisch entzündliche Darmerkrankungen sei. Außerdem zeigten sich die Gutachter von der Förderung des klinischen und wissenschaftlichen Nachwuchses beeindruckt.

Hintergrund: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Im menschlichen Darm leben ca. 100 Billionen Bakterien – zehnmal mehr Bakterien als der Mensch Körperzellen hat. Ihre Vielfalt ist immens: Rund 500 verschiedene Spezies bewohnen verschiedene Nischen im Dünndarm und vor allem im Dickdarm. Die Forscher unterscheiden zwischen Bakterien, die krank machen, und solchen, die für eine gesunde Darmflora förderlich sind. Den Bakterien gegenüber stehen die Zellen des Immunsystems, die diese Bakterien überwachen. Die friedliche Koexistenz beider Gruppen ist für viele Prozesse im menschlichen Körper essenziell: Geraten die Bakterien im Darm außer Kontrolle, können an verschiedenen Orten im Körper Entzündungen entstehen, die das Gewebe schädigen. Häufig ist der Darm selber betroffen, und es treten chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa auf.

Mehr als vier Millionen Menschen leiden weltweit daran – Tendenz steigend. Um neue, effektivere Therapien gegen diese Erkrankungen zu entwickeln, ist ein genaues Verständnis der zugrunde liegenden molekularen Prozesse nötig.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Christoph Becker
Tel.: 09131/85-35886
christoph.becker@uk-erlangen.de