Essen bis die Chipstüte leer ist

Warum können wir manchmal nicht aufhören zu essen? Nicht die Kalorienanzahl, sondern das Verhältnis von Kohlenhydraten und Fett ist der entscheidende Faktor. (Bild: FAU/Franziska Sponsel)
Warum können wir manchmal nicht aufhören zu essen? Nicht die Kalorienanzahl, sondern das Verhältnis von Kohlenhydraten und Fett ist der entscheidende Faktor. (Bild: FAU/Franziska Sponsel)

Mischung zwischen Kohlenhydraten und Fett ist entscheidend

Ist die Chipstüte erst mal offen, gibt es für viele kein Halten mehr – es wird gegessen, bis die Packung leer ist. Einen möglichen Grund, warum manche Lebensmittel verlockender sind als andere, haben nun Lebensmittelchemiker der FAU entschlüsselt. Anders als bisher angenommen spielt das Verhältnis, wie ein Lebensmittel zusammengesetzt ist, dabei eine wichtige Rolle: 50 Prozent Kohlenhydrate und 35 Prozent Fett verführen zum Naschen. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.*

Für ihre Studie, die im Rahmen der Emerging Fields Initiative „Neurotrition“ der FAU entstanden ist, setzten die Wissenschaftler um PD Dr. Andreas Hess, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, und Prof. Dr. Monika Pischetsrieder, Lehrstuhl für Lebensmittelchemie an der FAU, Ratten unterschiedliche Kost vor: normales Futter sowie Futterproben, in denen das Mischungsverhältnis von Kohlenhydraten und Fett variierten. Das Ergebnis: Bestand das Futter aus 50 Prozent Kohlenhydraten und 35 Prozent Fett fraßen die Tiere innerhalb kürzester Zeit am meisten – ein Drittel mehr als normalerweise. Das Verhältnis 50:35 entspricht genau dem in Kartoffelchips, Erdnussflips, Schokolade oder Nuss-Nougat-Creme. Als die Tiere anschließend nicht-invasiv in einem Kleintier-Magnetresonanztomografen untersucht wurden, stellten die Wissenschaftler bei der 50:35-Mischung eine erhöhte Hirnaktivität in den Regionen, die mit Belohnung und Sucht in Verbindung stehen, fest. Die Effekte waren jedoch nicht so hoch wie in vorhergehenden Studien, als die Tiere Kartoffelchips zu fressen bekamen.

Aus ihren Ergebnissen folgerten die Forscher zum einen, dass nicht die schiere Kalorienanzahl eines Lebensmittels zum übermäßigen Fressen verführt, sondern vielmehr das spezifische Verhältnis zwischen den beiden Hauptenergielieferanten Kohlenhydrate und Fett. Zum anderen zeigte der Vergleich mit den Ergebnissen aus dem Kartoffelchips-Experiment, dass es noch andere Auslöser für das Verlangen nach mehr geben muss.

Wie sich dieses spezielle Mischungsverhältnis erklären lässt? Kohlenhydrate liefern schnell Energie, Fett ist für die langfristige Versorgung geeignet. Die Forscher vermuten, dass die 50:35-Mischung für den Körper am effektivsten ist und er dementsprechend im Laufe der Evolution darauf getrimmt wurde, solche Nahrungsmittel zu bevorzugen. Was bei knappem Angebot von Vorteil ist, stellt bei einem Überangebot ein Problem dar: „Der Kontrollverlust führt dazu, dass mehr gegessen wird als nötig ist, das Gewicht steigt und infolgedessen kommt es zu typischen Krankheitsbildern, die von Übergewicht ausgelöst werden“, erklärt Prof. Pischetsrieder.

In Folgestudien wollen die Wissenschaftler nun ihre Hypothese, dass der entdeckte Mechanismus beim Menschen ähnlich funktioniert, untersuchen. „Dort spielt aber sicher auch noch die Sensorik eine wichtige Rolle“, sagt. Prof. Pischetsrieder. Zudem wollen sie noch weitere Auslöser für den Heißhunger auf Snacks und Süßes identifizieren. Langfristig könnten die Ergebnisse helfen, Medikamente oder Zusatzstoffe zu entwickeln, die die Lust auf Dickmacher wie Kartoffelchips und Schokolade blockieren oder reduzieren.

*doi: 10.1038/srep10041

Weitere Informationen:

PD. Dr. Andreas Hess
Tel.: 09131/85-22003
andreas.hess@fau.de

Prof. Dr. Monika Pischetsrieder
Tel.: 09131/85-24102
monika.pischetsrieder@fau.de