„Die hohen Erwartungen wurden übertroffen“

Das Universitätsklinikum Erlangen von oben. (Bild: Uni-Klinikum Erlangen)
Das Universitätsklinikum Erlangen von oben. (Bild: Uniklinikum Erlangen)

Auszeichnung für erstes Kontinenz- und Beckenbodenzentrum in Nordbayern

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes konnte die 34-jährige Bärbel W. ihre Blase nicht mehr kontrollieren. Die Folgen beeinträchtigten die junge Frau enorm: „Vor allem beim Husten und Lachen leerte sich meine Blase, ohne dass ich es unterdrücken konnte. Ich habe sehr unter der Situation gelitten und mich geschämt.“ In Deutschland leiden rund sechs Millionen Menschen unter Harn- und rund vier Millionen Menschen unter Stuhlinkontinenz. Ursachen sind neben Geburten zum Beispiel Erkrankungen, Operationen und Unfälle. Betroffenen wird im interdisziplinären Kontinenz- und Beckenbodenzentrum (Sprecher: Prof. Dr. Klaus Matzel, Prof. Dr. Matthias W. Beckmann und Prof. Dr. Bernd Wullich) des Universitätsklinikums Erlangen geholfen. Als erste Einrichtung seiner Art in Nordbayern wurde das Zentrum jetzt von der Zertifizierungsstelle ClarCert nach strengen Richtlinien geprüft und ausgezeichnet. „Unsere ohnehin schon hohen Erwartungen wurden übertroffen“, sagten die Fachexperten des Prüfungsausschusses nach der erfolgreichen Revision.

Das Kontinenz- und Beckenbodenzentrum ist ein Zusammenschluss von Experten aus der Chirurgischen Klinik, der Frauenklinik und der Urologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen in Kooperation mit zahlreichen Spezialisten aus anderen Bereichen des Uni-Klinikums und des Waldkrankenhauses Erlangen. „Für die meisten Menschen ist Harn- und Stuhlinkontinenz immer noch ein Tabuthema“, weiß Prof. Matzel aus der Koloproktologie der Chirurgie. „Aus Scham ziehen sich die Betroffenen oft zurück. Dabei können wir vielen Patienten heutzutage gut helfen. Unsere Therapieformen bei Stuhlinkontinenz reichen von medikamentöser Therapie über eine Schrittmacherimplantation bis hin zur Rekonstruktion des Afterschließmuskels“, zeigt Klaus Matzel Behandlungsmöglichkeiten auf. In der Urologie des Uni-Klinikums Erlangen sehen Prof. Wullich und sein Team Harninkontinenz oft als Folge von Operationen, z. B. bei Männern nach Eingriffen an der Prostata.

Frauen sind häufiger betroffen

Generell leiden Frauen deutlich öfter an Inkontinenz als Männer. Etwa jede zehnte Frau ist nach der Geburt ihres Kindes zumindest zeitweise inkontinent. Auch in den Wechseljahren nimmt der Kontrollverlust der Blase bei Frauen zu, häufig begleitet von einer Senkung des inneren Genitales. „Durch Medikamente und spezielles physiotherapeutisches Training des Beckenbodens erzielen wir häufig sehr gute Erfolge“, sagt Prof. Beckmann aus der Frauenklinik. „Wenn die Beschwerden nicht verschwinden, kann nur eine Operation helfen. Diese führen wir in den meisten Fällen minimal invasiv durch.“

Die Zertifizierung des Kontinenzzentrums bestätigt nun die Arbeit der Erlanger Ärzte. „Unser Ziel, den Patienten mit Harn- und Stuhlinkontinenz ein transparentes und qualitativ hochwertiges Versorgungskonzept in der Europäischen Metropolregion Nürnberg zu ermöglichen, wurde durch die erfolgreiche Prüfung bestätigt“, sagt Prof. Beckmann. Die Begutachtung wurde nach den Anforderungen für interdisziplinäre Kontinenz- und Beckenbodenzentren durchgeführt. Erarbeitet wurden die Leitlinien hierfür von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V., der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie e. V., der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. Das Erlanger Kontinenzzentrum ist nach Regensburg die zweite zertifizierte Einrichtung seiner Art in Bayern. Weitere Informationen unter www.kontinenzzentrum.uk-erlangen.de oder Tel.: 09131 85-41810.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Klaus Matzel
Tel.: 09131/85-41810 oder -33332
klaus.matzel@uk-erlangen.de