Magnetisch durch Licht

Bild: panthermedia.net / Evgeny Atamanenko
Bild: panthermedia.net/Evgeny Atamanenko

Wichtiger Schritt zum molekülbasierten Speicher im Computer

Immer mehr und immer kleiner: Computer sollen zunehmend höhere Speicherkapazitäten in möglichst kleinen Bauelementen aufweisen. Bauteile, in denen die Informationen magnetisch und nicht elektronisch gespeichert werden, könnten die Computertechnologie revolutionieren. Dafür sind spezielle Materialien nötig, die sich zwischen den zwei Zuständen – Null und Eins – schalten lassen. Chemiker der FAU haben jetzt einen Metallkomplex entwickelt, der sich mit Hilfe von Licht aus einem magnetischen Zustand in einen nicht magnetischen Zustand überführen lässt und umgekehrt – erstmals bei Raumtemperatur und im Feststoff. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie vorgestellt.*

Als Metallkomplexe werden Stoffe bezeichnet, in denen ein zentrales Metallion von mehreren Molekülfragmenten – sogenannten Liganden – umgeben ist. Die FAU-Wissenschaftler entwickelten auf ihrer Suche nach einer neuen Generation schaltbarer Moleküle einen neuartigen Spin-Crossover-Komplex. Diese speziellen Moleküle gehören zu den Metallkomplexen und haben eine besondere Eigenschaft: Die beiden Spinzustände des zentralen Metallions weisen eine vergleichbare Gesamtenergie auf. Dadurch reicht bereits eine geringe Energie aus, um die Komplexe in den jeweils anderen Zustand zu überführen. Ein solcher „Spin-Crossover“ kann beispielsweise erreicht werden, wenn Druck oder Temperatur variieren. Eine besonders elegante – da effektive und einfache – Methode, um den Spinzustand zu verändern, ist Licht: Die Beleuchtung des Moleküls mit Licht verschiedener Wellenlängen reicht aus, um den Spinzustand – magnetisch oder nicht magnetisch – gezielt zu manipulieren.

Das Problem bisher: Das Schalten mit Licht funktionierte ausschließlich unter Bedingungen, die für einen technologischen Einsatz ungeeignet sind. Es waren beispielsweise sehr niedrige Temperaturen, das heißt unter -220 Grad Celsius, nötig oder das Schalten klappt nur, wenn der Stoff in gelöster Form vorlag. Die Erlanger Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dr. Marat Khusniyarov, Lehrstuhl für Anorganische und Allgemeine Chemie, schaffte es nun, einen Eisen(II)-Komplex zu entwickeln, der sich bei Raumtemperatur und auf molekularer Ebene schalten lässt. Erreicht haben die Wissenschaftler diesen  Meilenstein, indem sie einen speziellen Liganden eingebaut haben, der auf UV- und sichtbares Licht empfindlich reagiert.

Nachdem es den Forschern gelungen war, mit Licht den Spinzustand des Metallkomplexes in Lösung zu schalten, galt es das Ganze im festen Zustand ebenfalls nachzuweisen. Dabei nutzte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Rainer Fink, Professur für Physikalische Chemie, besonders intensive Röntgenstrahlung, um herauszufinden, ob sich die elektronischen Eigenschaften des Stoffes verändert hatten. Sie zeigten zusammen mit italienischen Kollegen am Forschungszentrum Elettra in Triest, dass der Spinzustand sich durch Beleuchtung auch verändert, wenn der Metallkomplex in fester Form vorliegt. Außerdem bestimmten sie den Anteil der geschalteten Moleküle in der Probe experimentell. Der nächste Schritt ist es nun, Techniken zu entwickeln, mit denen sich dieser neue molekulare Schalter in optoelektronische Bauelemente integrieren und nutzen lässt.

Unterstützt wurde die Arbeit durch das DFG-Graduiertenkolleg „In-Situ Mikroskopie mit Elektronen, Röntgenstrahlung und Rastersonden“, die die Reisekosten zum Forschungszentrum in Italien übernahm. Das Graduiertenkolleg besteht an der FAU seit dem Jahr 2013.

* http://dx.doi.org/10.1002/anie.201504192

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Rainer Fink
Tel.: 09131/85-27322
rainer.fink@fau.de

Dr. Marat Khusniyarov
Tel.: 09131/85-27464
marat.khusniyarov@fau.de