Empfangsbereit auf vielen Kanälen: Schmecken, Sehen, Fühlen

Bild: David Hartfiel
Bild: David Hartfiel

Am Anfang steht der Reiz

Der Mensch hat genau die Sinnesorgane, die er für sein Leben braucht – das galt zumindest in der Steinzeit. Mit dieser fantastischen Ausrüstung aber meistert er normalerweise auch den Dschungel der Stadt.

von Roland Knauer

Im ersten Teil der Reihe „Empfangsbereit auf vielen Kanälen“ hat unser Autor bereits erklärt, wie die das Riechen funktioniert. Nicht viel anders funktionieren die anderen Sinnesorgane von Menschen und Tieren: Eine Kette biochemischer Reaktionen übersetzt einen Reiz, der unmittelbar vorher das Sinnesorgan erreicht hat, in einen elektrischen Nervenimpuls, der anschließend in spezialisierten Bereichen des Gehirns analysiert wird. Grundlegende Unterschiede gibt es nur ganz am Anfang dieser Reaktionen. So sind die Rezeptoren verschiedener Sinnesorgane für völlig unterschiedliche Reize zuständig.

So funktioniert das Schmecken

Genau wie in der Nase reagieren auch viele Sinneszellen auf der Zunge auf bestimmte Moleküle, die wir als „Geschmack“ wahrnehmen. Sehr variantenreich ist dieser Sinn allerdings nicht, ganze fünf unterschiedliche Typen von Geschmackszellen liefern uns Informationen, wenn wir uns ein Stück Schokolade oder einen Braten auf der Zunge zergehen lassen. Eine Fülle weiterer Details zum Aroma steuert allerdings der Geruchssinn bei.

Licht statt Chemikalien

Im Auge sind die Sinneszellen der Stäbchen nicht für Chemikalien, sondern für Licht empfindlich und liefern genau dann einen Nervenimpuls, wenn gerade das richtige Licht empfangen wird. Dieses Signal wird in einer anderen Region des Gehirns verarbeitet, dem Sehzentrum. Zusätzlich hat das Auge des Menschen noch drei verschiedene Arten von Zapfen, die jeweils eine bestimmte Wellenlänge des empfangenen Lichts in Nervenimpulse übersetzen.

Beim Menschen reagieren diese Zäpfchen auf Blau, Grün und Rot, viele Vögel und Insekten können zusätzlich auch noch Ultraviolett sehen. Diese Eigenschaft wiederum hilft beim Bestäuben bestimmter Blüten oder beim Erkennen von ultravioletten Mustern auf dem Gefieder bestimmter Vögel. Beides ist für die meisten Menschen nicht überlebenswichtig, daher können wir auf das Ultraviolett-Sehen getrost verzichten. Ganz ähnlich kommen viele Tiere sogar ganz ohne die Wahrnehmung von Farben aus und sehen vermutlich wie in alten Filmen nur Schwarz-Weiß-Bilder.

Reaktion auf Druck und Wärme

Andere Sinnesorgane reagieren nicht auf Duftmoleküle oder Licht, sondern auf Druck, den sie in Nervenimpulse übersetzen, die anschließend in wieder anderen Bereichen des Gehirns analysiert werden. Beim Hören wird dieser Druck von Schallwellen ausgelöst. In den Gleichgewichtsorganen drücken zum Beispiel winzige Kristalle auf Sinneszellen oder registrieren feinste Sinneshaare den Druck einer Flüssigkeit, die ein wenig strömt, wenn wir den Kopf drehen. Auf Druck reagiert auch der Tastsinn in der Haut.

Ein weiterer Sinn misst die Wärmestrahlung und empfindet so Wärme oder Kälte sowie natürlich angenehme Temperaturen. Vergleichen Forscher die Leistungen der Sinne von uns Menschen mit denen verschiedener Tiere, findet sich oft genug eine Art, die uns um Längen schlägt.

Menschenaugen versus Adleraugen

So sehen Menschenaugen am Himmel einen Kaiseradler oft nur noch als schwarzen Punkt, weil der Greifvogel mit seinen mehr als zwei Metern Spannweite so hoch oben fliegt. Von dort aber erspähen die messerscharfen Augen des Vogels problemlos ein Erdhörnchen, das allenfalls ein paar Hundert Gramm wiegt und damit viel kleiner als der Adler ist. So scharf sind Menschenaugen bei Weitem nicht. Schließlich könnten wir mit einem solchen Adlerblick kaum etwas anfangen, weil wir selten aus derartigen Höhen nach unten spähen und vor allem das erspähte Erdhörnchen in der Tiefe mangels Sturzflug-Qualitäten gar nicht erwischen könnten.

Stattdessen erkennen Menschen Formen ganz hervorragend, sehen auch in drei Dimensionen und können so leicht unterscheiden, ob ein paar Meter weiter eine leckere Beute oder ein gefährlicher Feind durchs hohe Gras pirscht. Dieses Erkennen von Formen funktioniert so gut, dass unsere Sinne uns manchmal täuschen. Wie, lesen Sie im nächsten Teil unserer Reihe „Empfangsbereit auf vielen Kanälen“.

Dieser Text erschien zuerst in unserem Forschungsmagazin friedrich zum Thema Sinne. Lesen Sie außerdem im friedrich Nr. 115, warum man sich vielleicht gar nicht so sehr auf seine Sinne verlassen sollte, wie Düfte helfen, psychische Krankheiten zu heilen und wie Maschinen hören lernen.

Weitere Beiträge aus dem Magazin finden Sie unter dem Stichwort „friedrich“.