Nachgefragt: Rohstoffe um jeden Preis?

Öl, Gas, Edelmetalle: Rohstoffe sind für die globale Wirtschaft von großer Bedeutung. Doch kommt es dabei in den Förderländern häufig zu Verletzungen der Menschenrechte. In den Förderländern, aber auch international, kommt es deshalb zu teilweise gewaltsamen Konflikten. Wie solche Missstände zu bekämpfen sind, ist Thema einer Tagung, die das Centre for Human Rights Erlangen-Nürnberg (CHREN) der FAU zusammen mit der Goethe Universität in Frankfurt am Main veranstaltet. Die Deutsche Stiftung Friedensforschung fördert diese Tagung mit rund 10.000 Euro. Wir haben bei Prof. Dr. Markus Krajewski , einem der Organisatoren der Tagung und Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der FAU, zu diesem Thema befragt.

Von welchen Menschenrechtsverletzung und Konfliktpotenzialen in den Förderländern sprechen wir überhaupt?

Menschenrechtsverletzungen können entlang der gesamten Produktionskette vorkommen. Bei der Förderung können Arbeitsrechte verletzt werden, z. B. wenn kein ausreichender Lohn gezahlt wird, unmenschliche Arbeitsbedingungen herrschen oder Kinder ausgebeutet werden. Weiterhin können die Rechte der lokalen Bevölkerung verletzt werden, etwa wenn durch den Bergbau das Grundwasser verseucht wird oder durch Ölförderung Umweltverschmutzungen auftreten, so dass das Recht auf Wasser oder Nahrung verletzt wird. Schließlich können auch Beteiligungs- und Konsultationsrechte indigener Völker verletzt werden, wenn die Projekte auf einem Gebiet stattfinden, das von diesen Völkern bewohnt wird. Insgesamt erweisen sich Rohstoffprojekte überall auf der Welt als besonders menschenrechtsgefährdend.

Wie sehr sind die Förderländer und die globale Wirtschaft von Fördermethoden, die zu solchen Menschenrechtsverletzungen führen abhängig?

Die Förderländer und die globale Wirtschaft sind von der Produktion der Rohstoffe abhängig, aber in keinem Fall davon, dass diese unter Menschenrechtsverletzungen stattfindet. Jede Rohstoffproduktion kann menschenrechtskonform gestaltet werden, wenn die Förderländer, die beteiligten Unternehmen und die Ländern, in denen Rohstoffe nachgefragt werden, sich an die einschlägigen Menschenrechtsverpflichtungen halten. Im Einzelfall kann das zu einer Verteuerung der Rohstoffe oder einer Reduzierung der Gewinnmargen der Unternehmen führen, aber das kann Menschenrechtsverletzungen nicht rechtfertigen.

Lassen sich überhaupt Regeln umsetzen, die unseren Vorstellungen von Menschenrecht und Menschenwürde genügen und wie groß ist das Interesse daran, diese in den betroffenen Ländern umzusetzen?

Es geht nicht um „unsere“ Vorstellungen von Menschenrechten und Menschenwürde, sondern um die Einhaltung universeller Menschenrechte, zu denen sich die meisten Staaten der Welt völkerrechtlich verpflichtet haben. Diese Rechte werden durch UN-Organe und besondere Gremien konkretisiert, in denen Experten aus allen Teilen der Welt zusammenarbeiten. Es geht daher darum, politische, soziale und wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen, in denen diese Rechte beachtet werden. Das Interesse der Förderländer ist unterschiedlich. Manche Staaten sind ernsthaft an der Beachtung der Menschenrechte interessiert, sind jedoch oft zu schwach, um dies auch gegenüber mächtigen wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Andere Staaten sind nicht willens, ihren Pflichten nachzukommen. Hier muss auch von Seiten der internationalen Gemeinschaft Druck aufgebaut werden.

Welche Bedeutung haben bei der Bekämpfung dieser Rechtsverletzungen überstaatliche Organisationen wie die UN oder die Initiative für Transparenz im rohstoffgewinnenden Sektor (EITI)?

Die von den Vereinten Nationen oder anderen internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen ausgearbeiteten Regeln und Standards sind ein zentrales Element, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern oder darauf zu reagieren. Wichtig ist, dass an der Erarbeitung  dieser Regeln Vertreter von Betroffenen beteiligt sind und dass nichts über die Köpfe der Menschen vor Ort entschieden wird. Außerdem müssen Unternehmen, Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen beteiligt werden, um eine ausgewogene Interessensvertretung sicher zu stellen.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Markus Krajewski
Tel.: 09131/85-22259
markus.krajewski@fau.de