Dreikönigsvorlesung: Geschichte als Prägekraft der menschlichen Muster

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Bild: Colourbox.de

Alte Lösungen für neue Probleme: Obwohl das heutige China vom wirtschaftlichen und technischen Fortschritt geprägt ist, spielen uralte Traditionen und Rituale im Alltag nach wie vor eine große Rolle. So befragen viele Menschen Orakel, um Antworten auf Fragen wie „Werde ich ein glückliches Leben führen?“ oder „Werde ich im Beruf Erfolg haben?“ zu erhalten. Das ist vergleichbar mit dem Lesen von Horoskopen oder dem Kartenlegen.

Die Orakel beziehen sich häufig auf historische Ereignisse oder Persönlichkeiten. Welche Rolle die Geschichte für individuelle und kollektive Entscheidungen in China spielt, ist Thema der öffentlichen Dreikönigsvorlesung des Instituts für Sprachen und Kulturen des Nahen Ostens und Ostasiens der FAU. Die Vorlesung findet am Mittwoch, 11. Januar, um 12.15 Uhr im Wassersaal der Orangerie statt und wird dieses Mal vom Lehrstuhl für Sinologie ausgerichtet.

Anspielungen auf die Vergangenheit sind in der chinesischen Sprache und Lebenswelt allgegenwärtig: in Gestalt von Sprichwörtern und Redewendungen, aber auch in Literatur, Drama und der Populärkultur. Beispielsweise geht das chinesische Sprichwort „Spricht man von Cao Cao, dann kommt er“ auf die historische Person Cao Caos zurück und entspricht in etwa dem deutschen „Wenn man vom Teufel spricht“. Der Hintergrund: Cao Cao kam zu einer Besprechung, bei der seine Ermordung geplant werden sollte.

Anhand von chinesischen Losorakeln zeigt Prof. Dr. Michael Lackner, Inhaber des Lehrstuhls für Sinologie der FAU und Direktor des Internationalen Kollegs für Geisteswissenschaftliche Forschung „Schicksal, Freiheit und Prognose. Bewältigungsstrategien in Ostasien und Europa“ (IKGF), wie stark die Vergangenheit nach wie vor das persönliche und politische Verhalten in China beeinflusst und bestimmte Muster hervorbringt.

Wenn sich beispielsweise eine historische Persönlichkeit in einer bestimmten Situation für ein bestimmtes Vorgehen entschieden hat und das zu einem guten oder schlechtem Ausgang geführt hat, dann werden Analogien zur eigenen, aktuellen Situationen gezogen. Konkret geschieht dies mit Hilfe der Losorakel, die sich einem Motiv aus der Geschichte zuordnen lassen.

So gibt es einen Orakelspruch, der lautet „Wang Lan erhält das Schwert“, das auf eine historische Situation anspielt. Wang Lan soll von seinem sterbenden Bruder ein Schwert übergeben worden sein, mit der Weissagung, dass seine Nachkommen es zu hohen Positionen und Ehren bringen würden – was dann auch eintrat. Dieser Orakelspruch kann dann auf die eigene Lebenssituation übertragen werden.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Michael Lackner
Tel.: 09131/85-20619
michael.lackner@ikgf.uni-erlangen.de