Kurze Wege in die Praxis

Dr. Marco Haumann ist akademischer Rat am Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik und leitet eine Arbeitsgruppe zur Katalysator- und Prozessentwicklung (Bild: Reinhold Erdt).
Dr. Marco Haumann ist akademischer Rat am Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik und leitet eine Arbeitsgruppe zur Katalysator- und Prozessentwicklung (Bild: Reinhold Erdt).

Die Wissenschaftler an der FAU arbeiten für ihre Projekte nicht nur mit anderen Forschern weltweit zusammen, sondern auch mit Unternehmen. Im zweiten Teil unserer Serie spricht Dr. Marco Haumann über die Kooperation mit mehreren Unternehmen.

Worum geht es in dem Projekt?

Innerhalb des EU-Projekts ROMEO (Reactor Optimisation by Membrane Enhanced Operation) beschäftigen wir uns mit der Optimierung chemischer Reaktionen in der Industrie, um den Energieverbrauch in Produktionsprozessen drastisch zu reduzieren. Die meisten Verfahren und Prozesse in der chemischen Industrie sind eine Kombination aus Reaktion und der sehr energieintensiven und teuren Aufbearbeitung der zu gewinnenden Grundchemikalien wie zum Beispiel „sauberen“ Wasserstoff, der in Brennstoffzellen genutzt werden kann. Gelingt es, Reaktion und Aufbearbeitung in einem einzigen Schritt durchzuführen, kann man zu energieeffizienteren und damit wirtschaftlicheren Prozessen gelangen.

Wer sind die Projektpartner?

Der Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik und mehrere mittelständische Unternehmen sowie Konzerne: das Spezialchemie-Unternehmen Evonik als Konsortialführer, das auf Gase und Engineering spezialisierte Technologieunternehmen Linde AG, das Trenntechnikunternehmen LiqTech International aus Dänemark, das österreichische Kompetenzzentrum für Bioenergieforschung sowie unterschiedliche internationale universitäre Partner.

Warum eine Kooperation mit mehreren Unternehmen?

Der Lehrstuhl befindet sich mit seiner Ausbildung und Forschung an der Schnittstelle zur Industrie. Durch die Unternehmenskooperationen gewinnen unsere Studierenden sehr gute Einblicke in die Denk- und Arbeitsweise von Unternehmen. Für viele Studierende ist es spannend zu sehen, dass die Ideen, die man sich ausgedacht hat, später auch in die industrielle Anwendung gehen können. Anders gesagt: Die Studierenden erlernen, wie sie Materialien in einen Produktionsprozess einbringen können und wie ein Konzept umgesetzt wird – inklusive der intensiven fachlichen Diskussion im Vorfeld, ob etwa eine bestimmte Lösung in der Großindustrie Bestand haben kann. Daneben möchten wir den Gedanken der Nachhaltigkeit vermitteln, wie er sowohl in Forschung als auch in der Industrie gelebt wird.

Wie sind die Aufgaben verteilt?

Das ROMEO-Projekt zielt darauf ab, neue Materialien vom kleinen Labormaßstab in die große industrielle Anwendung zu bringen. Zunächst entwickeln die universitären Partner die Membranmaterialien für den 2-in-1-Reaktor; bei uns in Erlangen werden Katalysatoren und Membranen dann im Labor getestet. Die von uns gewonnenen Daten werden an die Industriepartner weitergegeben, damit diese einen optimalen Reaktor entwickeln können.

Zu der Kooperation kam es …

Mit den meisten unserer Kooperationspartner haben wir bereits erfolgreich unterschiedliche BMBF-Projekte realisiert, und mit manchen anderen Hochschulen verbindet uns eine mehr als 15 Jahre lange wissenschaftliche Zusammenarbeit und Freundschaft.

Warum diese Unternehmen?

Sowohl mit der Linde AG als auch mit Evonik arbeiten wir seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammen. Für uns ist es wichtig und gleichzeitig attraktiv, dass die Unternehmen die entwickelten Technologien auch anwenden möchten. Außerdem sind die beiden Konzerne interessante und potenzielle Arbeitgeber für unsere Studierenden. Im Projekt können sie persönliche Kontakte herstellen und kurze Wege zu den jeweiligen Forschungsleitern nutzen.

Welche Besonderheiten birgt die Zusammenarbeit mit Unternehmen unterschiedlicher Größe?

Unsere Studierenden erhalten wertvolle Einblicke in internationale Planung und Abstimmung zwischen Konzernen, Mittelständlern und Hochschulpartnern. Ferner ist es interessant zu erfahren, auf welch unterschiedlichen Zeitachsen Unternehmen denken. Sind 10 Jahre Entwicklungszeit für ein Unternehmen wie Linde normal, haben kleinere Unternehmen hier vielfach kürzere Zeithorizonte im Blick. Solch unterschiedliche Interessen in einem Projekt zu bündeln, ist eine spannende Geschichte.

Das FAU-Magazin alexander

Dieser Text erschien zuerst im alexander (Ausgabe 102) – dem Magazin rund um alles, was an der FAU gerade aktuell ist.

Die Ausgabe 103 hat unter anderem folgende Themen: ein Interview anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Technischen Fakultät, ein Artikel über ein besonderes Informatikseminar, ein Plädoyer für Qualitätsmedien, sowie ein Beitrag über einen Besuch in der Mechanik- und Elektronikwerkstatt der FAU.