Wenn Kleine von Großen profitieren

Prof. Dr. Angela Roth und Prof. Dr. Kathrin Möslein im Gespräch
Prof. Dr. Angela Roth (l.) und Prof. Dr. Kathrin Möslein untersuchen, wie sich digitale Daten aus Industrieunternehmen für neue Dienstleistungen nutzen lassen. (Bild: FAU/Erich Malter)

Die Wissenschaftler an der FAU arbeiten für ihre Projekte nicht nur mit anderen Forschern weltweit zusammen, sondern auch mit Unternehmen. Im dritten Teil unserer Serie sprechen Prof. Dr. Angela Roth und Prof. Dr. Kathrin Möslein über die Kooperation mit mehreren Unternehmen.

Worum geht es in dem Projekt?

Möslein: In dem Projekt SmartDIF – kurz für “smarte Dienstleistungs-Fabrik” – untersuchen wir, wie in der Industrie 4.0 auf Basis von Daten, die in Produktionsprozessen anfallen, systematisch neue Dienstleistungen entwickelt werden können. Wichtige Fragen sind dabei: Welche Daten hat ein Unternehmen, wem nutzen sie und wie kann die Nutzung sicher und transparent erfolgen? Wie kann man Unternehmen dabei unterstützen? Welche Plattformen, Werkzeuge oder Methoden müssen bereitstehen, um neue Services ableiten zu können?

Roth: Über digitale Plattformen – sogenannte Data Clouds – sollen die gesammelten und gebündelten Daten in Zukunft noch intensiver und effektiver genutzt werden. Andere Unternehmen oder Start-ups können dann über solche Data Clouds auf die Informationen zugreifen, um neue Dienstleistungen zu entwickeln. Die Datenaufbereitung ist dabei entscheidend – sie muss in einer geeigneten Form geschehen und es muss einen Dienstleister geben, der sich darum kümmert.

Wer sind die Projektpartner?

Möslein: An dem Projekt arbeiten neben dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Innovation und Wertschöpfung, noch Siemens, Schaeffler, Frauenhofer IIS sowie weitere kleinere Unternehmen und Einrichtungen mit.

Warum eine Kooperation mit mehreren Unternehmen?

Möslein: Bereits heute erzeugen industrielle Werkzeuge, Werkzeugmaschinen und Produktionsanlagen, ebenso wie zahlreiche im Produktionsprozess entstehende Werkstücke große Datenmengen. Das Problem ist, dass ein Datenaustausch zwischen produzierenden Unternehmen, Maschinenherstellern und Logistikern bisher an einem fehlenden einfachen und sicheren Vorgehen scheitert. Um über Unternehmensgrenzen hinweg Dienstleistungen zu entwickeln, um über eigene Wertschöpfungsketten hinaus Daten zu gewinnen und zu nutzen, sind einfach mehrere Partner unerlässlich. Außerdem ist es spannend, dass wir mit zwei großen Industriepartnern zusammenarbeiten, aber eigentlich am Ende kleine und mittelständische Firmen profitieren sollen. Mittelständische Unternehmen sind die letzten Glieder in der Produktionskette. Dort fehlt häufig das Know-how, um die anfallenden Daten zu nutzen, aber es zählt ja gleichzeitig auch nicht zur Kernkompetenz eines mittelständischen Industrieunternehmens.

Wie sind die Aufgaben verteilt?

Roth: An der FAU liegt die wissenschaftliche Leitung. Siemens bringt Kompetenzen zu Industrial Data Clouds ins Projekt und Schaeffler Wissen zu smarter Produktion im Kontext von Industrie 4.0 mit. Von Fraunhofer, genauer der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services, kommt noch weitere Unterstützung auf der wissenschaftlichen Seite, vor allem was Fragen rund um die Logistik betrifft.

Zu der Kooperation kam es…

Möslein: …da das Bundesforschungsministerium mit seinem Forschungsprogramm “Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen” die Entwicklung digitaler Dienstleistungen und Geschäftsmodelle aus Daten der industriellen Produktion fördert. Das Ministerium war auf der Suche nach einer kompetenten Stelle, die sondieren sollte, an welchen Aspekten in Zukunft geforscht werden sollte. Diese kompetente Stelle hat es bei uns und unseren Partnern gesehen.

Warum diese Unternehmen?

Roth: Siemens ist ein zentraler Anbieter von Industrial Data Clouds, bei Schaeffler wird mit Maschinen, die vernetzt arbeiten, experimentiert und wir können uns dabei gut einklinken. Darüber hinaus kennen wir uns seit Jahren, vertrauen einander. Es sind also die richtigen Partner, um anspruchsvolle Ideen auszuprobieren.

Welche Besonderheiten birgt eine Kooperation mit Unternehmen dieser Größe?

Möslein: Von der Ergebnissen soll ja letztendlich der Mittelstand und die Start-up-Szene profitieren, dennoch arbeiten wir mit großen Unternehmen zusammen. Das Projekt klappt nur, wenn wir eine Verbindung zwischen großen, mittleren und kleinen Unternehmen hinbekommen.

Das FAU-Magazin alexander

Dieser Text erschien zuerst im alexander (Ausgabe 103) – dem Magazin rund um alles, was an der FAU gerade aktuell ist.

Die Ausgabe 103 hat unter anderem folgende Themen: ein Interview anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Technischen Fakultät, ein Artikel über ein besonderes Informatikseminar, ein Plädoyer für Qualitätsmedien, sowie ein Beitrag über einen Besuch in der Mechanik- und Elektronikwerkstatt der FAU.