Schüler und Senioren ins Gespräch bringen

Verleihung des Pirckheimer-Preises an das Generationenprojekt vom Lehrstuhl für Kunstpädagogik der FAU.
Das Generationenprojekt unter der Leitung von Dr. Sabine Richter (3. von links) am Lehrstuhl für Kunstpädagogik der FAU ist mit dem Pirckheimer-Preis 2018 des Caritas-Pirckheimer-Hauses Nürnberg ausgezeichnet worden. (Bild: CPH Nuernberg)

Junge und alte Menschen sind sich oft einander fremd. Kommen sie zudem aus verschiedenen Kulturkreisen, werden die Unterschiede zwischen den Generationen noch größer. Das Generationenprojekt vom Lehrstuhl für Kunstpädagogik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) unter der Leitung von Dr. Sabine Richter will die Generationen 15 bis 90+ durch ein Kunstprojekt stärker miteinander ins Gespräch bringen. Das Projekt, das Studierende der FAU mitgestalteten, wurde nun mit dem Pirckheimer-Preis ausgezeichnet. Wir haben bei Sabine Richter nachgefragt, was sich hinter dem Projekt verbirgt.

Worum geht es bei dem Generationenprojekt? Was ist das Ziel?

Das „Generationenexperiment 15-90+“ ist ein intergeneratives Pilotprojekt mit Mittelschüler*innen und Senior*innen, das seit 2010 in der Nürnberger Südstadt durchgeführt wird. In diesem Begegnungsprojekt treffen Mittelschüler vorrangig mit Migrationshintergrund auf eine Generation im Alter ihrer Großeltern, sie treten miteinander in einen Dialog und erarbeiten gemeinsam unterschiedliche gestalterische Themenkomplexe.

Im Wintersemester 2017/18 konnte ich erneut das Projekt am Lehrstuhl Kunstpädagogik mit Studierenden des Faches Kunstpädagogik und des Masterstudiengangs Kunstvermittlung realisieren. Im Zentrum der gemeinsamen Arbeit steht der Austausch zwischen den Generationen und der Kulturen, ein Thema von höchster gesellschaftlicher Relevanz. Wir hatten hier eine optimale Möglichkeit, ästhetische Prozesse zu initiieren, zu beobachten und zu analysieren, welches Potenzial das bildnerische Gestalten bietet. Fragen der Identität und der individuellen Biographie spielten dabei eine zentrale Rolle.

Die 50 Teilnehmer*innen arbeiteten jeweils in Tandems zusammen. In der Auseinandersetzung mit künstlerischen Herangehensweisen entwickelten sich Begegnungen, bei denen alle Teilnehmer gefordert waren, zu kommunizieren, Vorurteile abzubauen und sich auf ungewohntes Terrain zu begeben. Der Fokus unserer Beobachtungen lag in den Bedingungen des intergenerationellen Lernens wie auch des interkulturellen Dialogs.

Ermöglicht wird die Zusammenarbeit von Jung und Alt durch die finanzielle Unterstützung des Rotary Club Nürnberg Kaiserburg, Kooperationspartner sind die Mittelschule Hummelsteiner Weg, Anders Wohnen e.G., die Christuskirche Nürnberg-Steinbühl, das Seniorennetzwerk Südstadt West, die Stadtteilkoordination Galgenhof-Steinbühl und das Mehrgenerationenhaus AWOthek.

Sie hatten das Projekt bereits im vergangenen Jahr geleitet. Damals ging es um bildnerisches Gestalten. Was war das Thema der neuen Runde?

Im Wintersemester 2017/2018 fand das Projekt zum zweiten Mal mit dem Schwerpunkt bildnerisches Gestalten am Lehrstuhl Kunstpädagogik statt. Wir konnten auf Erfahrungen des ersten Durchgangs zurückgreifen und ein Setting entwickeln, bei dem ein intensiver Austausch entstand, den wir gezielt begleiten, beobachten und auswerten konnten. Durch diese Erfahrung war es möglich, die Bedingungen und das Potenzial dieses Formats von Grund auf zu erforschen.

Was erhoffen Sie sich für die Studierenden von dem generationenübergreifenden Austausch?

Meine Vorstellung davon, wie unsere Studierenden von dem Projekt profitieren könnten, wurde in diesem Jahr übertroffen. Die Intensität der Begegnungen und die Qualität des Austauschs waren in vielen einzelnen Beobachtungen greifbar und offensichtlich. Vor allem das Verhalten der Jugendlichen ihren Tandempartnern gegenüber und das starke Bedürfnis, sich auch vor der Gruppe auf sehr persönliche Weise mitzuteilen, hat uns alle überrascht.

Die Studierenden konnten hier wertvolle Erfahrungen sammeln in der Konzeption und Durchführung der einzelnen Seminartermine, sie erlebten aber hier auch die Jugendlichen als ausgesprochen respektvoll und verantwortungsbewusst im Umgang mit der älteren Generation. Es hat sich gezeigt, dass die generationenübergreifende Arbeit für alle Beteiligten eine Win-win-Situation ist. Nicht nur die Senioren, auch die Schüler profitieren enorm von dem Kontakt zu ihren Tandempartnern. Diese Beobachtung wurde uns auch von den Lehrern, die das Projekt begleiten, bestätigt.

Wird es wieder eine Ausstellung geben?

Eine Auswahl der Arbeitsergebnisse wird vom 2. Mai bis zum 15. Juni 2018 im Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg zu sehen sein. Die Vernissage findet am Mittwoch, den 9. Mai, 18 Uhr statt. Wir freuen uns über die Möglichkeit, das Projekt einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, da wir in dem Konzept ein zukunftsträchtiges Format sehen.

Weitere Informationen:

Dr. Sabine Richter
Tel.: 0911/5302-890
mail@richter-sabine.de