Verträumte Zeitgenossen – und fränkische Ausdrücke dafür

Verträumte Oma
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A vaschlofns Reef und andere Saumselige

Das Thema, mit dem sich Dr. Almut König von der Forschungsstelle Fränkisches Wörterbuch in dieser Folge befasst: verträumte Zeitgenossen – und fränkische Ausdrücke dafür.

„Du werst gut nach dem todt zu senden. Du thetst nit bald dein bottschafft enden.“ Diese Redewendung, die Hans Sachs dem erzürnten Herrn in den Mund legt, der wegen des säumigen Knechts sein Essen ohne Wein genießen muss, scheint fest im fränkischen Sprachgebrauch verankert. Auf die Frage „Mit welchen anderen Worten drückt man in der Mundart aus: Lange nicht (zurück)kommen?“ antworteten viele Gewährsleute mit Belegen wie „Er is a gout nachm Toud ausschickn“.

Für saumselige, träumerische Menschen kennt das Fränkische viele Bezeichnungen. Reihenbildend sind Wortbildungen mit „Traum“ und Substantiv, zum Beispiel Draambild, Draambouch (Traumbuch), Draambüchl (Traumbüchlein), Draamhaus, Draammockel, Draamsieder und – man kann es kaum glauben – Draamsubbm (Traumsuppe). Ähnlich häufig sind Wortverbindungen mit „Traum“ und Vorname. Männliche Träumer werden Draamhans, Draamhannes, Draamhansala und Draamanickel (Traumnikolaus) genannt, den weiblichen Gegenpart bilden Draammeichel (Traummargaretel), Draamsusn (Traumsuse), Draamsusel und Draamsusela. Geschlechtergerechtigkeit zeigt Neuendettelsau, wo man einen Draamsuser und eine Draamsuserin kennt. Allerdings ist in Frage zu stellen, ob „Suse“ wirklich auf „Susanne“ zurückzuführen ist. „Suse“ könnte auch als volksetymologisch verbrämte Realisierung von Draamdusn, Draamdusl und Draamduusela analysiert werden, die auf das schon im Mittelhochdeutschen belegte und in Franken weit verbreitete Verb „dosen“, eine Nebenform von dösen (leicht, oberflächlich schlafen), zurückzuführen sind.

Zwistigkeiten zwischen Herrn und Knecht könnten wiederum ursächlich für die Bezeichnung „a vaschlofns Reef“ für einen schlafmützigen Menschen sein. Ein Reff ist eigentlich eine Sense mit Korngestell, die zur Getreideernte verwendet wurde. Und Saumseligkeit wie auch Träumerei sind bei der harten Erntearbeit ebenso ärgerlich wie fehlender Wein beim Essen.


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Dieser Text erschien zuerst in unserem Magazin alexander. Weitere Themen der Ausgabe: Wissenschaftler unterwegs auf hoher See, sechzig Jahre Europäische Union, der Kammerchor auf Besuch in Krakau und ein Interview mit dem Strategieberater John Bessant.

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