Eine Cloud für die Forschung: Physiker an EU-Projekt beteiligt

Bild: Colourbox.de
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Viele Experimente – ein gemeinsamer Datenspeicher

Viele Menschen nutzen heute eine Cloud: Serviceleistungen, die komplett im Internet stattfinden. Fotos werden darin gespeichert und mit anderen geteilt, Musik oder Videos heruntergeladen oder Dokumente gemeinsam bearbeitet. Was kann eine Cloud-Umgebung jedoch für die Forschung leisten? Dieser Frage gehen 31 europäische Einrichtungen aus der Teilchenphysik und Astronomie nach, die dafür von der Europäischen Union im Rahmen des Programms Horizon 2020 mit insgesamt 16 Millionen Euro gefördert werden. Einer der Projektpartner: das Erlangen Centre for Astroparticle Physics (ECAP) der FAU, das ein Teilprojekt in Höhe von 2,7 Millionen Euro koordiniert – nach Erlangen gehen davon 660.000 Euro.

Wer an Cloud Computing denkt, dem kommt nicht unbedingt als erstes die Wissenschaft in den Kopf. Dabei liegen die Vorteile der Cloud auf der Hand: So lassen sich zum Beispiel wissenschaftliche Daten einfach speichern und mit anderen Forschern, aber auch der Öffentlichkeit, teilen. Außerdem kann Software für alle zugänglich zur Verfügung gestellt werden, um gemeinsam genutzt und entwickelt zu werden. Aus diesen Gründen hat die Europäische Union im Jahr 2015 die „European Open Science Cloud Initiative“ (EOSC) auf den Weg gebracht. Das Ziel: eine Cloud-Umgebung für Forschungsdaten, die den universellen Zugriff über eine einzige Online-Plattform ermöglicht.

Doch gerade in den daten-intensiven Gebieten der Grundlagenforschung ergeben sich vielfältige Herausforderungen: In Experimenten fallen nicht nur Datenmengen im Exabyte-Bereich – ein Exabyte ist eine Milliarde Gigabyte – an, sie müssen danach vor allem erst einmal aufwendig analysiert werden. Darüber hinaus müssen die Daten für zehn oder mehr Jahre aufbewahrt werden. Dabei gibt es jedoch keinen Datenstandard, wie zum Beispiel den MP3-Standard in der Musik, da es sich bei jedem Experiment um ein Unikat handelt.

Um diese Fragen rund ums Daten- und Softwaremanagement anzugehen, erhalten insgesamt 31 führende europäische Einrichtungen aus der Teilchenphysik und Astronomie unter der Leitung des Instituts für Kernphysik und Teilchenphysik von CNRS, der französischen öffentlichen Forschungsorganisation, für ihr Projekt ESCAPE 16 Millionen Euro. In den kommenden drei Jahren kümmern sie sich um die Integration von Daten, Werkzeugen, Diensten und wissenschaftlicher Software in einer gemeinsamen Cloud-Umgebung, die Entwicklung gemeinsamer Ansätze, um frei zugängliche Daten zu verwalten, und die Etablierung der EOSC als integrierte Einrichtung für die Grundlagenforschung.

Die Aufgabe der FAU-Wissenschaftler ist es, ein sogenanntes Software-Repository zu erstellen. Es handelt sich dabei um eine Art zentrales Lager für Software, in der alle Bausteine und Versionen der verschiedenen Programme sowie die dazugehörigen Informationen den beteiligten Einrichtungen zugänglich sind. Wenn also ein Forscher eine dort abgelegte Software überarbeitet, steht sie danach allen Nutzern des Repository zur Verfügung. Und auch wenn einmal eine Programmierung nicht zum gewünschten Ziel führen sollte, gibt es im Repository weiter die alten Versionen – und die Information, dass diese Entwicklung in eine Sackgasse geführt hat. Mit einem solchen Software-Lager soll sichergestellt werden, dass Programme, die ursprünglich für ein spezielles Experiment geschrieben wurden, möglichst häufig wiederverwendet und gemeinsam weiterentwickelt werden. Zudem wollen die ECAP-Physiker mit ihren europäischen Forscherkollegen in ihrem Teilprojekt Standards für offene Software schaffen sowie Data-Mining-Tools und neue Analysetechniken untersuchen.

Mehr Informationen zu ESCAPE und den beteiligten Einrichtungen unter:

https://indico.in2p3.fr/event/18279/attachments/51141/65603/DE_ESCAPE_Com_Summary201118.pdf

https://indico.in2p3.fr/event/18279/attachments/51141/65673/DE_ESCAPE_Press_Communication201118.pdf

Weitere Informationen:

Dr. Kay Graf
Tel.: 09131/85-27265
kay.graf@fau.de