Prof. Dr. Maxim Berezovski

Porträt Steinkasserer, Berezovski, Hornegger
Der Biochemiker Prof. Dr. Maxim Berezovski von der University of Ottawa erhält den Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis von der Alexander von Humboldt-Stiftung – und setzt damit seine Forschung zu sogenannten „synthetischen Antikörpern“ an der FAU fort. Das Ziel ist, die Therapie von Autoimmunkrankheiten zu verbessern. Gemeinsam mit Prof. Dr. Alexander Steinkasserer, Lehrstuhl für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Leitung Immunmodulatorische Abteilung, hat sich Prof. Berezovski bei FAU-Präsident Prof. Dr. Joachim Hornegger (v.l.n.r.) vorgestellt.(Bild: FAU/Luisa Macharowsky)

Gewinner des Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreises und Gastwissenschaftler am Department für Immunmodulation am Universitätsklinikum Erlangen

Der Biochemiker Prof. Dr. Maxim Berezovski wurde von der Alexander von Humboldt-Stiftung mit dem Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis ausgezeichnet und nutzt diesen, um seine Forschung an sogenannten „synthetischen Antikörpern“ an der FAU fortzuführen.

Prof. Berezovski ist Professor am Department für Chemie und biomolekulare Wissenschaft der University of Ottawa, wo er Direktor des Bioanalytical and Molecular Interaction Laboratory, der Cellular Imaging and Cytometry Facility und der John L. Holmes Mass Spectrometry Facility ist. Prof. Berezovski schloss 1994 einen Master in Biochemie an der Staatlichen Universität Nowosibirsk in Russland ab. Anschließend arbeitete er sechs Jahre als Geschäftsführer eines Pharmaunternehmens in Russland, bevor er an der York University in Kanada in bioanalytischer Chemie promoviert wurde.

Seine Forschung konzentriert sich auf das bessere Verstehen von molekularen Prozessen bei der Entstehung von Krebs und Immunerkrankungen. In seinen Projekten untersucht er fundamentale biomolekulare Interaktionen und nutzt dieses Wissen, um neue Biosensoren und bioanalytische Methoden zu entwickeln.

Die FAU ist ein äußerst bekannter Innovator, Nummer 1 in Deutschland und Nummer 2 in Europa. Prof. Dr. Steinkasserer und sein Labor sind führend in der Immunologie und bei der Erforschung dendritischer Zellen.

Prof. Dr. Berezovski, Ihr Forschung an der FAU konzentriert sich auf sogenannte „synthetische Antikörper“. Was sind diese und was hat Ihr Interesse an deren Erforschung geweckt?

Diese synthetischen Antikörper heißen Aptamere. Aptamere sind einsträngige DNS- und RNS-Moleküle, welche die Blaupause für ihre eigene Synthese in ihrer primären Sequenz mit sich tragen. Sie haben mein Interesse geweckt, weil Aptamere mit einer sehr intelligenten Methode namens SELEX oder In-vitro-Evolution, sprich der Erzeugung von Molekülen in einem Reagenzglas, auf beliebige Ziele wie kleine organische oder anorganische Moleküle, Toxine, Proteine, Viren, Bakterien, Krebs- oder Immunzellen selektiert werden können, ohne irgendwelche Tiere zu verwenden. Wenn ein Studierender in meinem Labor ein Aptamer entwickelt, dann hat er oder sie als erster Entwickler beziehungsweise Entwicklerin des Moleküls das Recht, diesem Aptamer seinen oder ihren Namen zu geben, normalerweise die Initialen des Vor- und Nachnamens.

Könnten Sie Ihr Forschungsprojekt an der FAU kurz beschreiben?

Zusammen mit Prof. Dr. Steinkasserer und Dr. Lechmann entwickeln wir DNS-Aptamere für CD83, ein wichtiges Protein in der Immunologie und der dendritischen Zellbiologie. Diese Aptamere werden sich eng an das Protein binden und seine Aktivitäten hemmen. Die Deaktivierung von CD83 durch die Aptamere wird die Toleranz des des Immunsystems gegenüber vielen Krebserkrankungen und die Behandlung der Erkrankung verringern. Unser Projekt ist wichtig, um neue Medikamente für die Krebsimmuntherapie zu entwickeln.

Was möchten Sie und Prof. Dr. Steinkasserer, Ihr Gastgeber an der FAU, mit ihrer Forschung erzielen?

Bislang gibt es keine synthetischen Antikörper oder Aptamere, die regulatorische T-Zellen, sogenannte Tregs, kontrollieren könnten. Tregs regulieren unser Immunsystem und hindern es daran, Krebszellen in einem Krebspatienten anzugreifen. Das Ziel unserer Forschung ist es, spezifische neutralisierende DNS-Aptamere für CD83 zu entwickeln, um die Generation von Tregs zu verringern und um das Immunsystem so zu stimulieren, dass es den Krebs bekämpft.

Welche Bedeutung hat Ihre Forschung für die Gesellschaft?

Ich versuche eine neue Lösung zu finden, um Krebs zu besiegen, eine der tödlichsten Krankheiten der Welt.

Ich rate meinen Studierenden immer: Man wird dann ein guter Wissenschaftler, wenn man jeden Tag forscht.

Warum haben Sie sich für die FAU als Gastuniversität entschieden?

Ich kenne Prof. Dr. Steinkasserer und Dr. Lechmann seit 2005 als exzellente Wissenschaftler und als gute Freunde. Zusammen mit Dr. Lechmann habe ich als Postdoc-Stipendiat im Labor von Prof. Tak W. Mak in Toronto, Kanada, gearbeitet. Wir waren die ersten Wissenschaftler, die eine neue Technologie entwickelt – die Aptamer-unterstützte Biomarker-Entdeckung, kurz AptaBiD, und neue Aptamere zu dendritischen Zellen entdeckt haben. Für mich war es nur logisch für meinen von der Alexander von Humboldt-Stiftung unterstützten Forschungsaufenthalt an die FAU zu kommen und unsere aufregende Arbeit an Aptameren mit Prof. Dr. Steinkasserer und Dr. Lechmann fortzusetzen.

Wie international bekannt ist die FAU in Ihrem Forschungsgebiet?

Die FAU ist ein äußerst bekannter Innovator, Nummer 1 in Deutschland und Nummer 2 in Europa. Prof. Dr. Steinkasserer und sein Labor sind führend in der Immunologie und bei der Erforschung dendritischer Zellen.

Wie gefällt Ihnen die Zusammenarbeit der Forschenden an der FAU?

Ich wurde von FAU-Präsident Prof. Dr. Joachim Hornegger und dem Referat für Internationale Angelegenheiten sehr herzlich begrüßt. Sie haben mir zu Beginn meines Aufenthalts sehr viel geholfen. Ich habe mehrere Forschenden an der FAU getroffen und wir haben über neue Forschungsideen und -projekte nachgedacht.

Was motiviert Sie Ihre Forschungen fortzuführen?

Ich habe einen sehr persönlichen Grund immer weiter zu forschen, um neue Behandlungsmethoden für metastasierten Krebs zu finden. Mein Vater starb durch diese zirkulierenden Tumorzellen. Er hatte drei Operationen. Nach drei oder vier Jahren bekam er einen neuen Tumor, nachdem der alte entfernt worden war. Schließlich hat einen Tumor im Gehirn bekommen. Und das wars.

Heute suche ich nach neuen Anti-Tumor-Aptameren. Ich nenne sie Aptamer-basierte Personalisierte Digitale Medikamente. Solche tumorspezifischen Aptamere können relativ schnell, innerhalb von drei bis fünf Tagen, für einen bestimmten Patienten ausgewählt und dann mit einem DNS-Sequenziergerät mit hohem Durchsatz sequenziert werden. Danach werden die Informationen über die Aptamere wie die chemische Struktur und die Anzahl als digitale Datei individuell für jeden Patienten gespeichert. Wenn der Patient Krebsmedikamente benötigt, werden die Aptamere bei Bedarf chemisch neu synthetisiert, mit zytotoxischen Molekülen oder magnetischen Nanopartikeln modifiziert und dann wieder in den Patienten gespritzt, um wiederkehrende metastasierende Krebsherde zu behandeln. Zudem können die ausgesuchten Aptamere mit Hilfe eines Bodyscans Metastasen visualisieren, um den Fortschritt der Krebsbehandlung zu überprüfen.

Haben Sie einen Tipp, wie man den inneren Schweinehund überwinden kann?

Ich rate meinen Studierenden immer: Man wird dann ein guter Wissenschaftler, wenn man jeden Tag forscht. Ich nenne das „keinen Tag ohne Experiment“. Stelle dir eine wissenschaftliche Frage und versuche sie zu beantworten, indem du jeden Tag mentale Experimente oder Experimente im Labor ohne lange Pausen machst. Wenn die Frage schwierig wirkt, dann teile sie in mehrere kleine Fragen auf und bearbeite sie einzeln. Vergiss nicht deine Kolleginnen und Kollegen und Freunde um Hilfe zu bitten. Das funktioniert.

Wie können Sie am besten entspannen?

Indem ich Science-Fiction-Filme schaue oder spazieren gehe und dabei Science-Fiction-Audiobücher höre.

Wie gefallen Ihnen Erlangen und/oder Nürnberg und die Umgebung um die Städte?

Ich genieße jeden Besuch im Botanischen Garten der Universität im Zentrum von Erlangen und die Altstadt von Bamberg.

Vielen Dank für das Interview, Prof. Dr. Berezovski.