Wildtierbeobachtung im Sekundentakt

Eine Fledermaus mit Sensor.
Fledermaus mit Trackingsensor: Der Sensor befindet sich in einem 3D-gedruckten Kunststoffgehäuse. Insgesamt wiegen Sensor, Batterie und Gehäuse lediglich 1,8 Gramm. (Bild: Sherri and Brock Fenton)

Weltweit einzigartiges System im Naturkundemuseum Berlin vorgestellt

Ein Forschungsteam unter Leitung der FAU, an dem das Museum für Naturkunde Berlin, die Technische Universität Braunschweig, die Universität Paderborn, die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, die Universität Bayreuth sowie das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS beteiligt sind, hat in Berlin das Fledermaus-Trackingsystem BATS vorgestellt, das vollautomatisch und sekundengenau soziale Kontakte zwischen freilebenden Tieren zur Analyse sozialer Netzwerke sammelt. Wie belastbar sind Freundschaften zwischen Vampirfledermäusen? Wie lernt ein junger Abendsegler jagen? Wie schnell schlägt das Herz einer Blumenfledermaus? Und warum wollen Forscherinnen und Forscher das wissen?

Die Forschungsgruppe „BATS – a Broadly Applicable Tracking System“, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und angeführt von der FAU, entwickelte in einem interdisziplinären Team aus der Elektronik, Informatik und Biologie ein völlig neuartiges und hochleistungsfähiges Wildtierbeobachtungssystem, das Forschung in nie dagewesenem Detail und sogar an so kleinen Tieren wie Fledermäusen erlaubt.

Technologische Innovation treibt die biologische Forschung voran. Das BATS-System, ein „Internet-of-Animals“, sammelt vollautomatisch und sekundengenau soziale Kontakte zwischen freilebenden Tieren zur Analyse sozialer Netzwerke, beobachtet hochauflösende Flugbahnen in dichtem Wald und zählt gleichzeitig den rasend schnellen Puls der Tiere. Das zentrale Ziel ist es, die Wildtierforschung weltweit mit Technologien „made in Germany“ voranzubringen, um die Natur nachhaltig zu schützen. Verhalten von Wildtieren verstehen heißt Grundlagen für erfolgreichen Naturschutz legen.

Dr. Simon Ripperger an seinem Arbeitsplatz.
Dr. Simon Ripperger zeigt an einem Fledermaus-Präparat die Größe des Trackingsensors, das die Tiere in ihrem natürlichen Verhalten nicht weiter beeinträchtigt und den Forscherinnen und Forschern wertvolle Informationen liefert. (Bild: Carola Radke, MfN 2019)

Die Tiere tragen kleine Sender mit der Funktionalität eines Netzwerkcomputers: Daten werden gesendet, empfangen, verarbeitet, gespeichert und das alles bei einem Sensorgewicht von nur einem Gramm – inklusive autonomer Energieversorgung. Entscheidend ist dabei, dass der Sensor die Fledermäuse nicht in ihrem normalen Verhalten beeinträchtigt. Sobald ein Tier an einer Basisstation vorbeikommt, zum Beispiel in seinem Quartier, werden die gespeicherten Daten automatisch heruntergeladen.

„Noch vor wenigen Jahren war es unvorstellbar, solch hochauflösende Daten zu ganzen sozialen Gruppen freilebender Fledermäuse zu sammeln“, sagt Dr. Simon Ripperger, der als Wissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin die technologischen Neuentwicklungen im Freiland testete. Von seiner Doktorarbeit her kennt er jedoch auch noch die klassischen Methoden, als er per Radiotelemetrie einzelne Fledermäuse zu Fuß verfolgten musste. „Das Erfolgsrezept für die technologischen Quantensprünge, die unsere fast siebenjährige Arbeit ermöglicht hat, war die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forscherinnen und Forschern aus den Bereichen Technik in Erlangen und Biologie in Berlin“, fügt der Sprecher der Forschungsgruppe, Prof. Dr. Dr. Robert Weigel vom Lehrstuhl für Technische Elektronik der FAU hinzu. Teil des Projektes waren gemeinsame Feldaufenthalte des BATS-Teams in der Fränkischen Schweiz, in Berlin sowie im tropischen Regenwald in Panama, um Fledermäuse zu beobachten.

„In Zukunft soll die Anwendung nicht auf Fledermäuse beschränkt bleiben,“ sagt Prof. Weigel, „wir wollen BATS auch vermarkten und planen eine Ausgründung.“ Neben der Beobachtung von anderen Wirbeltiergruppen im Freiland wie zum Beispiel Vögeln oder Eidechsen, bietet BATS auch die Möglichkeit, das Verhalten von Nutztieren in der Landwirtschaft zu untersuchen, um so in Zukunft die Tiergesundheit zu überwachen oder Haltungsbedingungen zu verbessern.

An der DFG-Forschungsgruppe 1508 BATS sind neben der FAU das Museum für Naturkunde Berlin, die Technische Universität Braunschweig, die Universität Paderborn, die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, die Universität Bayreuth sowie das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS beteiligt.

Weitere Informationen

FAU
Prof. Dr. Dr. Robert Weigel
Tel.: 09131/85-27200
robert.weigel@fau.de

Museum für Naturkunde Berlin
Dr. Simon Ripperger
Tel: 030/889140-8468
simon.ripperger@mfn.berlin