Nachgefragt: Do-it-yourself-Schutz

Prof. Dr. Dirk Schubert
Prof. Dr. Dirk Schubert, Leiter des Lehrstuhls für Werkstoffwissenschaften (Polymerwerkstoffe). (Foto: FAU/Dirk Schubert)

Wie ein selbstgebauter Mund-Nasen-Schutz wirksam verbessert werden kann

Vor der Corona-Pandemie nur in Asien getragen, sind sie mittlerweile auch verstärkt in unserem alltäglichen Straßenbild zu sehen – Masken über Mund und Nase. Medizinische Gesichts- und Atemschutzmasken sind mittlerweile rar und nicht mehr so leicht zu bekommen. Sie sollten deshalb dem medizinischen Fachpersonal überlassen werden. Viele Menschen gehen nun dazu über, sich Behelfsmasken selbst zu nähen, um sich und andere zu schützen. Doch ist die Wirksamkeit dieser Do-it-yourself-Masken eher gering und sie vermitteln ein falsches Sicherheitsgefühl, wie Prof. Dr. Dirk Schubert, Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Polymerwerkstoffe) an der FAU, betont. Wie der Selbstbau verbessert werden kann, erklärt er im Interview.

Herr Prof. Schubert, Sie kritisieren die vielen unterschiedlichen Anleitungen zum Bau von Behelfsmasken im Internet. Wieso?

Mir scheint es, als wüssten viele nicht, wie ein Mund-Nasen-Schutz funktioniert. Es sind Äußerungen wie, dass mit dem richtigen Filtermaterial das Atmen zu schwerfalle, die mich zweifeln lassen, dass das Prinzip und die Wirkungsweise eines Mund-Nasen-Schutzes auch wirklich verstanden wurde. Es gibt verschiedene Arten von Masken: Für den Einsatz in Krankenhäusern und im Umgang mit infizierten Personen, sind Masken mit der Schutzstufe FFP-2 oder FFP-3 notwendig. Deren Filterwirkung ist groß genug, um vor Ansteckung mit dem Virus zu schützen. Einfache OP-Masken hingegen reichen nicht. Sie sollen Patientinnen und Patienten vor dem Speichel des medizinischen Personals schützen. Sie verhindern bis zu einem gewissen Grad, das andere angesteckt werden.

Ich bin selbst jemand, der nicht nur an der Uni gerne Dinge entwickelt und baut. Deshalb finde ich es erst einmal gut, wenn die Leute aktiv werden und selbst Masken nähen. Aber ich bin auch Wissenschaftler, der sich mit Faserwerkstoffen beschäftigt und war jahrelang in der industriellen Entwicklung von medizinischen Hygiene-Produkten bei führenden nationalen und internationalen Unternehmen tätig. Deshalb muss ich ganz deutlich sagen: Diese Selbstbaumasken funktionieren schlecht bis kaum. Sie vermitteln ein falsches Gefühl von Sicherheit. Aber auch eine schlecht funktionierende Maske ist besser als keine Maske.

Was ist das technische Problem an den selbstgebauten Masken?

Das liegt an in erster Linie am verwendeten Material. SARS-CoV-2 wird vornehmlich durch Tröpfcheninfektion weiterverbreitet. Je größer der Durchmesser der Materialfasern in einer Schutzmaske sind, desto schlechter schützt sie. Denn der Durchmesser bestimmt die Porengröße, und je größer diese ist, desto leichter können Tröpfchen nach außen gelangen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass je feiner die Fasern des verwendeten Materials sind, desto besser. Außerdem ist wichtig, wie hydrophob – also wasserabweisend – das verwendete Material ist. Je wasserabweisender also die Fasern sind, desto weniger Wassertröpfchen gelangen beispielsweise beim Sprechen oder Husten hindurch. Baumwolle ist deshalb weniger geeignet.

Problematisch sind auch DIY-Masken, die mit Taschen gebaut sind, in die das Filtermaterial eingelegt wird. Wenn diese nicht präzise genug bis zum Rand gearbeitet sind und nur Mund und Nase bedecken, atmet der Träger quasi am Filter vorbei.

Was kann man besser machen beim Bau von Do-it-yourself-Masken?

Zuerst muss einem klar sein, dass es brauchbaren Schutz nicht zum Nulltarif gibt, also dass Masken mit guter Filterwirkung das Atmen erschweren. Abhängig davon, welche Materialien zu Hause verfügbar sind, lassen sich die passenden für hinreichend funktionierende Not-Masken auswählen. Beispielsweise haben Mikrofasertücher zwar feinere Fasern als konventionelle Kleidungstextilien, sind aber hydrophil. Sie sollten aber dennoch eher verwendet werden, als klassische Textilien.

Besser eignen sich sogenannte Meltblown-Materialien: Sie sind wasserabstoßend und haben einen sehr kleinen Faserdurchmesser. Diese finden sich auch in handelsüblichen Windeln oder Staubsauerbeuteln als Sperrschicht. Im Fall des Staubsaugerbeutels tragen die Fasern häufig sogar noch eine elektrische Ladung (electret), da sie als Partikelfilter wie auch eine FFP Maske gedacht sind. Das erhöht die Filterleistung deutlich, ohne den Atemwiderstand zu vergrößern. Manche Staubsaugerbeutelhersteller schreiben sogar ganz deutlich „3 layer electret Microfilter bag“.

Wichtig ist natürlich, dass die Masken dicht am Gesicht anliegen und die wirksame Filterfläche möglichst groß ist, um den Atemwiderstand so gering wie möglich zu halten. Gerade hier ist das Internet voll von Fehlkonstruktionen mit viel zu geringen wirksamen Filterflächen, auch bei Firmen aus dem Spritzgusssektor, die ihre Produktionen auf Masken umstellen wollen. Ein grober Zahlenwert für die „Umsteller“: Bei FFP2-tauglichem Filtermaterial sollten die Filterflächen größer als 150 cm2 sein.

An seinem Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Polymerwerkstoffe) produzieren Prof. Dr. Dirk Schubert und sein Team Atemschutzmasken und unterstützen so das Universitätsklinikum Erlangen.

Die Umsetzung beziehungsweise Realisierung von Hinweisen unterliegt immer der Eigenverantwortung des Anwenders.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Dirk W. Schubert
Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Polymerwerkstoffe)
Tel.: 09131/85-27752
dirk.schubert@fau.de