Interview mit Dr. Roland Busch, CEO der Siemens AG und Vorsitzender des Universitätsrats

Foto: Enno Kapitza
Foto: Enno Kapitza

Einst Quantentheoretiker, heute Chef von Siemens

Dr. Roland Busch ist CEO der Siemens AG und Vorsitzender des Universitätsrats. 1994 stieg er nach der Promotion an der FAU im Fach Physik in die Forschung bei Siemens ein. Später leitete er die Konzernstrategie und wurde 2011 in den Vorstand berufen. Seit Februar 2021 ist er Vorstandsvorsitzender. Seinen Lieblingsort an der FAU und was er Werner von Siemens fragen würde, verrät er im Interview.

Die FAU ist extrem breit aufgestellt und daher ein wichtiger strategischer Partner für uns.

Warum haben Sie sich damals für ein Studium der Physik entschieden?

Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Mathematik, für die Naturwissenschaften. Physik schien mir der Studiengang zu sein, der mir am ehesten hilft, die grundlegenden Phänomene der Welt besser zu verstehen. Das habe ich dann in der Theoretischen Physik gefunden, daher habe ich auch dort meinen Schwerpunkt gesetzt.

Und warum an der FAU?

Das war naheliegend, weil ich in Erlangen aufgewachsen bin. Das hat gut gepasst, weil die FAU eine ausgezeichnete Fakultät für Physik mit sehr guten Professoren hatte. Wichtig war für mich auch, dass Erlangen eine Volluniversität war, weil ich auch Spanisch oder Französischkurse belegt habe. Heute wäre es noch naheliegender, weil die FAU eine der innovativsten Universitäten Europas ist und die innovativste in Deutschland.

Was macht Erlangen als Studienort attraktiv?

Erlangen ist eine Großstadt, aber nicht zu groß, und hat daher viele Vorteile: man kann zum Beispiel alles mit dem Rad erreichen. Die Lebensqualität ist extrem hoch. Ich erlebe das immer wieder, wenn wir bei Siemens Mitarbeiter aus dem Ausland für einige Jahre nach Deutschland holen, dann wollen die eigentlich nach München, Berlin oder in die Nähe von Frankfurt. Aber wenn die ein halbes Jahr in Erlangen leben, wollen sie nicht mehr weg.

Haben Sie einen Lieblingsort an der FAU?

Es sind zwei: Der rote Platz im Südgelände, im Sommer. In meiner Erinnerung sitze ich draußen in der Sonne und esse zwei Leberkässemmeln mit Senf. Und dann in der Glückstraße, das Gebäude mit dem alten Hörsaal. Das hatte richtig Flair: Holzbänke, die beim Hinsetzen geknarzt haben. Hier habe ich meine Diplomarbeit gemacht.

Sie haben an der FAU auch promoviert. Was war Ihre Motivations-Strategie, um „am Ball“ zu bleiben?

Nach meiner Diplomarbeit in der Quantenchromodynamik bei Professor Frieder Lenz wollte ich etwas näher in die Anwendung gehen. Ich habe mir daher ein Thema ausgesucht, das Theorie und Praxis verband, die Hochtemperatursupraleitung. Mich hat ein ganz toller Wissenschaftler aufgenommen, Professor Saemann-Ischenko. Ich fand es superspannend, in einer Gegend tiefer zu bohren, die noch nicht erforscht war. Und dann hatte ich das Glück, dass die Promotion von Siemens mit betreut wurde, von einem wirklich brillanten Physiker, Günter Ries. Er hat mich sehr inspiriert und mir auch nahegebracht, wie nah Physik am wirklichen Leben ist. Er hat nämlich auch Kernspintomographen mit entwickelt, die heute einen sehr realen Nutzen für uns alle haben. Diese Nähe zur Praxis hat mich gefesselt. So bin ich drei Jahre bei der Stange geblieben und danach auch bei Siemens eingestiegen.

Und ich habe meine Gitarre wieder ausgepackt. Ich habe früher viel gespielt und kam erst kürzlich wieder darauf. Das macht unglaublich viel Spaß und entspannt, wenn ich mich in die Feinmotorik versenke.

Stehen Sie noch in Kontakt mit ehemaligen Kommilitonen oder Kommilitoninnen?

Vor allem mit zweien, die mit mir angefangen haben. Einer lebt in Bamberg, der andere hat eine Laufbahn an der Uni eingeschlagen und ist Professor in Karlsruhe. Ihn sehe ich immer wieder, auch zu Abiturtreffen, weil er in meinem Jahrgang war.

Sie sind seit Februar 2021 Vorstandsvorsitzender der Siemens AG. Eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe. Wie können Sie am besten entspannen?

Weil die Work-Life-Balance nie richtig funktioniert hat, wenn man so eingespannt ist wie ich, lebe ich nach dem Motto Work-Life-Integration. Das klappt bei mir. Ich entspanne, wenn ich Sport treibe, meistens am Morgen und am Wochenende auch zu anderen Zeiten. Ich lese, gerne auch mal einen Krimi oder Romane, aber eher Sachbücher. Ein Buch über Zellen hat mich unglaublich motiviert, mehr darüber zu erfahren, weil ich hier eine Analogie zur Physik gesehen habe. Was die Atome in der Physik sind, sind die Zellen in der Biologie. Und ich habe meine Gitarre wieder ausgepackt. Ich habe früher viel gespielt und kam erst kürzlich wieder darauf. Das macht unglaublich viel Spaß und entspannt, wenn ich mich in die Feinmotorik versenke.

Angenommen Sie hätten die Möglichkeit Werner von Siemens zu treffen: Was würden Sie ihn fragen oder über was würden Sie mit ihm sprechen?

Mich interessiert ganz besonders der Mensch Werner von Siemens. Was hatte er für Werte, wofür hat er sich privat interessiert oder gelesen, wie sah sein Freundeskreis aus? Was hat ihn angetrieben, von Anfang an global zu denken? Und wie hat er es geschafft, seine Motivation aufrechtzuerhalten, auch nach Rückschlägen. Wenn man wie er so viele Innovationen angetrieben hat, geht man immer wieder durch das Tal der Tränen.

Sie sind auch Vorsitzender des Universitätsrats. Welche Projekte sind in den nächsten Jahren zwischen der FAU und der Siemens AG geplant?

Es gibt hier eine ganze Reihe Projekte, häufig geht es um Digitalisierung, aber immer um neue Technologien, die in der Industrie anwendbar sind, etwas das Thema Wasserstoff, wir arbeiten an beispielsweise Zügen mit Wasserstoffantrieb. Die Projekte sind sehr vielfältig. Auch die FAU ist extrem breit aufgestellt und daher ein wichtiger strategischer Partner für uns. Ich bin sicher, dass uns die Themen nicht ausgehen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Busch.


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