Vulkane schufen Ozean-Plateau

Grafik: Rio Grande Rise
In den Ozeanen der Erde gibt es Gebiete, die zwischen 3000 und 4000 Meter geringere Wassertiefen aufweisen als die umliegenden Becken. Eines der größten submarinen Plateaus dieser Art ist das Rio Grande Rise. (Bild: GeoZentrum Nordbayern)

FAU-Forschungsgruppe: „Rio Grande Rise“ kein Teil eines Kontinents

Forschende der FAU haben nachgewiesen, dass das „Rio Grande Rise“, ein submarines Plateau im Südatlantik, vulkanischen Ursprungs ist. Damit widerlegen sie eine frühere Theorie, die das Plateau als Kontinentalfragment beschreibt. Die Erkenntnisse wurden jetzt im renommierten Fachjournal „Communications Earth & Environment” veröffentlicht.

Sie sind wie Hochebenen, allerdings unter Wasser: In den Ozeanen der Erde gibt es Gebiete, die zwischen 3000 und 4000 Meter geringere Wassertiefen aufweisen als die umliegenden Becken. Eines der größten submarinen Plateaus dieser Art ist das Rio Grande Rise mit einem Durchmesser von etwa 600 Kilometern und einer Wassertiefe von weniger als 1000 Metern. Der seismisch inaktive, v-förmige Rücken liegt im südlichen Atlantik vor der Küste Brasiliens.

Zur Entstehung des Rio Grande Rise gibt es widerstreitende Theorien: Eine führt das Plateau auf starke vulkanische Aktivität bei der Öffnung des Südatlantiks zurück, ein anderes Modell beschreibt das Massiv als Rest eines Kontinents, der beim Auseinanderbrechen Südamerikas und Afrikas zurückblieb. „Die Klärung dieser Frage ist nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern hat auch politische Bedeutung“, erklärt Prof. Dr. Karsten Haase vom Lehrstuhl für Endogene Geodynamik am GeoZentrum Nordbayern der FAU. „Denn Unterwasserplateaus, die Teil eines Kontinents sind, zählen nicht zu den internationalen Gewässern, sondern zum Hoheitsgebiet des jeweiligen Küstenstaates.“

Vulkangestein geschürft

Auf Initiative des GeoZentrums Nordbayern startete im Frühjahr 2019 eine Expedition zum Rio Grande Rise. Gemeinsam mit Forschenden des Alfred-Wegener-Instituts Bremerhaven und des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel haben fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der FAU an Bord des deutschen Forschungsschiffes „Maria S. Merian“ verschiedene Untersuchungen des submarinen Bergmassivs vorgenommen.

Neben seismischen Messungen zur Bestimmung der Dicke der Erdkruste wurden zahlreiche Gesteinsproben gesammelt – an über 40 Stationen in Wassertiefen zwischen 900 und 5300 Metern. „Wir haben dafür eine sogenannte Dredsche eingesetzt, wie sie vom Prinzip her auch von Muschelfischern verwendet wird“, erzählt Patrick Hoyer, der die Gesteine im Rahmen seiner Doktorarbeit untersucht. „Sie wird hinter dem Schiff hergezogen und sammelt Gesteinsbrocken vom Meeresgrund.“

Bis zu einer halben Tonne Material pro Schürfung ging so ins Netz. Bereits die erste Auswertung an Bord bestätigte die Annahme der Forschenden, dass das Ozeanplateau vulkanischen Ursprungs ist. Hoyer: „Wir konnten die typischen Vulkangesteine identifizieren – vor allem Basalte, aber auch Phonolite. Daneben wurden auch gerundete Gesteinsbrocken geborgen, die vermutlich durch Eisberge in der letzten Eiszeit in das Gebiet verfrachtet wurden.“

Nach Ansicht der Forschenden beweisen die geochemischen Untersuchungen der Proben, dass das Rio Grande Rise beim Auseinanderdriften der südamerikanischen und der afrikanischen Platten vor etwa 50 Millionen Jahren entstand – allerdings nicht als kontinentales Fragment, sondern durch Aufschmelzung des ungewöhnlich heißen Erdmantels infolge tektonischer Bewegungen.

Folgeprojekt für Altersbestimmung

Die Theorie der Erlanger Geologinnen und Geologen wird auch dadurch erhärtet, dass es vor der Küste Namibias ein ähnlich großes Plateau gibt, dessen vulkanischer Ursprung durch ein aufwändiges Bohrprogramm bereits eindeutig nachgewiesen wurde: der sogenannte Walfischrücken. „Alle Daten, besonders aber die Form beider Rücken, deuten darauf hin, dass das Rio Grande Rise infolge der Plattenverschiebungen vom Walfischrücken getrennt wurde“, sagt Karsten Haase.

Wann genau das Rio Grande Rise entstand, wollen die Forschenden in einem auf zwei Jahre angelegten Folgeprojekt ermitteln, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Dafür wird der radioaktive Zerfall der verschiedenen Proben gemessen, genauer gesagt der Zerfall von Kalium zu Argon.

„Über den Argon-Anteil im Gestein können wir recht zuverlässig auf das Alter der Funde schließen“, erklärt der Wissenschaftler. „Bereits heute können wir die Entstehungszeit auf eine Spanne von 90 bis 40 Millionen Jahre eingrenzen. Genaueren Aufschluss werden die weiteren Untersuchungen geben.“

Weitere Informationen

Prof. Dr. Karsten Haase
Lehrstuhl für Endogene Geodynamik
Tel.: 09131 85-22616
karsten.haase@fau.de