Sauberes Wasser ohne Chemikalien?

Stack mit Diamantelektroden vor dem Einbau in den Brunnen in Tirschenreuth
Bild: Stefan Rosiwal

Erster Reinigungsprototyp für elektrochemische Wassereinigung in der Oberpfalz im Einsatz

Sauberes Wasser durch Strom statt Chlor: In Zukunft könnten Wasseranlagen wie Brunnen und Zisternen aber auch Klärwerke ohne die Zugabe von chemischen Stoffen gereinigt werden. Im Rahmen des bayerischen Forschungsprojekts DiaKerWa testet ein Forschungsteam der FAU aktuell eine Säuberungsmethode die nur mit Diamantelektroden und Strom arbeitet.

Weltweite Premiere in Tirschenreuth

Es ist die weltweit erste Installation ihrer Art: Im oberpfälzischen Tirschenreuth befreien aktuell Diamant-Keramikelektroden den neuen Brunnen vor dem Landratsamt von Mikro-Verschmutzungen. Die integrierten Doppel-Diamantelektroden (iDDE) benötigen nur etwas Strom, um bei Kohlenstoff-basierten Verunreinigungen wie Keimen aus Vogelkot oder Algen eine Oxidation hervorzurufen. Das heißt, der Schmutz wird „kalt“ im Wasser verbrannt, da er bei Temperaturen oxidiert, die so niedrig sind, dass keine Flamme sichtbar ist. Konkret generieren die Elektroden am Pluspol OH-Radikale, Moleküle aus je einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom, die Kohlenstoffverbindungen in Wasser und eine geringe Menge Kohlenstoffdioxid verwandeln. Am Minuspol entsteht gleichzeitig Wasserstoff, der bei Bedarf energetisch genutzt werden kann.

Fränkischer Werkstoff ersetzt Metalle aus dem Ausland

Entwickelt wurde die aus Erlangen fernsteuerbare Anlage vom Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Werkstoffkunde und Technologie der Metalle) sowie von der Mechanik- und Elektronikwerkstatt der FAU. Die neuartigen Diamantelektroden, die bereits patentiert sind, entstanden aus der Zusammenarbeit der Universität mit der oberfränkischen Keramikkünstlerin Barbara Flügel heraus.

Weltweit gibt es die mit Porzellan aus dem fränkischen Selb hergestellten iDDE sonst noch nirgends. Der Werkstoff ersetzt seltene und teure Metalle aus weiter entfernten Teilen der Welt, wie etwa Niob aus Brasilien.

Das Ziel: Elektrochemische Wassereinigung für Klärwerke

Mit Hilfe der Fernüberwachung will die Universität nun beobachten, wie stark und wie lange die iDDE zuverlässig reinigen. Ist das Projekt erfolgreich, könnten die iDDE nicht nur in Brunnen genutzt werden. „Wir hoffen, dass die Reinigung in nicht allzu ferner Zukunft ebenfalls bei der Regenwassernutzung oder bei Kläranlagen zum Einsatz kommt. Mit den iDDE lässt sich die aktuell in Bayern diskutierte vierte Klärstufe für Kläranlagen realisieren und gleichzeitig über die Wasserstoffherstellung ein Teil der eingesetzten Energie zurückgewinnen. Das könnte unsere Gewässer und auch den Geldbeutel der Verbraucher in großem Maße schonen“, erklärt Prof. Stefan Rosiwal, stellvertretender Leiter des Lehrstuhls.

Doch aktuell fehle für die Wasserreinigung mit iDDE noch eine europäische Zulassung, weshalb sie weder bei Klärwerksabwasser noch bei Trinkwasser zum Einsatz kommen dürfe. Geschlossene Kreisläufe wie sie bei Springbrunnen existieren, seien unkritischer und eine gute Testgrundlage, so Rosiwal. Darüber hinaus gebe es auch erste Anwendungen für industrielle Abwässer, die elektrische Oxidation zur Entgiftung nutzen.

Das von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderte Projekt DiaKerWa läuft für drei Jahre.

Weitere Informationen

Prof. Stefan M. Rosiwal
Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Werkstoffkunde und Technologie der Metalle)
Tel.: 09131/85-27517
stefan.rosiwal@fau.de