Information Overload: „Wir können lernen, uns zu konzentrieren“
FAU-Psychologin Kyra Göbel erklärt, wie wir trotz Informationsflut fokussiert arbeiten können
Wie wir uns von dem zunehmenden Informationsüberfluss mental abgrenzen können, untersucht Dr. Kyra Göbel vom Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Für ihre Forschung wurde sie nun mit dem Max-Weber-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.
Frau Dr. Göbel, Sie erforschen die sogenannte Informationsflut. Seit wann werden wir von Informationen geflutet?
Eine große Rolle spielt hier das Internet. Grundsätzlich wollen wir, besonders im Arbeitskontext, zielorientiert arbeiten und uns möglichst wenig ablenken lassen. Durch die Digitalisierung haben wir wesentlich mehr Informationen zur Verfügung und neue Wege, miteinander zu kommunizieren. Es gibt also mehr, was uns ablenken kann, wobei wir uns entweder selbst unterbrechen oder durch andere abgelenkt werden.
Spielen die sozialen Medien eine Rolle?
Es kommt sehr darauf an, wie man mit dem Handy umgeht, wenn man arbeitet. Ich forsche auch an Lernprozessen bei Studierenden, für die das ein sehr großes Thema ist. Beim Lernen denkt man sich oft, „Jetzt mache ich erstmal eine kleine Pause“ und greift zum Handy. Dabei redet man sich ein, dass man Informationen will. Zum Beispiel die Uhrzeit. Das ist aber selten tatsächlich so. Was man eigentlich will, ist eine kurze Ablenkung oder eine emotionale Belohnung.
Inwiefern betrifft die Informationsflut bereits Kinder?
Grundsätzlich muss jeder und jede einen guten Umgang mit der Informationsflut finden und das kann niemand von klein auf. Man muss zunächst damit konfrontiert werden, um zu lernen, wie man seinen Informationskonsum regulieren kann. Deshalb sollten wir uns so früh wie möglich Medienkompetenz aneignen. Ein neuer Aspekt ist auch die künstliche Intelligenz, mit der wir zunehmend konfrontiert werden. Durch sie wird der richtige Umgang mit Informationen wichtiger als je zuvor. Wir müssen zum Beispiel fähig sein, Fakten zu checken und einzuschätzen, ob eine Quelle glaubwürdig ist.
Was kann ich konkret tun, wenn ich durch zu viele Informationen überfordert oder abgelenkt bin?
Eine gute Nachricht vorneweg: Wir alle können lernen und üben, uns auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Es klingt vielleicht erstmal abwegig, wenn ich Ihnen sage „Denken Sie einfach nicht mehr an diese Sache, die Sie ablenkt.“ Aber genau so funktioniert es! Ein Beispiel aus der Forschung: In einer Laborstudie an unserem Lehrstuhl sollten Teilnehmende ein Wortpaar lernen. Daraufhin haben wir ihnen gesagt, sie sollen den einen Teil des Wortpaars vergessen und sich nur noch auf den anderen konzentrieren. Und tatsächlich konnten nach einer gewissen Zeit viele Teilnehmende den Teil ihres Wortpaars, den sie vergessen sollten, nicht einmal mehr abrufen. Genau so kann es auch im Alltag funktionieren. Legen Sie von Anfang an fest „Das ist meine Aufgabe, auf die ich mich jetzt konzentriere und ich werde mich nicht von anderen Dingen ablenken lassen.“ Das können Sie mit weiteren Konzentrationsmaßnahmen verbinden. Zum Beispiel, indem Sie bestimmte Zeitfenster festlegen, in denen Sie konzentriert arbeiten wollen, oder ablenkende Dinge, wie das Smartphone, aus dem Raum verbannen.

Wie schaffen Sie das persönlich?
Genau dieses Abgrenzen von allem, was mich stört, versuche ich auch. Es gibt einerseits äußere Faktoren, die mich unterbrechen können, andererseits kann ich mich selber ablenken. Ein äußerer Faktor kann zum Beispiel sein, dass Personen an meine Bürotür klopfen und mit mir sprechen wollen. Wenn ich weiß, dass ich mich jetzt auf etwas konzentrieren muss und dabei nicht unterbrochen werden will, dann hänge ich einen Zettel an meine Tür, auf dem steht, dass ich gerade nicht gestört werden möchte. Wenn ich mich selbst ablenke und das Gefühl habe, mich nicht konzentrieren zu können, dann versuche ich einerseits, ablenkende Objekte wegzupacken und andererseits, mir das Abgrenzen von Ablenkungen und damit verbundenen störenden Gedanken bildlich vorzustellen. Ich stelle mir dann vor, dass ich alles mit den Händen vor mir wegschiebe und dann eine Blase um mich herumhabe, in der sich nur die Gedanken ausbreiten dürfen, die für meine derzeitige Aufgabe relevant sind.
Weitere Informationen
Dr. Kyra Göbel
Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben
Tel: +09131/85-64006
kyra.goebel@fau.de