Forschung: Für mehr Bildungsgerechtigkeit in der Schule

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) spielt eine zentrale Rolle im bundesweiten Startchancen-Programm, das sich der Bildungsgerechtigkeit in der schulischen Bildung verschrieben hat. Prof. Dr. Nina Bremm, Inhaberin des Lehrstuhls für Schulpädagogik, wird maßgeblich daran arbeiten, die Zusammenarbeit zwischen schulischen Akteurinnen und Akteuren evidenzbasiert zu fördern und so dazu beitragen, Bildungsungleichheiten abzubauen.
Das Startchancen-Programm
Am 1. August 2024 startete das größte Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: das sogenannte „Startchancen-Programm“ des Bundes und der Länder. Es zielt darauf ab, Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schüler/-innen gezielt zu unterstützen und investiert dabei rund 20 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren.
Durch dieses Programm wollen Bund und Länder Bildungserfolg unabhängig von sozialer Herkunft ermöglichen und Chancengleichheit im Bildungssystem schaffen.
Die Beteiligung der FAU
Die FAU ist Teil des WEGE-Forschungsverbunds, dieser wird das Startchancen-Programm über die gesamte Laufzeit wissenschaftlich begleiten. In diesem Kontext hat Prof. Dr. Nina Bremm vom Lehrstuhl für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Educational Governance und Educational Change die Aufgabe, die Entwicklung von Kooperationsformaten durch prozessbegleitende Datenerhebungen zu fundieren. Diese Kooperationsformate sollen die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen verschiedenen Akteur/-innen im schulischen Steuerungs- und Unterstützungssystem nachhaltig verbessern.
Zum Steuerungs- und Unterstützungssystem von Schulen gehören unter anderem:
- politische Behörden (z.B. Kultusministerien)
- die rechtliche und fachliche Schulaufsicht
- Landesinstitute
- Qualitätsagenturen
- Fort- und Weiterbildungsinstitute
- die Schulentwicklungsberatung
- die Schulinspektion
- und die öffentlichen oder privaten Schulträger
„Die Kooperationsformate, die im Governance-Zentrum des WEGE-Verbunds entwickelt werden sollen den Austausch zwischen den Akteur/-innen im schulischen Steuerungs- und Unterstützungssystem befördern und zwar so, dass diese nachhaltig gegenseitig voneinander lernen können und kontinuierlich notwendige strukturelle Veränderungen vornehmen können, um Schulen besser zu unterstützen“, so die FAU-Forscherin.
Die Entwicklungen der Zusammenarbeit werden von Bremms Lehrstuhl über die gesamten zehn Jahre des Projektzeitraums wissenschaftlich begleitet. Die erfassten Daten werden dabei regelmäßig ausgewertet und analysiert und in Entwicklungsformate eingebunden.
In einem ersten Schritt erforscht der Lehrstuhl von Prof. Bremm den Status Quo der Zusammenarbeit der agierenden Akteur/-innen im schulischen Steuerungs- und Unterstützungssystem. Dabei steht die Frage im Fokus, welche Akteure wie und nach welchen Logiken zusammenarbeiten, wo strukturelle Brüche oder Doppelstrukturen existieren und wie unterschiedliche Logiken zusammengebracht werden können.
Im zweiten Schritt untersucht das Team um Prof. Bremm, wie sich die Zusammenarbeit während des Startchancen-Programms entwickelt, und welche Änderungen sich im Laufe der Projektdauer ergeben. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation im Rahmen des Governancezentrums des WEGE-Verbunds, werden die Ergebnisse dieser Überprüfung über den gesamten Projektzeitraum in die Beratung der schulischen Steuerungs- und Unterstützungssystem einfließen, so dass diese ihre Kooperationsformate anpassen können.
Nicht weniger als ein Paradigmenwechsel vollzieht sich mit dem Startchancen-Programm: weg von der Entwicklung von einzelnen Schulen allein und hin zu einem konstant lernenden Schulsystem, das die Bildungsungleichheit abbauen soll und Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln möchte.
Kräfte und Ressourcen im Schulsystem sinnvoll bündeln
Im Gespräch betont Prof. Bremm die Wichtigkeit dieses Paradigmenwechsels: von der bürokratischen Kontrolle von Schulen hin zur bürokratischen Unterstützung von Schulen. Als Forscherin geht es für sie um die Frage, wie dieser Wechsel zu schaffen ist.
Mit ihrer Arbeit im Forschungsverbund möchte sie diesen Wechsel unterstützen: „Ich freue mich außerordentlich auf die Arbeit im Verbund, da im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms nicht nur Einzelschulen in strukturell benachteiligten Lagen und ihre Schul- und Unterrichtsentwicklung in den Blick geraten, sondern erstmals auch Steuerungs- und Unterstützungsstrukturen, die Schul- und Schulsystementwicklung maßgeblich befördern können. Für die komplexe Herausforderung der Bildungsungleichheit reicht eine Verantwortungsdelegation an Einzelschulen aus meiner Perspektive nicht aus. Vielmehr müssen wir überlegen, wie Kräfte und Ressourcen im System sinnvoll gebündelt werden können, um Schulen und Lernende in strukturell benachteiligten Lagen bestmöglich zu unterstützen.“
Der Forschungsverbund
Der Gesamtkoordination des großen Forschungsverbunds liegt beim DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation.
Der Forschungsverbund umfasst insgesamt 20 wissenschaftliche Institute und Hochschulen mit einem breiten fachlichen Hintergrund. Ein erweiterter Leitungskreis setzt sich aus Forschenden des DIPF, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, des IPN – Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, des Mercator-Instituts für Sprachbildung und Deutsch als Zweitsprache, der Universität Duisburg-Essen, der Universität Mannheim und der Universität Potsdam zusammen.
Dem DIPF als Sitz der Gesamtkoordination obliegt zudem die Entwicklung digitaler Lösungen für die Verbundarbeit und die Kommunikation der Ergebnisse. Der ebenso wie das Startchancen-Programm auf zehn Jahre angelegte Forschungsverbund wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 100 Millionen Euro gefördert.
Die Arbeit des Forschungsverbunds wird sich in enger Zusammenarbeit mit den Akteur/-innen der Schulen und deren Unterstützungssysteme in fünf Kompetenzzentren, zwei Transfer- und Transformations-Hubs sowie einem Governance-Zentrum organisieren. Das Governance-Zentrum konzentriert sich auf innovative Steuerungsansätze und die Entwicklung evidenzbasierter Kooperationsformate.
In den Kompetenzzentren werden unter anderem Materialien und Qualifizierungen entwickelt, während die Transfer- und Transformations-Hubs Austausch- und Abstimmungsprozesse initiieren und begleiten. Der Forschungsverbund wird sich zudem kontinuierlich mit dem wissenschaftlichen Gremium abstimmen, das für die Evaluation des Startchancen-Programms und seiner Ergebnisse vorgesehen ist. Darüber sollen weitere Potenziale erschlossen werden, um die Projektarbeit zu optimieren.
- Weitere Informationen zum Startchancen-Programm auf der Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/startchancen/startchancen-programm.html
- Weitere Informationen zum Lehrstuhl für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Educational Governance und Educational Change von Prof. Dr. Nina Bremm: www.paedagogik.phil.fau.de/institut/lehrstuhl-fuer-schulpaedagogik/
- Weitere Informationen zum Forschungsverbund „Wissenschaftliche Begleitung und Forschung für das Startchancen-Programm“ auf der Website des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, bei dem die Gesamtkoordination des Forschungsverbunds liegt:www.dipf.de/de/forschung/projekte/wissenschaftliche-begleitung-und-forschung-fuer-das-startchancen-programm