Highspeed-Helma und Turbo-Alex

Prof. Dr. Petra Imhof, Professur für Computational Chemistry, und Prof. Dr. Gerhard Wellein, Professur für Höchstleistungsrechnen. (Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Die an der FAU installierten Superrechner Helma und Alex gehören zu den weltweit leistungsfähigsten Computern. Petra Imhof und Gerhard Wellein unterstützen Arbeitsgruppen aus ganz Deutschland dabei, die geballte Rechenpower für wissenschaftliche Projekte zu nutzen.

Der Raum ist in fahles Neonlicht getaucht, ein lautes Surren macht Gespräche fast unmöglich. Auch das Interieur ist wenig einladend: Wände aus nacktem Beton, an der Decke ein Gewirr von Wasserleitungen, die zu ein paar dunkelgrauen Schränken führen. Hinter deren gelochten Fronten blinken grüne und gelbe Leuchtdioden und sorgen für einige spärliche Farbtupfer. Die Schränke haben es in sich: Sie beherbergen einen Computer, auf den die FAU ziemlich stolz ist. Er besteht aus 192 miteinander vernetzten Rechenknoten, die ihre Leistung wiederum je vier High-End-Grafikprozessoren des US-Herstellers Nvidia verdanken. Der Cluster hört auf den schönen Namen „Helma“ – nach Wilhelmine, Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth, deren Mann Friedrich 1743 die Universität Erlangen gründete und die der Hochschule später ihre private Bibliothek vermachte.

Und „Helma“ ist verdammt schnell: Auf der Liste der weltweit leistungsfähigsten Rechner steht der Cluster momentan auf Rang 51, unter den Supercomputern an deutschen Universitäten sogar an der Spitze. Diese geballte Power können Arbeitsgruppen in der ganzen Bundesrepublik nutzen. Denn Helma ist – ebenso wie ihr Bruder Alex, aktuell Rang 290 weltweit – Teil des Verbunds für Nationales Hochleistungsrechnen, abgekürzt NHR. Insgesamt neun Zentren haben sich zu diesem Netzwerk zusammengeschlossen, das den Bedarf der Forschung an immer mehr Rechenleistung decken helfen soll. Finanziert wird das Projekt vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und den jeweiligen Ländern.

 „Computerleistung ist das eine, sie gewinnbringend zu nutzen, das andere.“

Gerhard Wellein

Er leitet das Zentrum für Nationales Hochleistungsrechnen Erlangen, sie ist Expertin für atomistische Simulationen: Prof. Dr. Gerhard Wellein und Prof. Dr. Petra Imhof. (Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Simulation von großen Molekülen

„Das Geld fließt aber nicht nur in die Hardware“, betont Gerhard Wellein, der das NHR@FAU, den Erlanger Part des NHR, leitet. „Computerleistung ist das eine, sie gewinnbringend zu nutzen, das andere.“ Dazu benötigt man an jedem Standort Forschende, die sich damit auskennen, wie man die Rechnerkonfiguration für die Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen besonders effizient einsetzt. Und die dank ihrer Expertise in der Lage sind, anderen Nutzenden bei der Lösung von Problemen zu helfen. „Hier an der FAU haben wir beispielsweise Kolleginnen und Kollegen, die sich hervorragend mit der Berechnung von Molekül-Dynamiken auskennen“, sagt Wellein. „Oder die große KI-Modelle für bestimmte Anwendungen trainieren. Sie haben einen enormen Erfahrungsschatz, von dem andere Arbeitsgruppenprofitieren können.“

Eine dieser Expertinnen ist Petra Imhof. Die Professorin für Computational Chemistry beschäftigt sich seit Jahren mit atomistischen Simulationen, ein thematischer Schwerpunkt des NHR@FAU. „Wir wollen verstehen, wie sich die Atome innerhalb von Molekülen relativ zueinander bewegen“, erklärt sie. Denn Moleküle sind nicht starr, wie die Steckmodelle aus dem Chemieunterricht suggerieren. So können sich etwa Gruppen von Atomen um eine Bindung verdrehen. Auf welche Weise sie das tun, ist abhängig von den Anziehungs- und Abstoßungskräften, die im Molekül wirken. Diese entscheiden auch darüber, welche dreidimensionale Gestalt ein Molekül annehmen wird.

Am NHR@FAU werden aber nicht nur solche Prozesse im Computer nachgestellt, sondern auch die Interaktionen verschiedener Moleküle miteinander. „Wir haben es manchmal mit Hunderttausenden von Atomen zu tun, die alle gleichzeitig miteinander wechselwirken“, erklärt die Chemikerin. Das macht atomistische Simulationen so rechenintensiv. Zugleich sind sie aber äußerst wichtig: Mit ihnen kann man etwa Arzneistoffe am „digitalen Reißbrett“ verändern und prognostizieren, ob sie dadurch besser wirken werden.

KI in der Medizin

Ein weiterer Schwerpunkt am NHR@FAU ist das Training von KI-Modellen. Künstliche Intelligenz versteht sich besonders gut darauf, in Daten bestimmte Auffälligkeiten zu erkennen. Auf diese Weise kann sie etwa dabei helfen, Krankheiten wie Krebs frühzeitiger zu diagnostizieren und zielgenauer zu therapieren. „Der Freistaat Bayern fördert diese Technologiemassiv und hat im Rahmen seiner Hightech-Agenda einen Großteil von Helma finanziert“, erklärt Gerhard Wellein. Auch das 2019 an der FAU eingerichtete Department für KI in der Medizintechnik wird maßgeblich vom Freistaat gefördert. Hierforscht man an KI-Systemen, die Ärztinnen und Ärzte bei der Analyse von Bilddaten unterstützen können, seien es MRT-Aufnahmen von Tumoren oder Ultraschallfilme des Herzens.

Der Helma-Cluster spielt dabei eine zentrale Rolle. „Seine Rechenleistung erlaubt es, Bilddaten von sehr viel mehr Patientinnen und Patienten als bislang auszuwerten“, erklärt Prof. Dr. Bernhard Kainz, der das Department leitet. „Davon wird auch die Treffsicherheit der KI-Analysen profitieren. “Helma ist jedoch nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu noch mehr Rechenpower: In den nächsten Jahren wird an der FAU ein neues Hochleistungs-Rechenzentrum mit modernster Infrastruktur entstehen. Bis zu 270 Millionen Euro will der Freistaat dafür in die Hand nehmen und so dafür sorgen, dass die Universität bei diesem wichtigen Thema auch künftig in der ersten Liga spielt.

NHR-Verbund: gebündelte Power

Seit 2021 gibt es den Verbund für Nationales Hochleistungsrechnen (NHR). Der NHR stellt zum einen die Rechenkapazitäten für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerdeutscher Hochschulen kostenlos zur Verfügung, zum anderen unterstützt er die Nutzerinnen und Nutzerinsbesondere durch Beratung und Schulung beim Einsatz von Hochleistungsrechnen in ihren Anwendungsgebieten. Im Verbund arbeiten universitäre Rechenzentren folgender Standorte zusammen: Aachen, Berlin, Darmstadt, Dresden, Erlangen, Göttingen, Karlsruhe, Mainz und Paderborn. Bund und Länder stellen jährlich über 60 Millionen Euro für die Arbeit des NHR zur Verfügung. Träger des Verbundes ist der Verein für Nationales Hochleistungsrechnen e. V.

Frank Luerweg


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

Die dritte Ausgabe des FAU Magazins #Menschen steht auch wieder ganz im Zeichen der Menschen, die unsere FAU zu einer der besten Universitäten der Welt machen. Wie lebendig und vielfältig unsere Forschung, das Engagement der Studierenden und die Arbeit in den wissenschaftsstützenden Bereichen sind, zeigen die Beispiele dieser Ausgabe.

Ein Highlight ist sicherlich der neue Forschungscluster „Transforming Human Rights“. Oder folgen Sie unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Labore und Werkstätten, wo sie Kartoffeln klimaresistent machen, Robotern soziales Verhalten beibringen oder antike Schiffe und Geschütze nachbauen. Studierende entwickeln an der FAU senkrecht startende Flugzeuge oder überzeugen mit überragenden Leistungen bei den Paralympics. Und nicht zu vergessen die Menschen, die an unserer Uni arbeiten oder als Ehemalige der FAU stark verbunden sind. Besuchen Sie mit ihnen die KinderUni oder schauen Sie sich mit einer FAU-Alumna und Grimme-Preis-Trägerin eine Fernsehserie an.

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