Die Kartoffel ist eine der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen. Sophia Sonnewald und ihr Team vom Lehrstuhl für Biochemie möchten die Knollen an die Folgen des Klimawandels anpassen.
Die Kartoffel ist hierzulande eine der wichtigsten Nutzpflanzen und liegt als Grundnahrungsmittel nicht nur in vielen Einkaufswagen, sondern wird auch zu zahlreichen Produkten wie Pommes frites und Speisestärke weiterverarbeitet. Letztere ist nicht nur eine wichtige Zutat beim Kochen und Backen, aus Kartoffelstärke werden zudem auch Bioplastiktüten und Klebstoffe hergestellt.
Nur wenige Menschen aber kennen das Protein SP6A, das für die Entwicklung der Knollen eine sehr wichtige Rolle spielt. Diese Rolle könnte noch viel entscheidender werden, wenn Hitze und Dürreperioden mit dem Klimawandel zunehmen und so die Ernten schmälern oder komplett vernichten. Auch die Kraut- und Knollenfäule setzt der Kartoffel zu. Gegen ihren Erreger, den Eipilz Phytophthora infestans, gibt es zwar durchaus Mittel, doch solche chemischen Keulen sind in der ökologischen Landwirtschaft unerwünscht. Deshalb fördert das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung bis Ende 2028 mit 2,8 Millionen Euro die Züchtung neuer Kartoffelsorten, die in der ökologischen Landwirtschaft mit der Kraut- und Knollenfäule sowie den häufigeren Hitze- und Dürreperiodenbesser zurechtkommen. Mit dabei im Projekt „Kartoffelzüchtung auf Stresstoleranz und Verarbeitungseignung für den ökologischen Landbau“, kurz: KarOLa, ist das Team um Sophia Sonnewald vom Lehrstuhl für Biochemie der FAU.
Hitze und Trockenheitstressen die Kartoffel
Für die FAU-Forscherin ist dieses Projekt ein weiterer Meilenstein ihrer wissenschaftlichen Laufbahn. „Ich habe tatsächlich immer mit Pflanzen gearbeitet“, erinnert sich Sophia Sonnewald. Im letzten Abiturjahrgang der DDR hat sie 1989 die Schule abgeschlossen und danach an der Humboldt-Universität erst in Ost-Berlin und später in der wiedervereinigten Stadt Diplom-Biologie studiert. „Pflanzenphysiologie und Ökologie waren meine Schwerpunkte“, erinnert sich die Forscherin. Nach der Promotion – ebenfalls an der Humboldt-Uni und natürlich mit einem Pflanzenthema – ging sie 1999 als Postdoc an das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben in Sachsen-Anhalt und wechselte Anfang des Jahres 2005 an die FAU nach Erlangen.
Im Mittelpunkt ihrer Forschung steht die Kartoffel, eine an sich robuste Pflanze, die jedoch zunehmend unter den Folgen des Klimawandels leidet. Phytophthora infestans beispielsweise hat den Menschen die Ernte schon etliche Male streitig gemacht. Der Pilz dringt in das Innere der Pflanzen ein und schaltet die Abwehrkräfte seines Opfers aus. Bei seiner Vermehrung zerstört der Erreger das Gewebe und vernichtet so die ganze Pflanze, einschließlich der Knolle. Besonders gut entwickelt sich der Schädling, wenn die Kartoffelpflanzen durch Umweltstress, zum Beispiel Hitze, geschwächt sind. „Es ist aber nicht nur der Pilz, der den Kartoffeln zusetzt“, erklärt Sophia Sonnewald. „Höhere Temperaturen führen generell zu weniger und kleineren Knollen.“ Genau hier kommt das Strukturprotein SP6A ins Spiel: Es aktiviert die Bildung der Knollen, zumindest bei klimatischen Bedingungen, wie sie für Mitteleuropa bisher üblich waren. Bei längeren Hitzeperioden wird deutlich weniger SP6A gebildet. Die Folge sind sinkende Erträge, im schlimmsten Fall droht eine Missernte.
Gentechnik hilft bei Züchtung robuster Sorten
„Mit unserer Forschung wollen wir herausbekommen, welche Prozesse in den Zellen der Pflanze bei der Stressbewältigung eine Rolle spielen“, sagt Sophia Sonnewald. Dabei identifiziert sie Erbinformationen für verschiedene Merkmale der Kartoffeln. „Je besser wir diese Eigenschaften und die Vorgänge in der Zelle kennen, umso gezielter können wir nach Sorten suchen, die mit Hitzewellen besserzurechtkommen und die widerstandsfähig gegen Schädlinge sind. “Mit den klassischen Methoden der Gentechnologieverändert das Sonnewald-Team die Erbanlagen, die bei der Herstellung von SP6A eine Rolle spielen, und verstärkt oder blockiert so deren Herstellung. Wie reagieren die Pflanzen darauf? Vertragen sie Hitze vielleicht besser und bilden mehr SP6A? Wie verändert sich der Ertrag, und wie viel Stärke steckt in den Knollen?
Weil die untersuchten Kartoffeln in Gewächshäusern mehrere Monate wachsen, werden sie als Stecklinge in Gewebekulturen gehalten. Dadurch werden ihre Vermehrung und Analyseenorm beschleunigt. Am Ende sollen aus den Erkenntnissen über die Vorgänge im Inneren der Kartoffelzellen nicht nur neue Sorten entwickelt werden, die mit den Hitzewellen des Klimawandels und deren Nebenwirkungen gut zurechtkommen. Sie sollen gleichzeitig auch gute Erträge liefern und vor allem gut schmecken. „Bis dahin kann es aber einige Zeit dauern, daher brauchen wir in dieser Forschung einen sehr langen Atem“, erklärt Sophia Sonnewald. Der Wettlauf der Forschung mit dem Klimawandel hat bei der Kartoffel also bereits begonnen.
Roland Knauer



Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins
Die dritte Ausgabe des FAU Magazins #Menschen steht auch wieder ganz im Zeichen der Menschen, die unsere FAU zu einer der besten Universitäten der Welt machen. Wie lebendig und vielfältig unsere Forschung, das Engagement der Studierenden und die Arbeit in den wissenschaftsstützenden Bereichen sind, zeigen die Beispiele dieser Ausgabe.
Ein Highlight ist sicherlich der neue Forschungscluster „Transforming Human Rights“. Oder folgen Sie unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Labore und Werkstätten, wo sie Kartoffeln klimaresistent machen, Robotern soziales Verhalten beibringen oder antike Schiffe und Geschütze nachbauen. Studierende entwickeln an der FAU senkrecht startende Flugzeuge oder überzeugen mit überragenden Leistungen bei den Paralympics. Und nicht zu vergessen die Menschen, die an unserer Uni arbeiten oder als Ehemalige der FAU stark verbunden sind. Besuchen Sie mit ihnen die KinderUni oder schauen Sie sich mit einer FAU-Alumna und Grimme-Preis-Trägerin eine Fernsehserie an.
- File Name
- FAU_Magazin_2025_2026
- File Size
- 3 MB
- File Type
