Mechatroniker Jörg Franke und Psychologin Cornelia Niessen forschen an einer neuen Generation von Robotern. Diese sollen soziale Verhaltensweisen beherrschen und damit zu Partnern von Menschen werden.
Stellen Sie sich vor, Sie kommen abends nach Hause. Ihr Roboter begrüßt Sie freundlich, weist Sie darauf hin, dass das Abendessen auf dem Tisch steht, und merkt bereits an Ihrer Antwort, ob Sie heute Trost oder Ruhe brauchen.“ Dieses Zukunftsszenario möchte Jörg Franke gerne mittelfristig verwirklichen. Eine Zukunft, in der smarte Maschinen Menschen im Alltag begleiten, entlasten und ihnen vielleicht ein Lächeln ins Gesicht zaubern. „Ob Raumfahrt, Motorräder oder Autos, mich hat Technik schon als Jugendlicher fasziniert“, verrät der Leiter des Lehrstuhls für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS). Nach Studium der Fertigungstechnik und Promotion an der FAU und wechselte er anschließend in die Industrie. In seinen Stationen, unter anderem bei Bosch, ZF und Schaeffler, leitete er in Führungspositionen Hunderte Mitarbeiter an zahlreichen Standorten. 2009 folgte er dem Ruf an den FAPS Lehrstuhl und beerbte seinen Doktorvater.
Unter Frankes Leitung wuchs der Lehrstuhl auf knapp 100 Mitarbeitende. Der 61-Jährige möchte die Forschenden nicht nur anleiten, sondern sie inspirieren. Vor allem möchte er „junge Ingenieurinnen und Ingenieure animieren, tolle Technologien in eigenen Start-ups auf den Markt zu bringen“. Erklärtes Ziel des Ingenieurs ist, disruptive Technologien zu erforschen. Dazu gehören unter anderem soziale Roboter. Ihre Entwicklung soll im Forschungsverbund „FORSocialRobots“, dessen Sprecher und Koordinator er ist, vorangetrieben werden. An dem bis 2027 laufenden Projekt sind Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Anwender beteiligt. „Mensch und Roboter sollen gemeinsam in flexiblen Teams zusammenarbeiten. Dabei sollen in wissenschaftlichen Teilprojekten neue Roboterapplikationen erforscht und entwickelt werden“, schildert Jörg Franke.
Während Industrieroboter seit Jahrzehnten monotone Arbeiten übenehmen, sollen sich die „neuen Kollegen“ den Menschen anpassen: zum Beispiel mit ihnen Kontakt aufnehmen, empathisch sein und bei Bedarf helfen – sei es in der Pflege, in der Produktion oder im Dienstleistungssektor. Die Technik sei über Bildverarbeitung und große Sprachmodelle beherrschbar. Entsprechende Softwarebausteine, mit denen Roboter das Verhalten von Menschenvorhersehen und ihr eigenes Verhalten vorausschauend anpassen können, möchten die Beteiligten über einen digitalen Zwilling simulieren und validieren.
Sozialkompetenz gefragt

Allerdings müssen zuvor einige Herausforderungen bewältigt werden: „Soziales Verhalten bedingt ein komplexes Verständnis von Empathie und Kommunikation. Um die ungeschriebenen Regeln des menschlichen Miteinanders zu beherrschen, müssten Roboter Gestik, Mimik, Sprache und Kontext ,lesen’ und entsprechend reagieren“, erläutert Cornelia Niessen, deren Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben ebenfalls am Verbundprojekt partizipiert. Das Interesse für Psychologie begleitet Cornelia Niessen seit ihrer Schulzeit. Nach dem Abitur ging die gebürtige Wilhelmshavenerin ins Ausland, denn das Neue habe sie schon immer interessiert. Die Arbeitserfahrung, aber vor allem die Begegnung mit den Menschen in Israel, Ägypten und Italien, empfand sie als bereichernd. Anschließend studierte sie an der TU Berlin, wo sie auch promovierte. Nach Stationen an der TU Braunschweig und der Universität Konstanz übernahm sie 2011 den neu geschaffenen Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben am Institut für Psychologie in Erlangen. Niessen forscht zu den Fragen, wie Menschen mit Wandel umgehen und was sie befähigt, in Veränderungsprozessen gesund, handlungsfähig und anpassungsfähig zu bleiben. Im Forschungsverbund möchte sie mit ihrem Team ausloten, wie Roboter Personen im Arbeitskontext unterstützen können. Eine Voraussetzung dafür ist, dass Roboter auch sozial agieren und situativ reagieren können. „Es gilt, die Interaktionen von Robotern so zu gestalten und zu verstehen, dass sie als sozialkompetent und ethisch vertretbar wahrgenommen werden“, beschreibt die Psychologin die Herausforderung. Zudem will sie die Wirksamkeit und Akzeptanz von Robotern bei den potenziellen Nutzern untersuchen beispielsweise, ob das Pflegepersonal Roboter als Kollegen betrachtet oder eher als Werkzeug.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Autonomie der Roboter: Inwieweit wird vom Menschen akzeptiert, dass ein sozialer Roboter Aufgaben nicht nur auf Anweisung, sondern auch proaktiv übernimmt, also eigeninitiativ bestimmte Aufgaben sucht und erledigt? Ob solche selbst initiierten Handlungen als hilfreich oder als Eingriff in die Arbeitsroutinen empfunden werden, hängt stark von den kommunikativen und emotionalen Fertigkeiten und dem Verständnis des Roboters für soziale Situationen ab. Der Weg zu empathischen Helfern ist lang. Denn die Wissenschaft hat soziale Verhaltensweisen bei Menschen noch nicht restlos aufklären können. Das Forschungsprojekt soll dazu Antworten liefern, um später menschliche Fähigkeiten auf automatisierte Systeme übertragen zu können. Entscheidend für den Einsatz sozialer Roboter sind nach Ansicht der beiden Forschenden nicht technische Machbarkeit oder Kosten. Welche Tätigkeiten bei den Menschen bleiben sollen, sei letztlich eine ethische Frage, mit der sich die Gesellschaft tiefgehend auseinandersetzen muss.

(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)
Mit KI und Quanten: Robotik am FAPS
Die Robotik ist einer von acht Forschungsbereichen am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik, kurz: FAPS. In zahlreichen Einzelprojekten arbeiten die Forschenden beispielsweise daran, künstliche Intelligenz mit mechatronischen Komponenten zu verknüpfen, seilgetriebene Roboter für Positionieraufgaben auf Baustellen zu perfektionieren und unbemannte Luftfahrzeuge leiser und energieeffizienter zu machen. Die Forschung an sozialen Robotern konzentriert sich darauf, einerseits ihre Autonomie zu erhöhen und sie andererseits empathischer zumachen, um Vertrauen und Akzeptanz der Nutzenden zu erhöhen. Untersucht wird am FAPS auch, wie sich künftige Quantencomputer in Rechnerarchitekturen integrieren
lassen, um Daten in Echtzeit verarbeiten zu können. Damit würden Roboter noch leistungsfähiger werden.
Eve Tsakiridou

Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins
Die dritte Ausgabe des FAU Magazins #Menschen steht auch wieder ganz im Zeichen der Menschen, die unsere FAU zu einer der besten Universitäten der Welt machen. Wie lebendig und vielfältig unsere Forschung, das Engagement der Studierenden und die Arbeit in den wissenschaftsstützenden Bereichen sind, zeigen die Beispiele dieser Ausgabe.
Ein Highlight ist sicherlich der neue Forschungscluster „Transforming Human Rights“. Oder folgen Sie unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Labore und Werkstätten, wo sie Kartoffeln klimaresistent machen, Robotern soziales Verhalten beibringen oder antike Schiffe und Geschütze nachbauen. Studierende entwickeln an der FAU senkrecht startende Flugzeuge oder überzeugen mit überragenden Leistungen bei den Paralympics. Und nicht zu vergessen die Menschen, die an unserer Uni arbeiten oder als Ehemalige der FAU stark verbunden sind. Besuchen Sie mit ihnen die KinderUni oder schauen Sie sich mit einer FAU-Alumna und Grimme-Preis-Trägerin eine Fernsehserie an.
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