Ein Gespräch mit dem Präsidenten der FAU über Nähe, Kommunikation und den Versuch, 50.000 Menschen im Blick zu behalten.
Wer eine Universität mit 50.000 Menschen leitet, hat es nicht leicht, den Überblick zu behalten – und schon gar nicht das Gespür für die Stimmungen im eigenen Haus. Zwischen Strategieterminen, Gremiensitzungen und Repräsentationspflichten bleibt oft wenig Raum für das persönliche Gespräch. Doch Joachim Hornegger, seit mehr als zehn Jahren Präsident der FAU, will genau das: nah dran sein. FAU Magazin hat mit ihm über Wege der Kommunikation gesprochen. Und über die Kunst, zuzuhören.
Herr Hornegger, der deutschen Regierung und den Vorständen großer Konzerne wird ja gern vorgeworfen, sie seien zu weit weg von den Menschen. Wie gelingt es Ihnen, bei einer Universität dieser Größe noch ein Gefühl dafür zu behalten, was die Menschen denken und brauchen?
Sie haben völlig recht, bei 50.000 Menschen ist das nicht einfach. Studierende, Mitarbeitende, Forschende, die Verwaltung – eine Universität lebt ja von ihrer Diversität. Und alle haben unterschiedliche Erwartungen. Natürlich ist es unmöglich, ihnen allen gerecht zu werden, aber ich sehe es als meine Aufgabe, das Ohr an der Universität zu haben. Gerade in Zeiten, in denen auch unbequeme Entscheidungen fallen, ist es entscheidend, im Gespräch zu bleiben und Stimmungen wahrzunehmen.
Und wie setzen Sie das in der Praxis um?
Das kann nur über intensive Kommunikation funktionieren. Ich will mit allen sprechen, von unseren Forschenden bis zu unseren Verwaltungsangestellten. Klar, ich kann nicht durch alle 300 Standorte laufen und in jedes Büro schauen. Aber ich habe gemeinsam mit unserer Kommunikation Formate entwickelt, die echten Austausch ermöglichen.
Welche Formate sind das?
Ein besonders erfolgreiches ist der FAU Dialog. Den haben wir kurz vor unserem 275. Jubiläum im Jahr 2017 gestartet. Aber gerade während der Coronazeit erwies er sich als extrem wertvoll. Die Menschen suchten Orientierung, wollten wissen: Wer weiß, was richtig und falsch ist, wo es lang geht? Beim FAU Dialog gibt es einen kurzen Impuls von mir oder einem Mitglied der UL zu einem Schwerpunktthema: Bauprojekte, KI, Wissenschaftskommunikation. Danach diskutieren wir offen. Fragen sind ausdrücklich erwünscht, manchmal gibt es Breakout-Sessions, um Themen zu vertiefen. Je nach Thema sind es mal 300, mal 60 Teilnehmende. Die Zeiten variieren wir. Mir ist wichtig, dass möglichst viele die Chance haben, mitzureden – auch wenn das nie alle sein werden.
Gibt es auch Formate, die kleinere Gruppen ansprechen?
Absolut, das Random Lunch zum Beispiel. Das haben wir 2016 eingeführt. Beschäftigte werden per Zufall ausgelost und zu mir ins Amtszimmer eingeladen. Meist kommen sechs bis acht, und das ist jedes Mal hochinteressant. Da sitzen dann vielleicht eine Sekretärin, ein Bibliotheksinspektor, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter und eine Professorin zusammen – Menschen, die sonst kaum miteinander am Tisch sitzen und sich leidenschaftlich über die FAU austauschen würden. Ich erfahre dabei enorm viel, aber auch sie lernen sich gegenseitig kennen. Das schafft Verständnis und Nähe.
Sie wollen die FAU ja auch in Sachen Forschung international an die Spitze bringen. Da ist gerade der enge Kontakt auch zu Professorinnen und Professoren wichtig…
Da gibt es zunächst viele natürliche Schnittstellen, von den Berufungsverhandlungen bis hin zum Austausch bei Anträgen und Verbundprojekten. Und viele folgen mir ja auch auf Bluesky und auf LinkedIn, wo ich extrem aktiv bin. Aber ich habe auch da ein Format für das persönliche Gespräch entwickelt: A Cup with the President. Ich besuche alle Neuberufenen an ihrem Arbeitsplatz – mit meiner FAU Tasse in der Hand (lacht) – und lasse mir zeigen, woran sie arbeiten, wo es hakt, was sie brauchen. Diese Gespräche sind für mich enorm bereichernd: Viele kommen von anderen Universitäten, mit anderen Strukturen und Erfahrungen. Dieser frische Blick bringt zusätzlich Innovation in unsere FAU.
Das klingt nach viel persönlicher Begegnung mit Beschäftigten. Aber wie kommen Sie mit den Studierenden ins Gespräch?
Das ist sicherlich die größte Herausforderung: eine heterogene Gemeinschaft von 40.000 jungen Leuten, allesamt rund 30 Jahre jünger als ich. Aber natürlich liegen mir die Studierenden besonders am Herzen. Ich unterrichte, wenn es der Terminkalender zulässt, immer noch selbst – einfach, um den Kontakt nicht zu verlieren. Dann gibt es die Gespräche mit der Studierendenvertretung. Und wir tauschen uns im Rahmen von Festen und Sportveranstaltungen aus, etwa beim Lauf gegen Krebs. Aber ja: Ich wünsche mir zusätzlich ein Format, bei dem ich auch individuelle Perspektiven einfangen kann und nicht nur die politischen Forderungen zu hören kriege. Früher hatten wir mal das Format Cola und Pizza mit Studieninteressierten. So etwas in der Art möchte ich wiederbeleben. Ein unkompliziertes Treffen, bei dem alle offen sagen können, was sie bewegt. Gerade jetzt, wo unsere Studierenden so viel Geduld aufbringen müssen – wegen Bauprojekten, Sparmaßnahmen und all dem Drumherum, ist dieser ehrliche Spiegel wichtiger denn je.
Die Formate mit unserem Präsidenten:

Mehr als 30 neu berufene Professorinnen und Professoren hat Joachim Hornegger seit dem Start des Formats schon an ihrem Arbeitsplatz besucht: Eineinhalb Stunden lang unterhalten sich der Präsident und Gastgeberin und Gastgeber am Lehrstuhl oder im Institut, um sich näher kennenzulernen. Manchmal gibt es auch eine Laborführung. Und natürlich gemeinsame Fotos sowie zu jedem Treffen einen Beitrag auf FAU aktuell und auf Linked In. An den Besuchen fasziniert den Präsidenten nicht nur die Leidenschaft, mit der die Neuberufenen ihre Arbeit vorstellen, sondern auch die Vielzahl der spannenden Orte, die er dabei zu Gesicht bekommt: vom Reinraum bis zur Rechtsmedizin.

Um wenigstens einige der über 14.000 Beschäftigten aus Forschung, Lehre und Verwaltung an der FAU näher kennenzulernen, sich mit ihnen auszutauschen und für die Menschen greifbar zu sein, lädt Joachim Hornegger einmal im Semester zum Random Lunch. Eine kleine Gruppe von sechs bis acht Personen aus verschiedenen Bereichen, von Professorinnen und Professoren über Beschäftigte an den Lehrstühlen, aus der Verwaltung oder aus dem technischen Dienst bis hin
zu Auszubildenden, trifft sich mit dem FAU Präsidenten in seinem Amtszimmer zu einem Mittagessen oder Kaffee und Kuchen.

Der FAU Dialog bietet den Beschäftigten in unregelmäßigen Abständen eine Plattform, um gemeinsam die Strategie der FAU zu gestalten. Dabei haben alle FAU-Mitglieder die Möglichkeit, mit der Universitätsleitung über aktuelle Entwicklungen sowie strategische Ausrichtung und Ziele zu diskutieren. Die Themen des FAU Dialogs sind vielfältig:
von digitaler Lehre über Nachhaltigkeit hin zu strategischen Partnerschaften.
Blandina Mangelkramer

Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins
Die dritte Ausgabe des FAU Magazins #Menschen steht auch wieder ganz im Zeichen der Menschen, die unsere FAU zu einer der besten Universitäten der Welt machen. Wie lebendig und vielfältig unsere Forschung, das Engagement der Studierenden und die Arbeit in den wissenschaftsstützenden Bereichen sind, zeigen die Beispiele dieser Ausgabe.
Ein Highlight ist sicherlich der neue Forschungscluster „Transforming Human Rights“. Oder folgen Sie unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Labore und Werkstätten, wo sie Kartoffeln klimaresistent machen, Robotern soziales Verhalten beibringen oder antike Schiffe und Geschütze nachbauen. Studierende entwickeln an der FAU senkrecht startende Flugzeuge oder überzeugen mit überragenden Leistungen bei den Paralympics. Und nicht zu vergessen die Menschen, die an unserer Uni arbeiten oder als Ehemalige der FAU stark verbunden sind. Besuchen Sie mit ihnen die KinderUni oder schauen Sie sich mit einer FAU-Alumna und Grimme-Preis-Trägerin eine Fernsehserie an.
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