„Menschenrechte sind unter Druck, aber nicht auf dem Rückzug.“

Prof. Dr. Katryn Sikkink. (Bild: FAU/Harald Sippel)

Ein Gespräch mit Harvard-Professorin Dr. Kathryn Sikkink. Die Pionierin der Menschenrechtsforschung und Ehrendoktorin der FAU über den Exzellenzcluster „Transforming Human Rights“ und die Herausforderungen für die Menschenrechtsforschung.

Sie beobachten die Entwicklungen im Bereich der Menschenrechtsforschung weltweit sehr genau. Wie blicken Sie auf den Exzellenzcluster „Transforming Human Rights“?

Ich finde es außerordentlich ermutigend, dass sich ein Forschungscluster dieser Größenordnung und thematischen Tiefe den Menschenrechten widmet. Der Cluster wird ein Ort sein, an dem nicht nur bestehende Fragenaufgearbeitet, sondern neue Impulse gesetzt werden.

Inwieweit kann solch ein Clusterthema einen Kontrapunktsetzen, angesichts der Entwicklungen in den USA und weltweit?

Gerade aus den USA betrachtet, wo die Wissenschaft zunehmend unter politischen Druck gerät, ist es bedeutsam, wenn sich Institutionen wie die FAU für die Stärkung der Menschenrechtsforschung einsetzen. Der Cluster in Erlangen-Nürnberg zeigt, wie Rechte entstehen, verteidigt und auch verloren werden können.

Wie groß ist die Gefahr für die Menschenrechtsforschung derzeit?

Sie ist unter Druck, ja. Vor allem dort, wo autoritäre Regime gezielt gegen kritische Wissenschaft vorgehen. Aber auch in Demokratien werden Forschende zunehmend angegriffen. Dennoch habe ich Hoffnung. Menschenrechtsforschung ist heute umfangreicher, vernetzter und oft widerstandsfähiger als früher.

Inwieweit sehen Sie die Menschenrechte generell in Gefahr?

Wir erleben Rückschritte, zum Beispiel in den USA, unter anderem in der Migrationspolitik, oder auch beim Umgang mit Geflüchteten an den EU-Außengrenzen. Aber: Die Geschichte der Menschenrechte war immer schon von Anfechtungen und Rückschlägen begleitet, und deshalb bleibe ich zuversichtlich. Als Wissenschaftlerin befasse ich mich mit der Entstehung und Durchsetzung von Normen. Ich habe in meinem Leben viele Beispiele für Normverletzungen miterlebt, etwa die Völkermorde auf dem Balkan und in Ruanda in den 1990er-Jahren sowie in Darfur in den frühen 2000er-Jahren oder die Folterpraktiken der USA während der Amtszeit von George W. Bush. Es gab keine glorreiche Ära der Menschenrechte in der Vergangenheit. Menschenrechte waren immer umstritten, und der Schutz der Menschenrechte erfordert ständige Anstrengungen und Wachsamkeit, auch durch Forschung.

Gibt es Beispiele, die Ihnen Mut machen?

Es hat viele Fortschritte gegeben, die lange nicht wahrscheinlich schienen, wie die Stärkung der Frauenrechte oder der LGBTQ+-Community. Mut machen mir heute vor allem auch junge Menschen. Studierende, Aktivistinnen und Aktivisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt, die sich mit großem Engagement für Menschenrechte einsetzen, oft unter widrigen Umständen. Auch die Bereitschaft vieler Universitäten, Räume für Menschenrechtsforschung zu erhalten oder neu zu schaffen, wie hier in Erlangen und Nürnberg, ist ein positives Zeichen.

Michael Kniess


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

Die dritte Ausgabe des FAU Magazins #Menschen steht auch wieder ganz im Zeichen der Menschen, die unsere FAU zu einer der besten Universitäten der Welt machen. Wie lebendig und vielfältig unsere Forschung, das Engagement der Studierenden und die Arbeit in den wissenschaftsstützenden Bereichen sind, zeigen die Beispiele dieser Ausgabe.

Ein Highlight ist sicherlich der neue Forschungscluster „Transforming Human Rights“. Oder folgen Sie unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Labore und Werkstätten, wo sie Kartoffeln klimaresistent machen, Robotern soziales Verhalten beibringen oder antike Schiffe und Geschütze nachbauen. Studierende entwickeln an der FAU senkrecht startende Flugzeuge oder überzeugen mit überragenden Leistungen bei den Paralympics. Und nicht zu vergessen die Menschen, die an unserer Uni arbeiten oder als Ehemalige der FAU stark verbunden sind. Besuchen Sie mit ihnen die KinderUni oder schauen Sie sich mit einer FAU-Alumna und Grimme-Preis-Trägerin eine Fernsehserie an.

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