Höchste Präzision dank navigierter Chirurgie

Bild aus dem OP
Klinikdirektor Prof. Dr. Mario Perl (r.) und Oberarzt Dr. Holger Keil von der Erlanger Unfallchirurgie demonstrieren die Arbeit mit dem neuen navigierten Operationssystem. (Bild: Kerstin Bönisch/Uni-Klinikum Erlangen)

Erlanger Unfallchirurgie kombiniert neueste Navigationstechnik mit intraoperativer dreidimensionaler Bildgebung für ein genaueres und schonenderes Operieren

Ein ‚Navi‘, das nicht beim Autofahren, sondern bei Operationen unterstützt: Seit einigen Monaten operieren Prof. Dr. Mario Perl, Direktor der Unfallchirurgischen Klinik – Orthopädische Chirurgie des Universitätsklinikums Erlangen, und sein Chirurgenteam mit einem neuen, über Infrarot gesteuerten Navigationssystem. Die Besonderheit: „Wir speisen in die Navigation dreidimensionale Datensätze ein, die das mobile Röntgengerät während der Operation erzeugt.“

Für die Operateure bietet diese Kombination den Vorteil, Eingriffe an schwer zugänglichen Bereichen, wie zum Beispiel am hinteren Beckenring, mit höchster Präzision durchführen zu können. Vor allem Patientinnen und Patienten mit Wirbelsäulenverletzungen, Beckenbrüchen oder komplexen Gelenkeingriffen profitieren von dieser innovativen Technik. Diese ermöglicht nicht nur kleinere OP-Schnitte, sondern auch eine Qualitätskontrolle bereits während der Operation, sodass im Fall von notwendigen Korrekturen kein zusätzlicher Eingriff vorgenommen werden muss.

Zum Navigationsgerät gehören spezielle chirurgische Instrumente, an deren Spitze sich sogenannte Markerkugeln befinden. Die in den Markerkugeln integrierten Reflektoren kommunizieren über Infrarot mit dem Gerät. Klinikdirektor Mario Perl: „Der 3D-Scanner ermöglicht uns aktuelle Aufnahmen während des Eingriffs. So erhalten wir Bilder des Operationsbereichs und können damit navigieren. Das Navigationsgerät blendet zusätzlich die eingesetzten Instrumente ein, sodass der Chirurg zum Beispiel genau sehen kann, wo er gerade mit dem Bohrer ansetzt.“ Gerade, wenn bei komplexen Eingriffen im Hals- und Brustwirbelbereich oder am hinteren Beckenring Implantate gesetzt werden müssen, sei die Präzision des neuen Systems Gold wert, erläutert Dr. Holger Keil, Oberarzt der Unfallchirurgie des Uni-Klinikums Erlangen: „Es ist ein hervorragendes Hilfsmittel und eine massive Arbeitserleichterung. Vor allem, wenn zum Beispiel eine durch Morbus Bechterew ausgelöste massive Verknöcherung an der Wirbelsäule vorliegt und diese die konventionelle Bildgebung erschwert.“

System bringt Vorteile für die Patientinnen und Patienten

Aufgrund des neu gegründeten Wirbelsäulenzentrums des Uni-Klinikums Erlangen operieren Prof. Perl und sein Chirurgenteam zunehmend rückenschmerzgeplagte Patientinnen und Patienten aus der Metropolregion, wenn andere Therapiemaßnahmen zuvor keine Linderung bewirkt haben. „Wir führen jeden Monat etwa 20 bis 30 komplexe Eingriffe an der Wirbelsäule durch und nutzen dafür das neue Navigationssystem, sofern das möglich ist“, erläutert Prof. Perl, der als einer von zwei Sprechern auch das neue Wirbelsäulenzentrum leitet.

Der Vorteil für die Patientinnen und Patieten liegt – neben kleineren Schnitten und einer schnelleren Rekonvaleszenz – auch in einer deutlich kürzeren OP-Dauer, wie Dr. Keil berichtet: „Dank der Navigation können wir sehr zielgerichtet operieren und die Implantate präzise positionieren. Mehrere Studien belegen zudem, dass bei navigierten Eingriffen die Strahlung für Patientinnen und Patienten geringer ist und die Präzision der Schraubenplatzierung deutlich genauer erfolgen kann als bei Operationen ohne Navigationssystem. Zudem ist die Strahlenexposition für das Personal erheblich reduziert, da der Kontrollbereich während der 3D-Scans verlassen werden kann und während der Navigation keine Röntgenstrahlung benötigt wird.“

Navigation unterstützt auch bei Krebsoperationen

Darüber hinaus unterstützt das navigierte Operationssystem die Chirurginnen und Chirurgen auch beim Entfernen von Tumoren – etwa, wenn sich diese im Kniegelenk oder am Schienbeinkopf befinden, erklärt Holger Keil, der in der Unfallchirurgie des Uni-Klinikums Erlangen die Akuttraumatologie leitet. „Die intraoperativen 3D-Aufnahmen bestimmen dank der genauen Navigationskoordinaten die Tumorgrenzen und die notwendigen Schnittlinien absolut präzise.“ Dennoch gibt der oder die Chirurgin – genau wie die Fahrzeuglenkerin beim Autofahren mit ‚Navi‘ – beim navigierten Operieren den Ablauf jedes Eingriffs selbst vor und führt auch die Instrumente mit seinen eigenen Händen, betont Klinikdirektor Mario Perl: „Die neue Navigationstechnik bietet uns eine wertvolle Verlässlichkeit, die Operation und das Platzieren von Implantaten so präzise und sicher wie möglich durchführen zu können.“

Über das interdisziplinäre Wirbelsäulenzentrum

In dem am 1. Juli 2020 neu gegründeten Wirbelsäulenzentrum des Universitätsklinikums Erlangen arbeiten Spezialistinnen und Spezialisten aus Neurochirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie zusammen, um Patientinnen und Patienten die bestmögliche Therapie auf höchstem universitären Niveau anbieten zu können. Das Zentrum bindet zusätzlich die fachliche Kompetenz von Expertinnen und Experten aus Neurologie, Neuroradiologie, Anästhesie, Schmerztherapie und Psychosomatik ein. Das Wirbelsäulenzentrum ist unter der Telefonnummer 09131 85-40927 zur Sprechstundenkoordination und für Rückfragen erreichbar.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Universitätsklinikums.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Mario Perl
Tel.: 09131 85-33272
jeannine.rauch@uk-erlangen.de