Grundlagenforschung: Die Vermehrung von Schimmelpilzen
FAU-Forschende finden wichtiges Puzzleteil im sexuellen Zyklus eines infektiösen Schimmelpilzes
Sexuelle Fortpflanzung ist in der Tier- und Pflanzenwelt weit verbreitet und dient der Neukombination genetischer Information. Auch Pilze können einen sexuellen Zyklus durchlaufen und müssen hierfür Botenstoffe, sogenannte Pheromone, ausschütten und mittels geeigneter Rezeptoren erkennen. Für den humanpathogenen, also für Menschen potenziell krankheitserregenden Schimmelpilz „Aspergillus fumigatus“ waren die hierfür benötigten Komponenten bereits größtenteils bekannt. Einzig die Existenz eines der beteiligten geschlechtsspezifischen Pheromone blieb bislang ungeklärt. Der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Sven Krappmann der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gelang nun in Zusammenarbeit mit Forschenden im In- und Ausland die Identifizierung des bisher unbekannten Pheromons.
Im Pilzreich finden sich zahlreiche Beispiele für die geschlechtliche Vermehrung, also der Rekombination des Erbguts. Im Rahmen des sexuellen Zyklus und der dabei stattfindenden Zellkernteilung, Meiose genannt, werden Fruchtkörper gebildet, in denen sich sogenannte Meiosporen befinden. Die hieraus entstehenden rekombinanten Mikroorganismen können aufgrund der genetischen Prozesse neuartige, unter Umständen für den Pilz vorteilhafte Eigenschaften aufweisen. Mikrobiologinnen und -biologen vermuten, dass diese Vorgänge von besonderer Bedeutung für die krankmachenden Eigenschaften, sprich die Virulenz, sowie für das Resistenzverhalten von humanpathogenen Pilzen sind. Die eingehende Erforschung derartiger Prozesse und ihrer Konsequenzen ist deshalb für ein grundlegendes Verständnis von Pilzerregern von großer Bedeutung.

„Aspergillus (A.) fumigatus“ ist ein Schimmelpilz, dessen Sporen überall in der Umwelt vorhanden sind und die wir permanent einatmen. Er gilt als opportunistischer Infektionserreger, da er für gesunde Personen kein gesundheitliches Problem darstellt. Im Falle einer ausgeprägten Immunschwäche oder im Zuge allergischer Reaktionen kann es jedoch zur Entstehung einer Infektionskrankheit, der Aspergillose, kommen. Sich systemisch ausbreitende Formen der Aspergillose betreffen vor allem Patient/-innen, deren Abwehrsystem unterdrückt ist, und können unter Umständen lebensbedrohlich verlaufen.
FAU-Forschende liefern wichtiges Puzzleteil
Lange Zeit war unklar, ob und in welcher Ausprägung A. fumigatus einen sexuellen Zyklus besitzt, obwohl es offensichtlich war, dass der Schlauchpilz wichtige Komponenten hierfür bildet, beispielsweise Paarungstypen oder Pheromonrezeptoren und auch mindestens ein Sexualpheromon. Erst 2009 wurde von einer britischen Forschungsgruppe entdeckt, dass A. fumigatus sexuelle Fruchtkörper, sogenannte Kleistothezien, mit rekombinanten Sporen entwickelt.Was bislang jedoch unklar blieb, war die Existenz eines als a‑Faktor bezeichneten Pheromons, das für die wechselseitige Erkennung zweier A. fumigatus-Mikroorganismen unterschiedlichen Geschlechts unabdingbar erschien.
Hier konnte eine internationale Gruppe von Pilzgenetikerinnen und -genetiker unter der Regie von Prof. Dr. Sven Krappmann einen entscheidenden Beitrag leisten, der jüngst im Fachjournal Current Biology veröffentlicht wurde: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten nicht nur die Existenz des Pheromons nachweisen, sondern anhand verschiedener Analysen seine Identität und Funktion im sexuellen Zyklus feststellen.
„Die erfolgreiche Identifizierung des a-Faktors von A. fumigatus gelang letztendlich nur durch die enge Zusammenarbeit der beteiligten Forschenden mit ihren unterschiedlichen Fachkompetenzen“, erklärt Prof. Sven Krappmann.
Die Identifizierung des a-Faktor-ähnlichen Pheromons von A. fumigatus schließt eine bedeutsame Wissenslücke hinsichtlich der sexuellen Vermehrung von Schlauchpilzen. Die neuen Erkenntnisse sind unter anderem auch für zukünftige Studien zur Artenbildung im Pilzreich nützlich. So stellt sich unter anderem die Frage, wie sich nahestehende Pilzspezies wie beispielsweise verwandte Aspergillus-Arten vor einer Paarung mit dem falschen Partner schützen.
Zur OriginalpublikationWeitere Informationen:
Prof. Dr. Sven Krappmann
Professur für Klinische Mikrobiologie und Immunologie
Tel.: 09131/85-32580
sven.krappmann@uk-erlangen.de