Erste Veranstaltungen bereits zur Langen Nacht der Wissenschaften
Der Gedenk- und Lernort in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Erlangen nimmt weiter Gestalt an. Das mit Fördermitteln des Bayerischen Staatsministeriums des Innern ausgestattete Gründungsbüro des Projekts ist nun vollständig besetzt. Erste Formate sind in Planung.
Der Sprecher der Steuerungsgruppe, Prof. Dr. Christoph Safferling, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), stellte nun den neuen wissenschaftliche Koordinator des Projekts vor: Mit Julius Scharnetzy konnte ein ausgewiesener Experte für Gedenkstättenarbeit gewonnen werden. Bevor er seine neue Aufgabe in Erlangen übernahm, war er 14 Jahre lang Mitarbeiter in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, zuletzt als Leiter der Bereiche Ausstellungskonzeption und Kommunikation.
Professor Safferling betonte: „Als Motor der weiteren Entwicklung dieses Gedenk- und Lernortes ist das Gründungsbüro jetzt bestens aufgestellt. Die Umsetzung der Machbarkeitsstudie ist ein ernstes Projekt. Wir tun alles dafür, dass schon in den kommenden Wochen und Monaten erste Resultate sichtbar werden. Dabei ist es uns wichtig, die Erlanger Stadtbevölkerung mitzunehmen und uns um eine inklusive Erinnerungskultur an dieser Stätte bemühen.“

Der neue wissenschaftliche Koordinator Julius Scharnetzky erklärte: „Als Koordinator des Gründungsbüros freue ich mich darauf, zusammen mit meinen Kolleg/-innen an der Vision eines innovativen und modernen Gedenk- und Lernortes arbeiten zu können. Ein Ort für die Erlanger Stadtgesellschaft und darüber hinaus, an dem unterschiedliche Menschen mit ihren jeweiligen Bedürfnissen gemeinsam über die Vergangenheit lernen, die Gegenwart diskutieren und die Zukunft gestalten können. An einem Ort, der eng verbunden ist mit der Missachtung der Würde und grundlegender Rechte von Menschen mit Einschränkungen und psychischen Erkrankungen hat Inklusion eine besondere Bedeutung: vor und hinter den Kulissen.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, sagte: „,Euthanasie‘“ – mit diesem menschenverachtend zynischen Euphemismus haben die Nazis ein schreckliches Verbrechen verharmlost. Denn in Wahrheit haben sie kranke Menschen systematisch erfasst, verfolgt, deportiert und vernichtet. Das klare Bekenntnis zur Erinnerung an diese schrecklichen Untaten und das Andenken an die Opfer sind für uns Auftrag und Verpflichtung. Für mich ist deshalb klar: Ich unterstütze nach Kräften den geplanten Erinnerungsort ,HuPfla‘ auf dem Gelände der früheren Heil- und Pflegeanstalt in Erlangen als wichtigen Erinnerungsort. Ich freue mich deshalb sehr, dass der Gedenk- und Lernort weiter Gestalt annimmt und das neue Gründungsbüro mit Julius Scharnetzky als neuem wissenschaftlichem Koordinator nun voll arbeitsfähig ist.“
Erlangens Oberbürgermeister Dr. Florian Janik sagte: „In der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Erlangen wurden während der NS-Zeit Patientinnen und Patienten entrechtet, man ließ sie verhungern oder brachte sie in Tötungsanstalten – Verbrechen, die mitten in unserer Stadt geschahen. Dennoch wurde dieses Kapitel viel zu lange nicht als Teil unserer Stadtgeschichte wahrgenommen. Mit dem neuen Gedenk- und Lernort schaffen wir einen Ort des Erinnerns, Forschens und Lernens, der diese Verbrechen sichtbar macht. Es ist unsere Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten und daraus Haltung für die Gegenwart und Zukunft zu gewinnen. Und ich bin froh, dass mit der Schaffung des Gründungsbüros nun der nächste wichtige Schritt getan wird, um den Gedenk- und Lernort Gestalt zu geben.“
FAU-Präsident Prof. Dr. Joachim Hornegger erklärte: „Gelebte Erinnerungskultur ist für uns an der FAU von essenzieller Bedeutung. Nicht zuletzt deshalb haben wir die Historie der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt und die menschenverachtenden Greueltaten der Nationalsozialisten an diesem Ort sehr umfangreich im ‚Forschungsprojekt NS-„Euthanasie“ in Erlangen‘ aufgearbeitet. Gemeinsam mit dem Freistaat, dem Uniklinikum Erlangen, der Stadt Erlangen und der Stadtgesellschaft setzen wir alles daran, dass dieser wichtige Gedenk- und Lernort Gestalt annimmt. An dieser Stelle gilt mein Dank vor allem der Steuerungsgruppe, geleitet von Prof. Dr. Christoph Safferling, die mit einzigartigem Engagement diese Entwicklung vorantreibt und auch die Vielzahl der Perspektiven in Einklang gebracht hat.“
Prof. Dr. Jürgen Winkler, Vertreter des Uniklinikums Erlangen sagte: „Der Lern- und Gedenkort hier auf unserem Forschungscampus ist für das Universitätsklinikum ein zentraler Meilenstein, weil er für unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Zukunft mit dem Gedenken an die „Euthanasie“-Verbrechen verknüpft.“
Schon konkrete Formate in naher Zukunft
In der weiteren Planungsphase wird nun bereits an ersten Formaten und Interventionen gearbeitet. So wird die Westfassade des Gebäudes neu gestaltet, um die Sichtbarkeit des Projekts zu erhöhen.
Der Gedenk- und Lernort nimmt ebenfalls mit einem Programm von Kurzvorträgen und Gesprächsrunden an der Langen Nacht der Wissenschaften teil. Weiterhin ist eine Interimsausstellung in Arbeit, die in verschiedenen Bausteinen Teile des Gebäudes in den nächsten Jahren bespielen soll. Auch ein Workshop zum Thema Inklusive Erinnerungskultur ist derzeit in Planung.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Christoph Safferling
Tel.: 09131/85-22247
Christoph.Safferling@fau.de
