Dr. Xi Wang

Dr. Xi Wang und seine Frau Jun Guo (Bild: Xi Wang)
Dr. Xi Wang und seine Frau Jun Guo (Bild: Xi Wang)

Alexander von Humboldt-Stipendiat am Lehrstuhl für Regelungstechnik

Dr. Xi Wang absolvierte bis 2008 einen Bachelor in Science in Automatisierungstechnik am Liren College der Yanshan Universität in Qinhuangdao, China. 2011 absolvierte er einen Master in Science in Mechanischer Elektronik an der Xidian Universität in Xi´an, China, wo er 2016 auf demselben Gebiet promoviert wurde. 2013 und 2015 war er als Doktorand in der Systems Control Group am Department für Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Toronto, Kanada. Dr. Wang erhielt ein 24-monatiges Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung, um von Februar 2018 bis Januar 2020 am Lehrstuhl für Regelungstechnik der FAU weiter an seiner Forschung zu arbeiten.

Die Stadt Erlangen ist eine ruhige Stadt. Es gibt viele Gärten und Wälder die mir helfen zu entspannen und nachzudenken. Beides ist sehr wichtig für meine Forschung.

Dr. Wang, was ist Ihr Forschungsgebiet?

Ich interessiere mich für die Theorie der Supervisor-Kontrolle, im Englischen supervisory control theory (SCT) genannt, und ihre Anwendung in der Industrie. SCT ist eine Methodologie für die Modellierung und Supervisor (Controller)-Synthese diskreter Ereignissysteme (DES). Beispiele für solche Ereignissysteme sind Fertigungssysteme oder Verkehrssysteme. Einfach ausgedrückt ist ein DES ein diskretes und ereignisgesteuertes System. Eine Verkehrsampel beispielsweise hat drei diskrete Zustände: rot, gelb und grün. Der Zustand ändert sich, nachdem ein Erlaubnissignal zum Ändern des Zustandes (ereignisgesteuert) gesendet wurde. Mit einem zu steuernden DES und Anforderungsspezifikationen synthetisiert SCT automatisch einen Supervisor, um das Verhalten des Systems auf die am wenigsten einschränkende Weise einzuschränken, sodass die Anforderungsspezifikationen immer erfüllt werden.

Warum haben Sie sich für die FAU als Gastuniversität für Ihren Auslandsaufenthalt entschieden?

Einer der Gründe ist, dass Prof. Dr. Thomas Moor, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Regelungstechnik an der FAU, ein sehr bekannter Experte auf dem Gebiet der Überwachung von diskreten Ereignissystemen ist. Er hat zahlreiche bedeutenden Beiträge zu den Theorien über die Überwachung von DES, zur hierarchischen Aufsichtskontrolle – ein Architektur in Schichten, in der Kontrollautorität gemäß des Umfangs strukturiert ist – und zu ihrer Anwendung in der Industrie geliefert. Das ist der Grund, warum ich mich für meinen Forschungsaufenthalt für den Lehrstuhl für Regelungstechnik an der FAU entschieden habe. Ein weiterer Grund ist, dass Deutschland ein Industrieland ist und die FAU eine lange Geschichte hat. Ich bin so interessiert daran, die FAU kennenzulernen und Deutschland zu verstehen, deswegen habe ich mich für die FAU als Gastuniversität entschieden.

Wie international bekannt ist die FAU in Ihrem Forschungsgebiet?

Dank der DES-Forschungsgruppe an der FAU, die von Prof. Moor geleitet wird und die sowohl Software als auch Hardware für die Überwachung von DES und Simulationen zur Verfügung stellen kann, ist die FAU international sehr bekannt.

Wie finden Sie die Zusammenarbeit zwischen den Forschenden an der FAU?

Die Zusammenarbeit zwischen den Forschenden ist sehr gut.

Könnten Sie das Projekt, an dem Ihre Forschungsgruppe momentan arbeitet, kurz zusammenfassen?

Die Anwendung von SCT auf reale Industriesysteme ist auf Grund der zwei wichtigsten technischen Probleme eingeschränkt: Das Fehlen einer kompakten Modelldarstellung und einer hohen rechnerischen Komplexität der Controller-Synthese. Um dieses zwei Probleme anzugehen, werden sogenannte State-Tree-Strukturen (STS) entwickelt, die hierarchische und gleichzeitige Organisation modellieren und Controller im Falle von großen DES effizient erstellen können. In Zusammenarbeit mit W. Murray Wonham, einem der Erfinder von SCT,  entwickle ich seit 2015 ein neuartiges DES-Framework (“hierarchical timed STS (HTSTS)”), in dem die eingerichtete Zeit für Ereignisse hierarchisch ist und von der Zeitskala “Stunde, Minute und Sekunde” aus unserem täglichen Leben inspiriert wurde. HTSTS bietet Möglichkeiten zur Berechnung der Überwacher für große reale Systeme. Der Fokus der Forschung an der FAU liegt auf der Weiterentwicklung der ursprünglichen Arbeit an HTSTS hin zu einem in sich geschlossenem Framework.

Außerdem planen wir an der Supervisor-Synthese von HTSTS unter teilweiser Beobachtung zu arbeiten. Daraus ergeben sich einige Sensoren, die sich in gefährlichen Umgebungen befinden oder deren Signalsammlungen oder –weitergaben schwierig beziehungsweise teuer sind. Auch wollen wir die Supervisor-Lokalisation von HTSTS weiter untersuchen. Ein System besteht normalerweise aus mehreren Subsystemen. Die Supervisor-Lokalisation ist eine dezentralisierte Kontrollmethode, bei der der Supervisor für das gesamte System in mehrere lokale Supervisor zerlegt wird. Diese wiederum sind bestimmten Subsystemen zugeordnet. Auf diese Weise wird weniger Computerspeicherplatz benötigt. Zudem möchten wir die Supervisor-Kontrolle, die auf STS basiert, in echten Systemen anwenden. Dies wird die Vorteile der beiden Forschungsfelder verbinden: Das STS-Framework wird verwendet, um das optimale Freigabeverhalten eines Echtzeitsystems zu ermitteln, bei dem das Zustandsexplosionsproblem signifikant verwaltet wird, in dem ein optimaler Zeitplan gefunden werden kann, der die von den Benutzern festgelegten Kriterien erfüllt.

Derzeit hat unsere Arbeitsgruppe die Entwicklung der hierarchischen zeitgesteuerten State-Tree-Strukturen (HTSTS) fast abgeschlossen, um hierarchische Uhrstrukturen in hierarchische diskrete Ereignissysteme einzubringen. Inzwischen verwenden wir DES und STS, um Echtzeitsysteme zu modellieren und zu planen beziehungsweise neu zu konfigurieren.

Meine Frau Jun Guo ist eine großartige Unterstützung für mich. Ohne ihre Unterstützung wäre mein Leben und meine Forschung nicht erfolgreich.

Was sind bislang die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Forschung an der FAU?

Bis heute hat unsere Arbeitsgruppe die Entwicklung der hierarchischen zeitgesteuerten State-Tree-Strukturen (HTSTS) fast abgeschlossen. Momentan arbeitet unsere Forschungsgruppe an der Entwicklung und der Überwachung neuartiger hierarchischer diskreter Ereignissystem-Frameworks. Bis Ende 2018 wurde die Entwicklung eines Software-Tools für einen neuen Ansatz zur Kontrolle des STS-Frameworks abgeschlossen. Dieses Tool ermöglicht eine neue Perspektive auf die Überwachung von STS. Zudem ist die Entwicklung eines neuen Echtzeit-Programmierungs-Framework beendet, welches Echtzeit-Systeme basierend auf dem State-Tree-Strukturen-Framework statisch aber auch dynamisch programmieren kann.

Wie profitiert die Gesellschaft von Ihrer Forschung? Welchen Einfluss hat Ihre Forschung auf die Gesellschaft?

Meine Forschungen zu HTSTS werden einen neuen Ansatz zur Modellierung hierarchisch zeitgesteuerter DES bieten. Dieser Ansatz erlaubt es Nutzern, die das HTSTS-Framework zur Lösung ihrer Probleme verwenden möchten, lokal statt global zu denken. Aus diesem Grund ist der Modellierungsprozess vereinfacht. Das Modellierungsprinzip kann das Zustands-Explosions-Problem in der Überwachung von DES steuern. Grundsätzlich könnte ein großes reales System in mehrere hierarchische Ebenen zerlegt werden und die Zeitskalen auf den verschiedenen Ebenen unterscheiden sich voneinander. Durch die Befolgung dieser allgemeinen Ideen entwickeln wir eine rechnergestützte Toolbox für die Supervisor-Synthese in STS / HTSTS, die in industriellen Fällen implementiert wird. Basierend auf diesen Synthesewerkzeugen können Benutzer ihre Eingabedateien über eine benutzerfreundliche Schnittstelle entsprechend der logischen Zerlegungstiefe des großen Systems zeichnen.

Unsere Forschung zur Echtzeitplanung, die auf der Supervisor-Kontroll-Theorie von STS basiert, wird einen zweifachen Beitrag liefern. Zum einen kann das entwickelte Programmierungs-Framework das optimale Verhalten, sprich all die sicheren Ausführungssequenzen, eines RTS durch die Überwachung des STS finden. Zum anderen werden einige Sequenzen ausgewählt, die laut einiger spezifizierten Optimalitätskriterien an oberster Stelle stehen. Durch das Steuern des Zustands-Explosions-Problems und die Bereitstellung einer nutzerfreundlichen Schnittstelle wird das neu entwickelte Echtzeit-Scheduling-Framework für die Industrie ein neues Framework zur Modellierung und zeitlichen Planung von Echtzeitsystemen zur Verfügung stellen. Benutzer können Entscheidungen treffen, die auf verlässlichen Listen basieren, die einer Verkehrsampel ähneln.

Was waren Ihre ersten und nachfolgenden Eindrücke der Region um Erlangen und Nürnberg?

Die Stadt Erlangen ist eine ruhige Stadt. Es gibt viele Gärten und Wälder die mir helfen zu entspannen und nachzudenken. Beides ist sehr wichtig für meine Forschung.

Können Sie uns bereits von einem Highlight oder einem besonderen Moment Ihres Aufenthalts erzählen, an den Sie sich immer erinnern werden?

Das Welcome Centre ist immer toll. Die netten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen mit jedes Mal, wenn ich Hilfe benötige. Alle Aktivitäten, die vom Welcome Centre organisiert werden, sind erinnerungswürdig und schön.

Was sind Ihre Lieblingsorte an der FAU und in Erlangen oder Nürnberg?

Der Burgberggarten in Erlangen ist mein Lieblingsplatz. In Nürnberg ist es das Germanische Nationalmuseum.

Möchten Sie etwas ergänzen?

Meine Frau Jun Guo ist eine großartige Unterstützung für mich. Ohne ihre Unterstützung wäre mein Leben und meine Forschung nicht erfolgreich.

Vielen Dank für das Interview, Dr. Wang