Voneinander lernen

Max Sasse und Brenda Becker bilden in der aktuellen Lehr:werkstatt ein Tandem
Max Sasse (links) und Brenda Becker (rechts) nehmen als Tandem an der Lehr:werkstatt teil. (Bild: Christopher Söllner)

FAU ermöglicht mit Lehr:werkstatt Lehramtsstudierenden mehr Praxiserfahrung

Mit der Lehr:werkstatt bietet die FAU seit 2013 für Lehramtsstudierende eine besondere Möglichkeit, bereits während des Studiums Praxiserfahrung zu sammeln. Die Studierenden begleiten während eines Schuljahres eine Lehrerin oder einen Lehrer beim Schulalltag und bilden so ein Tandem aus Lehrwerker und Lehrmentor. Dadurch erleben sie hautnah mit, was es bedeutet, vor einer Klasse zu stehen, aber auch, wie ein Elternabend abläuft oder was bei der Planung eines Klassenausflugs zu beachten ist. Erfahrungen, die auch Brenda Becker, Studierende des Lehramts Gymnasium für die Fächer Englisch und Deutsch an der FAU, während der Lehr:werkstatt 2016/17 gemacht hat. Sie hat Max Sasse, Studienrat am Emmy-Noether-Gymnasium Erlangen und Lehrer für die Fächer Englisch und Sport, unterstützt. Im Interview berichten sie über ihre Teilnahme an dem Projekt.

Frau Becker, Herr Sasse, sie sind als Tandem Teil der sogenannten Lehr:werkstatt. Wie ist ihre Zusammenarbeit zustande gekommen?

Brenda Becker: Ich bin jetzt im neunten Semester meines Studiums und habe schon ein Praktikum an einer Schule absolviert. Da ich noch mehr Praxiserfahrung sammeln wollte, habe ich mich für die Lehr:werkstatt beworben. Hierfür habe ich in einem Online-Matching-Tool meine Fächer und Informationen zu meiner Persönlichkeit angegeben. Man kann auch sagen, wie selbstständig man arbeiten möchte oder welche Art von Feedback man erwartet.

Max Sasse: Auch ich habe das Tool ausgefüllt und anhand meiner und Frau Beckers Angaben hat es errechnet, dass wir am besten zusammenpassen würden. Ich mache mittlerweile zum vierten Mal bei der Lehr:werkstatt mit und kann  sagen, dass das Tool stetig weiterentwickelt wird um auch in Zukunft die passenden Tandems zu finden.

Brenda Becker: Das kann ich nur bestätigen. Die Studierenden, mit denen ich gesprochen habe, sind alle äußerst zufrieden mit ihren Lehr:mentorinnen und Lehr:mentoren. Es ist ein großer Vorteil des Tools, dass auch Persönlichkeitsmerkmale sowohl der Studierenden als auch der Lehrerinnen und Lehrer berücksichtigt werden. Denn wenn man ein Schuljahr lang zusammenarbeitet, dann ist es wichtig, dass man auch auf der persönlichen Ebene harmoniert.

Wie läuft die Lehr:werkstatt ab?

Brenda Becker: Das Konzept des Projekts sieht es vor, dass ich während des Semesters einmal pro Woche und während der Semesterferien zweimal für drei bis vier Wochen an der Schule bin. Das ist ein großer Zeitaufwand, aber er lohnt sich. Ich rate aber jedem dazu, sich bereits vor der Anmeldung zur Lehr:werkstatt Gedanken über die Zeitplanung zu machen und gegebenenfalls weniger Kurse zu belegen. Nach der Anmeldung und dem Matching trifft sich das Tandem um sich kennenzulernen. Nach diesem Treffen gibt es die Möglichkeit, den Mentor oder die Mentorin zu wechseln falls man doch nicht so gut zusammenpasst. Während der Lehr:werkstatt unterstütze ich Herrn Sasse im Unterricht. Wir bereiten gemeinsam die Stunden vor, ich übernehme aber auch selber einzelne Unterrichtseinheiten oder sogar ganze Stunden.

Max Sasse: Auch als Lehr:mentor sollte man sich bewusst sein, dass man viel Zeit mit dem Lehr:werker oder der Lehr:werkerin verbringt. Die Studierenden sind für ein Jahr ein fester Bestandteil des Schulalltags und übernehmen im Unterricht eine wichtige Rolle. Wer damit ein Problem hat, für den ist die Lehr:werkstatt nicht das Richtige.

Welche Vorteile hat die Lehr:werkstatt gegenüber den Praktika, die ansonsten während des Lehramtsstudiums absolviert werden müssen?

Max Sasse: Für mich als Lehrer besteht der größte Vorteil in der Unterstützung durch den Lehr:werker. Das sind ganz praktische Sachen wie die Besorgung von Materialien für den Unterricht, aber auch bei der Gestaltung des Lehrinhalts ist Frau Becker eine große Hilfe. Vor allem weil sie als Studierende neue pädagogische Ansätze aus der Universität mitbringt, die wir dann ausprobieren können. Das wiederum hilft mir meine eigene Arbeitsweise aus einer anderen Perspektive zu betrachten und unter Umständen festgefahrene Strukturen aufzubrechen. Ich bekomme so neue Impulse von außen und lerne selber immer wieder Neues. Das ist im Rahmen eines kurzen Praktikums nicht möglich.

Brenda Becker: Für mich als angehende Lehrerin ist es äußerst hilfreich den ganzen Alltag an einer Schule mitzubekommen. Damit meine ich nicht nur die Erfahrung vor einer Klasse zu stehen und zu unterrichten, sondern auch das „Drumherum“: Elternabende, Konferenzen oder auch Klassenausflüge. Diese Aspekte werden im Studium nicht berücksichtigt, sind aber genauso Bestandteil des Lehralltags wie das eigentliche „Kerngeschäft“, nämlich das Unterrichten. Zudem dienen im Studium meistens Idealfälle als Beispiel, die es in der Realität so jedoch nicht gibt. Auch während der üblichen Praktika bekommt man keinen so umfassenden Einblick in den Schulalltag, da man dort mit anderen Studierenden in den Klassen hinten sitzt und nicht so stark eingebunden ist. Mir persönlich hat sehr geholfen, dass ich Herrn Sasse auch bei der Bewertung von Schulaufgaben helfen darf, da auch das etwas ist, das man im Studium nicht lernt. Grundsätzlich ist die Lehr:werkstatt eine sehr gute Möglichkeit herauszufinden, ob der Beruf tatsächlich zu einem passt.

Haben auch die Schülerinnen und Schüler einen Vorteil von dem Projekt?

Max Sasse: Auf jeden Fall, schließlich kümmern sich in der Lehr:werkstatt zwei Personen um die Klasse anstatt nur einer. So kann das Tandem zum einem Sachen ausprobieren, die alleine nicht möglich wären, und zum anderen ist die Betreuung der Schülerinnen und Schüler viel intensiver. Der Lehr:werker oder die Lehr:werkerin kümmert sich zum Beispiel gezielt um eine Schülerin oder einen Schüler, während die Lehrkraft mit dem Rest der Klasse den Unterricht fortführt.

Brenda Becker: Ich bin auch davon überzeugt, dass die Schülerinnen und Schüler von der Lehr:werkstatt profitieren. Einige waren anfangs etwas zurückhaltend, aber das hat sich schnell geändert und sie finden es mittlerweile gut, dass sie neben Herrn Sasse noch eine weitere Ansprechperson haben.

Vielen Dank für das Interview, Frau Becker und Herr Sasse!

Die Lehr:werkstatt ist ein Projekt, das von der BMW Stiftung Herbert Quandt (vormals Eberhard von Kuenheim Stiftung) 2012 initiiert und zunächst an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg angeboten wurde. Mittlerweile können Lehramtsstudierende an fünf Standorten von der Lehr:werkstatt profitieren. Die FAU ist dabei mit 39 Tandems aus Studierenden und Lehrenden der zweitgrößte Standort. Ab dem Schuljahr 2017/18 wird die FAU-Lehr:werkstatt weiter ausgebaut und allen Studierenden des Lehramts Realschule ein Platz in dem Projekt erhalten.

Weiterführende Informationen zur Lehr:werkstatt stehen auf der Homepage des Zentrums für Lehrerinnen- und Lehrerbildung der FAU und auf der Homepage des Projekts.