Molekül-Lego für Nano-Elektronik

Legobausteine
Bild: Colourbox.de

FAU-Forschungskollaboration von Exzellenzcluster und Sonderforschungsbereich baut und untersucht Nanostrukturen

Elektronikbausteine aus einzelnen Molekülen zusammenbauen zu können, ist ein wichtiges Ziel in der Nanotechnologie. Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist diesem Ziel nun bedeutend näher gekommen. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Prof. Dr. Sabine Maier, Prof. Dr. Milan Kivala und Prof. Dr. Andreas Görling ist es gelungen, Drähte und Netzwerke aus einzelnen, neu entwickelten Bausteinmolekülen zusammenzusetzen und zu untersuchen. In Zukunft könnten diese eine Basis für neue optoelektronische Bausteine sein, etwa für flexible Flachbildschirme oder Sensoren. Ihre Arbeit veröffentlichten die FAU-Forscher in „Nature Communications“.

Bisher werden für die Herstellung von Mikro- und Nanoelektronik hauptsächlich lithographische Methoden verwendet. Dabei werden aus bestehenden Blöcken die gewünschten Strukturen herausgeschnitten. „Das ist vergleichbar mit der Arbeit eines Bildhauers, der aus einem vorhandenen Material ein Objekt dadurch entstehen lässt, dass er überschüssige Stellen entfernt. Die Größe der kleinsten Strukturen ist durch die Qualität des Materials und die handwerklichen Fähigkeiten bestimmt.“, erläutert Prof. Dr. Sabine Maier vom Lehrstuhl für Experimentalphysik. „Wir haben nun so etwas wie den Legobaukasten für die Nanoelektronik verwendet Bei uns entstehen die gewünschten Objekte „Bottom Up“,also von Grund auf, durch das Zusammensetzten dieser kleinen Einheiten.“

Aus diesen Bausteinen können die Forscher nun ganz kontrolliert kleinste eindimensionale Strukturen, also Drähte, sowie zweidimensionale Strukturen, also Netzwerke, erzeugen. Diese Strukturen zeichnen sich durch ihre extreme Regelmäßigkeit ohne Baufehler aus. Solche fehlerfreien Strukturen sind Voraussetzungen dafür, kleinste Nanoelektronikkomponenten mit verschiedenen gewünschten Eigenschaften herzustellen.

Die Basis dieser synthetischen organischen Halbleiter – quasi der Legostein – wurde vom Institut für Organische Chemie der FAU synthetisiert. „Grundbaustein ist ein Dreieck aus 21 Kohlenstoffatomen und einem Stickstoffatom in seinem Zentrum, an dessen Ecken Wasserstoff, Jod oder Brom angelagert wird – je nachdem welche Struktur am Ende entstehen soll“, erklärt Prof. Dr. Milan Kivala vom Lehrstuhl für Organische Chemie I. Diese Moleküle bringen die FAU-Forscher auf eine Trägeroberfläche aus Gold auf und erhitzen diese dann auf 150 bis 270 Grad Celsius. In einem ersten Schritt entstehen daraus entweder Sechsecke oder Ketten. Erreichen die Proben 270 Grad Celsius, dann ordnen sich die Bausteinmoleküle zu chemisch fest gebundenen, flachen und wabenartigen Netzen an, vergleichbar in etwa mit der Struktur des Nobelpreis-Materials Graphen.

Eine wichtige elektrische Eigenschaft konnte die Forschungsgruppe bereits untersuchen – die sogenannte Bandlücke. „Wir haben festgestellt, dass die Bandlücke der zweidimensionalen Strukturen kleiner ist, als bei eindimensionaler Anordnung der gleichen Molekülbausteine“, erklärt Prof. Dr. Andreas Görling  vom Lehrstuhl für Theoretische Chemie. „Diese Beobachtungen helfen uns in Zukunft, die Eigenschaften vorherzusagen und auf die gewünschten Werte für die jeweiligen optoelektronischen Anwendungen einzustellen.“

Die Arbeit öffnet den Weg zur Herstellung von kleineren nanoelektronischen Bausteinen. Heutige lithographische Herstellungstechniken für kommerzielle Mikrochips sind auf Strukturen größer als 14 Nanometer begrenzt. Die Drähte aus Erlangen sind nur etwas breiter als ein Nanometer und damit rund fünfzigtausendmal dünner als ein menschliches Haar. Um sie technisch nutzbar zu machen, sind allerdings noch einige weitere Schritte erforderlich. So muss  beispielsweise ein elektrisch nicht leitfähiges Trägermaterial erst noch gefunden werden.

Die Ergebnisse sind aus einer interdisziplinären Kollaboration innerhalb des Cluster of Excellence „Engineering of Advanced Materials“ und dem Sonderforschungsbereich 953 „Synthetic Carbon Allotropes“ entstanden und wurden als Open-Access-Artikel unter dem Titel „Hierarchical on-surface synthesis and electronic structure of carbonyl-functionalized one- and two-dimensional covalent nanoarchitectures.“ in der Fachzeitschrift Nature Communications 8, 14765 (2017) veröffentlicht. (doi: 10.1038/ncomms14765).

Sie finden den Artikel unter www.nature.com/articles/ncomms14765

Kontakt

Prof. Dr. Sabine Maier
Tel.: 09131/ 85 27268
sabine.maier@fau.de