FAU-Forscher identifizieren Parkinson als mögliche Autoimmunerkrankung

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Aggressive Abwehrzellen verstärken Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit, früher auch als Schüttellähmung bezeichnet, zählt zu den häufigsten Bewegungserkrankungen des Nervensystems. Mediziner der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sind jetzt einer möglichen Ursache der Erkrankung auf die Spur gekommen – im Immunsystem der Patienten. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler im renommierten Magazin „Cell Stem Cell“ veröffentlicht (https://doi.org/10.1016/j.stem.2018.06.015 Cell Stem Cell: Th17 Lymphocytes Induce Neuronal Cell Death in a Human iPSC-Based Model of Parkinson’s Disease).

Weltweit sind rund 4,1 Millionen Menschen an Parkinson erkrankt, alleine in Deutschland leben mehr als 300.000 Betroffene. Typische Symptome der Erkrankung sind verlangsamte Bewegungen, das Erstarren der Muskulatur, heftiges Zittern und eine zunehmend gebeugte Körperhaltung. Ursache ist das stetige Absterben von Nervenzellen im Gehirn, die den Botenstoff Dopamin produzieren.

Welche Mechanismen zu dem Verlust von Nervenzellen führen, die Dopamin produzieren, versucht die Wissenschaft zu verstehen. Bisher wusste man wenig darüber, ob menschliche Abwehrzellen bei der Parkinsonerkrankung eine wichtige Rolle spielen. Hier ist den Stammzellforscherinnen Dr. Annika Sommer, Dr. Iryna Prots und Prof. Dr. Beate Winner von der FAU und deren Team in der Erforschung der Krankheit ein gewaltiger Schritt nach vorn gelungen. Die Erlanger Wissenschaftler konnten belegen, dass bei der Parkinsonerkrankung Abwehrzellen des Immunsystems, die so genannten T-Zellen, Dopamin produzierende Nervenzellen des Mittelhirns angreifen und töten.

Ausgangspunkt der Untersuchungen des FAU-Teams war eine verblüffende Beobachtung: Im Mittelhirn von Parkinsonpatienten fanden die Wissenschaftler ungewöhnlich viele T-Zellen. Diese Zellen sind im Gehirn bei Erkrankungen zu finden, bei denen das Immunsystem das Hirn angreift. Bei gemeinsamen Untersuchungen mit der Bewegungsambulanz (Molekulare Neurologie) am Universitätsklinikum Erlangen (Prof. Jürgen Winkler) fanden die Forscher im Blut von Parkinsonpatienten eine erhöhte Zahl von bestimmten T-Zellen, spezifisch der Th17-Zellen, ganz ähnlich wie bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis.

Diese Ergebnisse nahmen die Forscher zum Anlass für die Entwicklung einer sehr ungewöhnlichen Zellkultur aus menschlichen Zellen. Dazu wurde betroffenen Patienten sowie gesunden Testpersonen eine kleine Hautprobe entnommen. Diese Hautzellen wurden dann in Stammzellen umgewandelt, die sich zu jedem beliebigen Zelltyp entwickeln können. Diese differenzierte das Forschungsteam weiter zu patienteneigenen Mittelhirnnervenzellen aus. Diese Mittelhirnnervenzellen wurden dann mit frischen T-Zellen desselben Patienten in Kontakt gebracht. Das Ergebnis: Die Abwehrzellen von Parkinsonpatienten töteten eine große Anzahl ihrer Nervenzellen, dies war jedoch nicht bei den gesunden Testpersonen nachweisbar. Hoffnung gibt jedoch ein weiteres Ergebnis: Antikörper, die die Wirkung der Th17-Zellen blockieren, und sogar ein bereits im Klinikalltag bei Schuppenflechte angewandter Antikörper konnten den Tod der Nervenzellen weitgehend verhindern.

„Mit unseren Untersuchungen ist es uns gelungen, klar nachzuweisen, dass und auch wie T-Zellen an der Entstehung des Parkinsonsyndroms beteiligt sind“, erklärt Prof. Dr. Beate Winner. „Die Erkenntnisse aus unserer Studie bieten eine wichtige Grundlage für neue Behandlungsmöglichkeiten der Parkinson-Krankheit.“

Kontakt:

Prof. Dr. Beate Winner
Tel.: 09131/85-39301
beate.winner@uk-erlangen.de

Dr. Iryna Prots
Tel.: 09131/85-39303
Iryna.prots@uk-erlangen.de