Eine Astrophysikerin, die einmal Astronautin werden wollte

Prof. Dr. Manami Sasaki mit Teleskop
Prof. Dr. Manami Sasaki (Bild: Giulia Iannicelli/FAU)

FAU-Wissenschaftlerin im Porträt

Wir präsentieren in einer Folge von 22 Beiträgen ein Panorama an FAU-Wissenschaftlerinnen verschiedener Qualifikationsstufen und akademischer Positionen, von der Studentin bis zur W3-Professorin. Als Role Models motivieren die Forscherinnen aus dem MINT-Bereich durch ihre individuellen Werdegänge Nachwuchswissenschaftlerinnen für eine akademische Laufbahn, denn sie geben interessante Einblicke in ihren beruflichen Werdegang. Dabei lernen wir die MINT-Expertinnen auch von ihrer privaten Seite kennen.

Professorin Manami Sasaki: Eine Astrophysikerin, die einmal Astronautin werden wollte

Auf einem Hügel hoch über der Bamberger Altstadt befindet sich die Sternwarte der FAU – benannt nach Dr. Karl Remeis, einem Juristen und Amateur-Astronomen. Aus dessen Nachlass wurde die Sternwarte 1889 als private Institution gegründet und ging 1962 in den Besitz der FAU über. Heute befindet sich hier das Astronomische Institut, ein Zweig der Physik. Hier erforscht die Professorin für Multiwellenlängenastronomie, Prof. Dr. Manami Sasaki, die Entwicklung von Galaxien: „Ich beobachte astronomische Objekte, die entstehen, wenn Sterne sterben, also Supernova-Überreste, aber auch nebelartige Strukturen in verschiedenen Galaxien.”

Die dreistöckige Villa an der Sternwartstraße, in der heute gut vier Dutzend Wissenschaftler*innen, aber auch Doktorand*innen und Studierende  forschen, steht ganz im Zeichen der Sterne. Planetenmodelle, Poster mit Motiven der Milchstraße, Messgeräte, alte Zeitmesser und historische Exponate lassen erkennen, dass hier die Astrophysik zu Hause ist. In einer Vitrine befindet sich ein kiloschwerer Meteorit aus Eisen: „Der stammt nachweislich aus dem Weltraum“, erklärt Manami Sasaki. Im Flur hängen Miniatursatelliten von der Decke. An einem beweglichen Planetenmodell kann man erkennen, wie die Sonnenfinsternis zustande kommt – und in einem der Büros steht ein Papierkorb in Form einer Rakete.

Ein Arbeitsplatz wie im Museum

Vom Bürofenster der Professorin in der roten Backsteinvilla – hier residierten frühere Direktoren in einer Dienstwohnung – sieht man die beiden markanten Kuppeln der Sternwarte. Die Gebäudeteile sind mit einem langen Gang verbunden. Dort sind meterlange, holzverkleidete, fast schon antik anmutende Teleskope ausgestellt. Eines davon nahmen Bamberger Forscher einst auf dem Seeweg mit nach Afrika zu einer Expedition, um den Südhimmel und die Venus zu beobachten. Auch in den Kuppeln, die sich öffnen und drehen lassen, stehen riesige optische Teleskope, die aber nur noch für Besuchsgruppen zum Einsatz kommen – nicht mehr für die Wissenschaft. Manami Sasaki wertet vielmehr die Daten aus, die Weltraumsatelliten der NASA und der ESA sowie das von Bamberger Forschungsteams mitentwickelte Röntgenteleskop eROSITA auf die Erde senden. Die Daten landen am Max-Planck-Institut (MPI) für extraterrestrische Physik in Garching, wo die digitalen Himmelsbeobachtungen aufbereitet und an die verschiedenen Institute, auch nach Bamberg, weitergeleitet werden. Am Garchinger MPI promovierte Manami Sasaki, die in Heidelberg studiert hatte, im Jahr 2002. „In Deutschland muss man Physik studieren, um Astronomie zu machen“, erläutert die in Japan geborene Forscherin.

Prof. Dr. Manami Sasaki, (Astronomie und Astrophysik; Dr. Karl Remeis Observatory, Bamberg) W2-Professorin TechFak 17.12.2021
Prof. Dr. Manami Sasaki (Bild: Giulia Iannicelli/FAU)

„Ich mochte Science und nicht Fiction“

Im Alter von acht Jahren kam sie mit ihren Eltern, die beide Musik studiert hatten, nach Deutschland. Schon als Kind war sie vom Nachthimmel fasziniert und mit zehn Jahren fasste sie den Entschluss, Astronautin zu werden. Schon damals las sie viel über den Weltraum, aber an Science-Fiction-Filmen wie Star Trek oder Star Wars war sie nie interessiert: „Ich mochte Science und nicht Fiction.“

Nach der Promotion folgten wichtige und prägende Postdoc-Jahre, unter anderem am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. Die Wissenschaftlerin war damals bereits verheiratet und bekam ihr erstes Kind, einen Sohn (heute 16), während ihres Forschungsaufenthalts in den USA. „Ich habe mir zwischen Promotion und Habilitation viel Zeit gelassen“, erklärt Sasaki. Zwei Jahre später wurde ihre Tochter geboren: „Mir war wichtig, die erste Zeit mit meinen Kindern zu verbringen und sie selbst zu betreuen. Daher blieb ich drei Jahre zu Hause. Das war im Wissenschaftsbetrieb machbar.“ Nach dem Postdoc galt es für Manami Sasaki, berufliche Alternativen abzuwägen.

Prof. Dr. Manami Sasaki, (Astronomie und Astrophysik; Dr. Karl Remeis Observatory, Bamberg) W2-Professorin TechFak 17.12.2021
Prof. Dr. Manami Sasaki (Bild: Giulia Iannicelli/FAU)

Eine akademische Karriere statt NASA und ESA

Als hochqualifizierte Astronomin hätte sie auch eine Stelle bei  der NASA oder ESA bekommen. Doch sie blieb an der Uni. Als (Emmy-Noether-) Nachwuchsgruppenleiterin an der Eberhard Karls-Universität in Tübingen konnte die junge Mutter ab 2010 anfangs in Teilzeit forschen. Für sie wäre es dort auch mit einer Professur weitergegangen. Doch sie lehnte ab und nahm im selben Jahr eine Heisenberg-Professur an der FAU an. Inzwischen ist die Wissenschaftlerin in Bamberg heimisch. Sie liebt ihren Arbeitsplatz im Grünen und die Atmosphäre der Stadt mit ihrer langen Geschichte.

Wird eigentlich noch immer die Astronomie mit der Astrologie verwechselt? „Oh ja, häufig sogar, wobei es tatsächlich Schnittstellen gibt“, sagt Manami Sasaki, die weder an Horoskope noch daran glaubt, dass die Stellung der Sterne bei der Geburt Auswirkungen auf die Menschen hat. „Allerdings ist es historisch überliefert, dass schon die alten Kulturen vom Sternenhimmel auf das Wetter geschlossen haben. Und wenn dann Dürren und damit Hungersnöte kamen oder Fluten und damit Krankheiten und Seuchen, schrieb man das den Himmelskonstellationen zu, was ja nicht falsch war.“ Prof. Sasaki, das wird schnell klar, kann gut erklären und Wissen verständlich vermitteln. Sie selbst hat den Eindruck, dass im männerdominierten MINT-Bereich vor allem die Professorinnen automatisch mehr Frauen in die Lehre und Forschung ziehen: „Und das ist eine positive Entwicklung.“

Dieser Artikel ist Teil der Broschüre “The Sky is the Limit”

Titelbild The Sky is the Limit
Broschüre “The Sky is the Limit”

Facettenreich, inspirierend und innovativ werden in der Broschüre “The Sky is the Limit”  MINT-Wissenschaftlerinnen aus der Technischen und Naturwissenschaftlichen Fakultät der FAU in abwechslungsreichen Interviews vorgestellt.

Weitere veröffentlichte Interviews können Sie online auf der Seite Research nachlesen.

Broschüre “The Sky is the Limit — MINT-Wissenschaftlerinnen an der FAU” zum Download

Die Publikation entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen dem GRK 2423 FRASCAL und dem Büro für Gender und Diversity. Die Interviews führte Dr. Susanne Stemmler.