Förderung für die Forschung mit Alternativmethoden zum Tierversuch

Bild: panthermedia.net/JCB Prod
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FAU-Forschende arbeiten an ethisch unbedenklicher Testplattform, um Prinzipien der molekularen Kommunikation aufzuklären

Mit einer Alternativmethode zum Tierversuch soll es künftig möglich werden, Aspekte der molekularen Kommunikation zwischen Zellen zu studieren. An ihrer Entwicklung sind die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die Universität Regensburg und die Technische Hochschule Deggendorf beteiligt. Auch bei der Ausbildung angehender Mikrochirurginnen und -chirurgen wird die ethisch unbedenkliche Testplattform verwendet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt in den kommenden zwei Jahren mit mehr als einer halben Million Euro.

In befruchteten Hühnereiern bildet sich nach einigen Tagen eine Membran, die aus äußerer Fruchthülle (Chorion) und der Harnblase des Embryos (Allantois) besteht. Abgekürzt wird sie als CAM bezeichnet. Die CAM ist gut durchblutet, enthält aber keine Nerven. Sie eignet sich gut für wissenschaftliche Experimente – etwa die Anzucht von Tumoren mit dem Zweck, ihr Wachstum oder ihre Reaktion auf Wirkstoffe zu untersuchen. Die Methode trägt außerdem zur Umsetzung der sogenannten 3R-Prinzipien für die Vermeidung von Tierversuchen in der Forschung bei. „3R“ steht dabei für Reduktion von Tierversuchen, ihren Ersatz durch andere Methoden (Replacement) sowie – sofern das nicht möglich ist – eine möglichst geringe Belastung der Tiere (Refinement).

„Wir wollen in den kommenden zwei Jahren dieses CAM-Modell weiterentwickeln, um mit ihm Aspekte der molekularen Kommunikation in Organismen zu studieren“, erklärt Dr. Maximilian Schäfer vom Lehrstuhl für Digitale Übertragung an der FAU. Molekulare Kommunikation ist ein relativ neues Forschungsfeld. In seinem Fokus steht die Art und Weise, in der lebende Zellen Informationen austauschen. Anders als bei einem Radio oder einem Computer erfolgt diese Datenübertragung nicht mit elektromagnetischen Wellen. Stattdessen nutzen Lebewesen dazu Moleküle. Wenn etwa bestimmte Immunzellen im Körper einen Krankheitserreger entdecken, rufen sie mit speziellen Botenstoffen andere Abwehrzellen zur Hilfe. Auch bei der Übertragung von Informationen zwischen Nervenzellen kommen Moleküle zum Einsatz, die Neurotransmitter.

Maximilian Schäfer ist kein Biologe oder Mediziner, sondern Ingenieur für Kommunikationstechnik. „Viele der Fragen, die wir normalerweise untersuchen, stellen sich auch bei der molekularen Kommunikation“, erklärt er. „Beispielsweise müssen die Botenstoffe zu ihrem Empfänger gelangen. Mit unseren Methoden können wir die Bedingungen beschreiben, unter denen das am besten funktioniert, so dass – bildlich gesprochen – keine Funklöcher entstehen. Wie groß muss beispielsweise die Zahl der ausgeschütteten Moleküle sein, damit sie in ausreichender Konzentration bei den Empfängerzellen ankommt? Wie hängt diese Sendeleistung von der Entfernung ab? Wie schnell erfolgt die Übertragung, und wodurch lässt sie sich stören?“

Um Fragen wie diese zu beantworten, kooperiert das Team von Prof. Dr. Robert Schober an der FAU mit Prof. Dr. Silke Härteis vom Lehrstuhl für Molekulare und Zelluläre Anatomie der Universität Regensburg sowie der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Thiha Aung an der Fakultät für Angewandte Gesundheitswissenschaften der TH Deggendorf. Denn dort wird das CAM-Modell zur Ausbildung angehender Mikrochirurginnen und -chirurgen genutzt. Diese lernen beispielsweise, extrem feine Gefäße miteinander zu vernähen. Um verbliebene Leckagen aufzuspüren, wird dem Blut ein Farbstoff zugesetzt. „Auch das ist – wenn man so will – eine Art der molekularen Kommunikation“, sagt Schäfer. „Wir wollen erreichen, dass die optimale Farbstoff-Menge möglichst lange im CAM-Modell verbleibt. Die Methoden, die wir dazu einsetzen, können uns auch Hinweise auf die Ausbreitung anderer Moleküle geben, etwa von Medikamenten.“

In einem nächsten Schritt sollen die Studierenden künstliche Gefäßteile in die Äderchen einsetzen, die die CAM durchziehen. Diese könnten zum Beispiel vor der Implantation auf ihrer Innenseite mit molekularen Sensoren ausgestattet werden. „Damit könnten wir dann beispielsweise feststellen, ob sich im Blutstrom bestimmte Moleküle befinden – zum Beispiel Abbauprodukte von Tumoren nach dem Test eines Wirkstoffs gegen Krebs“, sagt Schäfer. Mittelfristig sollen solche Methoden dazu beitragen, die Suche nach neuen Medikamenten effizienter zu machen.

Weitere Informationen:

Dr.-Ing. Maximilian Schäfer
Lehrstuhl für Digitale Übertragung
Telefon: 09131/85-25017
E-Mail: max.schaefer@fau.de