Interview mit Prof. Painter

Prof. Painter
Prof. Dr. Oskar Painter (Bild: FAU)

Im aktuellen uni I kurier I aktuell verrät Prof. Dr. Oskar Painter im Interview, woran er forscht, warum er Wissenschaftler werden wollte und was für ihn im Leben zählt. Lesen Sie hier die Langversion des Interviews.

Herr Prof. Painter, Sie kommen 2013 als neuer Humboldt-Professor an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Fühlen Sie sich denn mit der Universität schon ein wenig vertraut?

Ich weiß ein bisschen was über ihre Geschichte und ich habe ein paar Kollegen bzw. Freunde, die dort arbeiten, aber wenn ich ganz ehrlich bin, weiß ich momentan noch nicht allzu viel über die Universität. Meine bisherigen Kontakte zu Studierenden an der FAU waren allerdings ausgezeichnet und ich freue mich sehr darauf, ein Teil der Universitätsgemeinschaft in Erlangen zu werden.

Können Sie Ihre Arbeit kurz für jemanden erklären, der keine Ahnung von Physik hat?

Ich werde es versuchen – allerdings muss ich ein klein wenig schummeln und doch zumindest etwas Hintergrundinformation geben.

Die Quantenmechanik ist ein Modell, das Physiker entwickelt haben, um zu beschreiben, wie die Welt bis hinunter auf die Ebene der Atome funktioniert. Einige Eigenschaften dieses Modells scheinen unseren Alltagserfahrungen völlig zu widersprechen. Ein berühmtes Beispiel dafür ist Erwin Schrödingers Gedankenexperiment mit der “Quanten-Katze” – auch nachzulesen bei Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6dingers_Katze. Eine solche Katze befände sich gleichzeitig in zwei Zuständen, das heißt, sie wäre sowohl tot als auch lebendig – freilich nur bis zu jenem Augenblick, an dem ihr Zustand “gemessen” und damit festgelegt würde. Bei einer solchen Messung würde man immer feststellen, dass sich die Katze entweder in dem einen oder dem anderen Zustand befindet. Die Wahrscheinlichkeit, dass als Ergebnis der Messung „tot“ oder „lebendig“ heraus käme, hängt von der Gewichtung dieser zwei Zustände in der ursprünglichen “Vorbereitung” der Quanten-Katze ab. Das Gedankenexperiment beleuchtet zwei wesentliche Aspekte des Quantenmodells, nämlich die Überlagerung (Superposition) – also tot und lebendig zugleich – und die Messung, die letztlich die Festlegung auf einen Zustand bedeutet. In den vergangenen Jahrzehnten haben Physiker zahlreiche Experimente konstruiert und studiert, die analog zu Schrödingers Katze funktionieren und – zumindest in quantenmechanischer Hinsicht –  makroskopischen Systemen beruhen. Tatsächlich ist es sogar so, dass der diesjährige Nobelpreis für Physik für derartige Experimente mit Lichtquanten und Quantenbewegung verliehen wurde.

In den letzten Jahren habe ich mich bei meiner eigenen Forschung vor allem darauf konzentriert, wie man Laserlicht dazu nutzen kann, den Quantenstatus mechanischer Strukturen zu untersuchen und aufzubereiten. Die mechanischen Strukturen, mit denen wir arbeiten, sind winzige Stimmgabeln, die aus den gleichen Silizium-Mikrochips hergestellt werden, die auch in Handys oder Laptops eingesetzt werden.  Wir nutzen die sehr geringen mechanischen Kräfte, die charakteristisch für einen Lichtstrahl sind, um etwa die Schwingungen unserer Mini-Stimmgabeln soweit zu reduzieren, dass ihre quantenmechanischen Eigenschaften sichtbar werden.  Dabei wollen wir zum einen Grundlagenforschung betreiben, sind aber auch fasziniert von der Möglichkeit, derartige Systeme für die Anwendung in optischen Kommunikationsnetzen oder als Präzisionssensoren zu entwickeln.

Wollten Sie schon immer Physiker werden? Wenn nein, was wollten Sie dann werden als Sie ein Kind waren?

Als ich so ungefähr 10 Jahre alt war, hatte ich eine Reihe von Büchern aus der “Life Science Library”.  Das ist eine hervorragende Serie, die in den 1960ern veröffentlicht wurde, und die mir entweder mein Vater vererbt oder meine Großeltern gekauft hatten, genau kann ich mich da nicht mehr erinnern. Egal, auf alle Fälle las ich diese Bücher wieder und wieder und verschanzte mich dafür manchmal stundenlang in meinem Zimmer. Meine besonderen Favoriten waren ein Buch über Mathematik, eines über Menschen im Weltraum und eines über Energie. Die Lektüre hat mich vollkommen für Wissenschaft und Ingenieurswesen begeistert. Ich habe in meinem Zimmer dann eine kleine Werkstatt eingerichtet, wo ich verschiedene elektrische Geräte gebaut habe, wie zum Beispiel Motoren aus Büroklammern und emailliertem Draht.  Zu diesem Zeitpunkt war ich mir sicher, dass ich Elektroingenieur werden wollte. Etwas später, in der High-School, fing ich an, viele populärwissenschaftliche Bücher über Physik und die Geschichte der Naturwissenschaften zu lesen. Ich war absolut fasziniert von der Physik und den Physikern des 20. Jahrhunderts. Mit anderen Worten, ich hatte schon von einem recht frühen Alter an ein starkes Interesse an der Physik, wobei ich mich zugegebenermaßen wohl eher als Ingenieur/Bastler denn als Physiker sah. Das gilt auch heute noch. Ich liebe es, in Forschungsfeldern zu arbeiten, in denen ich einerseits Grundlagenforschung betreiben kann, andererseits aber auch die Gelegenheit habe, neue Anwendungen zu konstruieren, die unsere technischen Möglichkeiten revolutionieren könnten.

Was ist Ihr größter Traum als Wissenschaftler?

Eigentlich habe ich immer nur davon geträumt, überhaupt Wissenschaftler zu werden. Ich liebe es nach wie vor, im Labor zu sein, Experimente zu konstruieren, neue Daten zu analysieren und neue physikalische oder technische Methoden zu erlernen. Teil dieses ganzen kreativen Prozesses zu sein – das macht mir am meisten Spaß. Was meine weitere Karriere betrifft, hoffe ich, ein, oder vielleicht auch zwei bedeutsame Fragestellungen zu finden, auf die ich mich für längere Zeit sinnvoll konzentrieren kann.  Das wäre wirklich höchst zufriedenstellend. Ich hoffe, dass mich meine aktuelle Arbeit diesem Ziel einen Schritt näher bringt.

Was zählt im Leben wirklich?

Ah, jetzt wird’s tiefgründig. Im Beruf zählt für mich die Freiheit zu forschen, nach Wahrheit und Erkenntnis zu suchen, und die Fähigkeit durchzuhalten. Privat haben für mich meine Familie und die Verantwortung gegenüber meinen Kindern oberste Priorität. Sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich halte ich es für sehr wertvoll, eine Perspektive zu haben und gemeinsam mit anderen für das Gemeinwohl zu arbeiten.