Die FAU trainiert künftige Experten für die Nanotechnologie-Industrie

Elektronische Schaltung
Nanotechnologie liefert die Grundlagen, um Produkte von nur wenigen Nanometern Größe in jeder gewünschten Form herzustellen, zum Beispiel für elektronische Schaltungen in Computern. (Bild: Colourbox.de)

Nanotechnologie gilt als die Technologie des 21. Jahrhunderts. Sie liefert die Grundlagen, um Produkte von nur wenigen Nanometern Größe in jeder gewünschten Form herzustellen: für Mikroprozessoren, elektronische Schaltungen in Computern und in der Telekommunikation, in der Medizin und in der Biotechnologie, um nur einige Einsatzfelder zu nennen. Die industrielle Nachfrage nach immer neuen Nanostrukturen nimmt rasant zu. Daher benötigt die Industrie exzellent ausgebildete Fachkräfte, die das technische Know-How aber auch Unternehmergeist mitbringen, um die Nanotechnologie in die Zukunft zu führen.

Aus diesem Grund wurde im Rahmen von Horizont 2020 das Marie Sklodowska-Curie Innovative Training Network ELENA (Low Energy ELEctron driven chemistry for the advantage of emerging Nano-fabrication methods) ins Leben gerufen. An dem Netzwerk sind 11 akademische Einrichtungen, darunter die FAU, sowie sechs Firmen – unter anderem ZEISS – beteiligt.

Nachwuchs für die Nanotechnologie

Durch ELENA wird eine neue Generation von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ausgebildet, sogenannte Early Stage Researchers (ESRs). Durch das Training entwickeln sie ein umfassendes Verständnis für die physikalischen und chemischen Prozesse, welche die Grundlagen zweier innovativer, nanolithografischer Herstellungstechniken der nächsten Generation bilden: Focused Electron Beam Induced Processing (FEBIP) und Extrem Ultra Violet Lithography (EUVL).  EUVL ist eine klassische maskenbasierte Lithografiemethode, die inzwischen auch für die Herstellung funktioneller Bauteile in der Halbleiterindustrie zur Anwendung kommt. Bei FEBIP wird ein hochfokussierter Elektronenstrahl genutzt, um die Eigenschaften von Materie zu modifizieren und zu strukturieren. Solche Elektronenstrahlen mit Durchmessern von teilweise weniger als einem Nanometer sind heutzutage in modernen Elektronenmikroskopen verfügbar.

Vorteile für die Industrie

Damit die Forschungsergebnisse nicht ausschließlich in den Laboren bleiben, sondern auch der Industrie zugutekommen, gehört zur Ausbildung der ESRs auch die Förderung ihrer wirtschaftlichen und unternehmerischen Fähigkeiten. Hierzu verbringen einige ESRs einen Teil ihres Trainings bei Industrie- oder Wirtschaftspartnern.

Das Ziel von ELENA ist demnach nicht die Entwicklung bestimmter Nanogeräte, sondern die ESRs dazu zu befähigen, ihr im Training erlangtes Wissen zur Weiterentwicklung und Förderung der Nanotechnologie in Europa einzusetzen.

PD Dr. Hubertus Marbach, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der FAU, ist Mitglied des Leitungsgremiums von ELENA und bildet mit Frau Elif Bilgilisoy auch eine ESR aus. Im Interview geben beide Auskunft zu ELENA.

PD Dr. Hubertus Marbach, Leiter der Arbeitsgruppe „Microscopy and Nanolithography“ am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der FAU (Bild: Hubertus Marbach)
PD Dr. Hubertus Marbach, Leiter der Arbeitsgruppe „Microscopy and Nanolithography“ am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der FAU (Bild: Hubertus Marbach)

Dr. Marbach, innerhalb von ELENA werden sogenannte Early Stage Researcher (ESR) ausgebildet. Was ist das Besondere an ihrem Training?

Die Ausbildung der ESRs umfasst unter anderem die Teilnahme an verschiedenen Training Schools und Workshops. Hierbei werden neben fachlichem Wissen, also den Hard Skills, auch persönliche Fähigkeiten oder Soft Skills vermittelt und trainiert. Weiterhin sind die sogenannten „Secondments“, also mehrmonatige Aufenthalte bei Konsortiumspartnern, ein wichtiger Bestandteil der ESRs. Damit geht die Ausbildung der ESRs weit über den bei „konventionellen“ Promotionen üblichen Rahmen hinaus. Ziel dieser Ausbildung ist es, die Absolventen in besonderer Weise für die Anforderungen der Nanotechnologie und der damit verbundenen Herstellungsverfahren fit zu machen.

Zur Ausbildung der ESRs gehören auch längere Aufenthalte bei Konsortiumspartnern. Welche Vorteile für die Industrie ergeben sich aus Ihrer Sicht durch ELENA und die besondere Ausbildung der ESRs?

Die Vorteile für die Industrie liegen auf der Hand. Durch die obligatorischen mehrmonatigen Aufenthalte bei industriellen Konsortiumspartnern kann die/der ESR bereits Erfahrungen im industriellen Umfeld sammeln. Hierzu gehört speziell das Kennenlernen der spezifischen Zielsetzungen und der Rahmenbedingung in der Industrie. Weiterhin hat die/der ESR während der Ausbildung die Gelegenheit sich ein tragfähiges Netzwerk akademischer und industrieller Partner aufzubauen, auf das sie oder er später nutzbringend zurückgreifen kann.

 

Frau Bilgilisoy, ESR im Training Network ELENA, absolvierte einen Bachelor und Master am Department Physik des Izmir Institute of Technology in der Türkei, bevor sie an die FAU kam. (Bild: Elif Bilgilisoy)
Frau Bilgilisoy, ESR im Training Network ELENA, absolvierte einen Bachelor und Master am Department Physik des Izmir Institute of Technology in der Türkei, bevor sie an die FAU kam. (Bild: Elif Bilgilisoy)

Frau Bilgilisoy, warum nehmen Sie an diesem Programm teil?

Wenn es darum geht, neue Technologien zu entwickeln und damit auch die Industrie voranzubringen, gewinnen Systeme im Nanometerbereich zunehmend an Wichtigkeit. FEBIP und EUVL sind hierbei zwei innovative Fertigungstechniken für Nanostrukturen. Ich wollte teilhaben an einer dieser nanolithografischen Herstellungsverfahren, um dieses Forschungsthema zu verstehen und um es weiter zu entwickeln. Es ist für mich eine Freude und eine gute Gelegenheit in so einem Projekt zu arbeiten, das Forschung und Industrie zusammenbringt.

Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung?

Ich forsche zu FEBIP. Ich untersuche, welche Möglichkeiten es gibt, einen fokussierten Elektronenstrahl in Kombination mit bestimmten Precursormolekülen zur kontrollierten Herstellung von Nanostrukturen zu benutzen. In unserem Labor werden die volatilen Precursormoleküle wie eine Art Tinte und der Elektronenstrahl wie ein Füller verwendet, um Nanostrukturen direkt zu schreiben. Mein Hauptziel ist es ein tiefgreifendes Verständnis für die physikalischen und chemischen Prozesse, die bei FEBIP-Prozessen im atomaren Bereich involviert sind, zu entwickeln.

Welche Vorteile ergeben sich aus Ihrer Sicht für die Industrie durch ELENA und die besondere Ausbildung der ESRs?

Jeder und jede ESR wird in diesem Projekt sowohl im akademischen als auch im industriellen Bereich ausgebildet. Das Vermitteln der Forschungsgrundlagen und ihre Anwendung in den Laboren erfolgt im akademischen Umfeld. Nach diesem Ausbildungsabschnitt soll das erworbene Wissen in den industriellen Fertigungsprozess übertragen werden. Das kann nur geschehen, wenn man die Bedürfnisse der Nanotechnologie-Industrie versteht. Während die ESRs bei den Industriepartnern arbeiten, lernen sie die Bedürfnisse und auch die Herausforderungen der Industrie kennen. Diese Einblicke werden dazu führen, dass zukünftige Forschung in diesem Bereich noch produktiver sein wird.

Außerdem bietet ELENA uns ESRs nicht nur Training in der Technik, sondern auch Personal-Skills-Training, zum Beispiel im Bereich Kommunikation und Management, an. Mit Hilfe dieses Konzepts werden Akademikerinnen und Akademiker ausgebildet, die die Bedürfnisse der Industrie kennen, und Industriearbeiter, die die Bedürfnisse der akademischen Welt kennen.

Werden Sie während Ihres Trainings bei ELENA auch mit einem Industriepartner zusammenarbeiten?

Ich werde für fünf Monate bei Phenom-World in den Niederlanden arbeiten.

Vielen Dank für das Interview, Frau Bilgilisoy und Dr. Marbach.