„Ich fühle mich verpflichtet, mich einzubringen“

Portrait von Prof. Dr. Monika Pischetsrieder
Prof. Dr. Monika Pischetsrieder (Bild: FAU/Gerd Grimm)

Prof. Dr. Monika Pischetsrieder vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie der FAU setzt sich im Bioökonomierat für nachhaltige Lebensmittelproduktion ein

Als sie ein Mitarbeiter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung anrief, um zu fragen, ob sie dem Bioökonomierat beitreten wolle, war Prof. Dr. Monika Pischetsrieder zunächst überrascht. Doch noch am Telefon sagte die Inhaberin des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der Friedrich-Alexander -Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zu. Denn Lebensmittel spielen beim Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle.

Frau Prof. Pischetsrieder, Bioökonomie ist ja erst mal ein sperriger Begriff. Letztlich steckt dahinter der immer wichtigere Ansatz, in der Wirtschaft möglichst biologische Ressourcen für Produkte und Verfahren zu nutzen, ohne die Kreisläufe der Natur zu sehr zu belasten. War ihnen gleich klar, was das mit Ihren Forschungen als Lebensmittelchemikerin zu tun hat?

Prof. Monika Pischetsrieder: Nein. Ich befasse mich ja wissenschaftlich nicht mit der Frage, wie sich wirtschaftliches Handeln nachhaltiger gestalten lässt. Mir wurde aber schnell klar, dass Lebensmittel als Rohstoffe dabei eine wichtige Rolle spielen. Eines meiner Forschungsthemen ist die Frage, wie  wir Lebensmittel länger haltbar machen können. Und weniger Abfälle zu produzieren, ist ja ein wichtiges Anliegen der Bioökonomie.

Was ist die Aufgabe des Bioökonomierats?

Die Bundesregierung hat eine nationale Bioökonomiestrategie entwickelt und wir beraten sie in der Umsetzung. Wir geben Stellungnahmen und Empfehlungen ab, außerdem sollen wir die öffentliche Debatte fördern.

Sie sitzen bereits seit fünf Jahren im Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Rolle der Beraterin für die Politik scheint Ihnen zu liegen.

Grundsätzlich denke ich, dass Forschung und Lehre die vorrangigen Aufgaben der Wissenschaft sind. Sie kann aber die wissenschaftlichen Grundlagen schaffen, auf denen politische Entscheidungen getroffen werden und Zielkonflikte darstellen.  Zum Beispiel ist vegane Ernährung zwar klimafreundlich, sie kann aber zu Mangelerscheinungen führen, wenn man nicht bestimmte Empfehlungen beachtet. Das Abwägen von Vor- und Nachteilen, das Bewerten von Konflikten, ist aber die Aufgabe der Politik. Wie wichtig es ist, dass sie dies auf der Basis fundierter wissenschaftlicher Evidenzen tut, zeigt sich in der Coronakrise. Es ist gut, wenn Wissenschaftler gehört werden und ich fühle mich verpflichtet, mich einzubringen.

Der erste Bioökoomierat hat sich 2019 nach sieben Jahren aufgelöst, gehen Sie jetzt mit konkreten Themen in das neu gebildete Gremium?

Nein, ich bin aber davon überzeugt, dass lebensmittelchemischer Sachverstand in der Arbeit des Bioökonomierats in vielerlei Hinsicht von Nutzen ist. Nehmen Sie die Beispiele Lebensmittelabfälle und Reststoffe. Wir haben an meinem Lehrstuhl an der FAU gerade eine Forschungsarbeit beendet, In der wir Peptide aus Kichererbsen gewonnen haben, die man für die Biokonservierung einsetzen kann. Sie schützen Lebensmittel natürlicherweise vor dem Verderb und das wiederum führt dazu, dass weniger weggeworfen wird. Ein weiteres Beispiel sind die Pressrückstände bei der Weinherstellung.  Damit werden im Moment Tiere gefüttert oder Biogas erzeugt. Der Weintreber enthält aber wertvolle Antioxidantien, die man aufbereiten und für die Herstellung von Lebensmitteln verwenden kann. Das wäre im Sinne der Bioökonomie.

Was halten Sie von Trends wie tierischen Zellkulturen, die im Reagenzglas vermehrt und als Fleischersatz verkauft werden? Oder von Insekten statt Rinderpatties in Burgern?

Vor dem Hintergrund, dass eine Ernährung mit viel Fleisch am wenigsten klimafreundlich ist, macht es Sinn, dass Forscher nach Alternativen suchen. Fleisch als Eiweiß-Lieferanten durch andere Lebensmittel zu ersetzen, ist ein wichtiges Thema. In Deutschland ist Protein-Mangelernährung noch kein drängendes Problem, in anderen Ländern aber schon. Ich bin allerdings bei diesen beiden Trends noch skeptisch. Bis Verbraucher in Deutschland bereitwillig Fleisch durch Insekten ersetzen, muss der Preisdruck noch deutlich steigen. Am sinnvollsten wäre es, einfach weniger Fleisch zu essen.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Monika Pischetsrieder
Tel.: 09131/85-65592
monika.pischetsrieder@fau.de