Dino-Skelett neu beschrieben: “Mit dem heutigen Wissen kann man viel mehr machen“

Untersuchung eines Dinosaurierskeletts
Dr. Femke Holwerda forschte am GeoZentrum Nordbayern an der FAU als Gastwissenschaftlerin an der Neubeschreibung des Langhalssauriers „Patagosaurus Fariasi“. (Bild: Femke Holwerda)

FAU-Gastforscherin nimmt das Skelett des „Patagosaurus Fariasi“ genau unter die Lupe

In den 1970er-Jahren entdeckten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das 175 Millionen Jahre alte Fossil des Langhalssauriers „Patagosaurus fariasi“ in Patagonien, Argentinien. Zweimal wurde der frühjurassische Dinosaurier beschrieben, das letzte Mal im Jahr 1986. Die Paläontologin Dr. Femke Holwerda, die am GeoZentrum Nordbayern an der FAU als Gastwissenschaftlerin an diesem Projekt geforscht hat, und ihre Kolleginnen und Kollegen haben nun die Fossilbeschreibung mit heutigen Technologien und Kenntnissen gründlich überarbeitet. Diese Revision ist die Grundlage für die Beantwortung neuer Fragen: Wie schnell wuchs „Patagosaurus“? Oder wie lief der Dinosaurier? Ihre neuen Erkenntnisse hat Dr. Holwerda nun in der Fachzeitschrift „Geodiversitas“ veröffentlicht.

Was konnten Sie jetzt erforschen, das vor 40 Jahren noch nicht möglich war?

Heutzutage führen wir klassische taxonomische Studien, bei denen ein Tier in einer Arbeit beschrieben wird, nur noch selten durch. Dennoch ist es wichtig, ein Fossil so gründlich wie möglich zu beschreiben, bevor wir all die schicken Analysen durchführen, die der neuste Stand der Technik ermöglicht. Jetzt haben wir die Knochen mit besseren, hochauflösenden Kameras gründlicher untersucht und konnten mit einem Computertomografie-Scan in die Wirbel hineinschauen. So haben wir festgestellt, dass „Patagosaurus“ Luftsäcke in seinen Wirbeln hatte, um sein Skelett so leicht wie möglich zu machen. Außerdem wurden seit damals mehr Langhalssaurier-Skelette gefunden, sodass wir die verschiedenen Fossilien jetzt besser vergleichen können.

Inwiefern kann „Patagosaurus“ mit anderen Langhälsen verglichen werden?

„Patagosaurus“ ist nicht so groß wie sein jüngerer Cousin „Patagotitan“, das größte Landtier aller Zeiten, aber sie haben bestimmte Grundmerkmale gemeinsam. Diese Luftsäcke oder „pneumatischen Merkmale“ in seinen Wirbeln waren bei Langhalsdinosauriern im späten Jura und in der Kreidezeit häufiger zu finden. Ein ähnliches Merkmal weisen Vögel von heute auf: Ihre Knochen sind mit Luft gefüllt und ihre Skelette sind daher sehr leicht. Bei diesen frühen Dinosauriern sind die Knochen noch sehr dicht, um ihr massives Gewicht zu tragen. Bei weiterentwickelten Vettern des „Patagosaurus“ findet man diese Luftsäcke auch in den Schwanzwirbeln und Rippen.

Mittlerweile können neue Analysen am Skelett durchgeführt werden. Was wollen Sie noch erforschen?

Im Moment untersuchen wir mit einer so genannten morphometrischen Analyse, wie sich die Skelette von Langhalsdinosauriern im Laufe des Jura verändert haben. Dafür können wir die Oberschenkelknochen von „Patagosaurus“ gut gebrauchen. In Zukunft können wir mit einer biomechanischen Analyse feststellen, wie der Dinosaurier gelaufen ist und wie schnell. Das wurde Anfang dieses Jahres auch für den T-Rex gemacht.

Ich finde es interessant, herauszufinden, wie schnell der „Patagosaurus“ gewachsen ist. Er war ein riesiges Tier, und wir glauben, dass diese langhalsigen Dinosaurier eine ähnliche Nische in ihrem Ökosystem ausgefüllt haben wie heute Elefanten und Giraffen. Diese Säugetiere sind so groß, dass sich Vögel auf ihrem Rücken niederlassen, vielleicht ist das auch mit „Patagosaurus“ und kleinen Flugsauriern in der Vergangenheit passiert.

Link zur Veröffentlichung: https://doi.org/10.5252/geodiversitas2021v43a16.

Dieser Beitrag basiert auf dem Originalinterview der Universität Utrecht.

Weitere Informationen:

Dr. Femke Holwerda
f.m.holwerda@uu.nl