MINT? Wegen der guten Jobaussichten!

Eine Frau in einem Laborkittel hat eine Flasche in der Hand.
Rahel Algül, Studentin an der TechFak, Dep. CBI. (Bild: Giulia Iannicelli/FAU)

Wir präsentieren in einer Folge von 22 Beiträgen ein Panorama an FAU-Wissenschaftlerinnen verschiedener Qualifikationsstufen und akademischer Positionen, von der Studentin bis zur W3-Professorin. Als Role Models motivieren die Forscherinnen aus dem MINT-Bereich durch ihre individuellen Werdegänge Nachwuchswissenschaftlerinnen für eine akademische Laufbahn, denn sie geben interessante Einblicke in ihren beruflichen Werdegang. Dabei lernen wir die MINT-Expertinnen auch von ihrer privaten Seite kennen.

Masterstudentin Rahel Olivia Algül: “MINT? Wegen der guten Jobaussichten!”

Rahel Olivia Algül, 1994 in Füssen geboren, hat aramäische Wurzeln und wuchs in einer großen Familie im Allgäu auf. Ihr Interesse für die Naturwissenschaften wurde schon früh geweckt – unter anderem durch den Onkel, einen damals angehenden Arzt. Letztlich führten aber ganz rationale Überlegungen dazu, ein MINT-Fach zu studieren, nämlich die guten Berufsaussichten! An der FAU absolvierte sie zunächst ihren Bachelor im Fach Life Science Engineering. Danach wechselte sie zum Fach Chemie- und Bioingenieurwesen (CBI), wo sie derzeit ihren Master macht.

Mein Leben in zwei Kulturen

„Meiner Familie war es stets wichtig, unsere aramäische Kultur und Sprache zu bewahren, daher habe ich bis zum Kindergarten nur Aramäisch sprechen können. Danach verlernte ich einiges, da wir auf Deutsch umgestiegen sind. 2001 wurde ich eingeschult und hatte nebenbei sehr viele sportliche Hobbys. Ich war im Turn-, Leichtathletik- und Schwimmverein und habe noch die Kampfsportart Jiu Jitsu erlernt. Eine schöne Erfahrung war, dass sich unser Gemeindepfarrer dazu bereit erklärte, den Grundschülern die aramäische Sprache näher zu bringen. Auf dem Gymnasium habe ich den wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Zweig gewählt, der uns von älteren Schüler*innen empfohlen wurde, weil man da Chemie und Physik erst später dazu bekam und diese Fächer schon immer den Ruf hatten, sehr schwer zu sein. In der Schule lagen mir die MINT-Bereiche nicht sehr …“

Warum dennoch MINT?

„Nach meinem Abitur bin ich mit zwei Freundinnen nach Asien und Australien gereist und habe dort sechs Monate Work and Travel gemacht. Ich hoffte, dass mir während dieses Auslandsaufenthaltes klar wird, was ich studieren will. Als Kind hatte ich großes Interesse an Sport, Biologie und Medizin. Das medizinische Interesse kam zunehmend durch meinen Onkel, der zu dem Zeitpunkt Medizin studiert hat. Bei Fragen konnte ich mich immer an ihn wenden, und wir haben öfter über den Aufbau des menschlichen Körpers geredet. Zu Hause hatten wir auch ein Hausbuch für Medizin und Gesundheit, das ich sehr gerne gelesen habe. Meine Eltern schenkten mir zu diesen Themen Bücher und Spiele. Leider war aber ein Medizinstudium wegen des Numerus Clausus für mich nicht möglich. Also habe ich mich für Life Science Engineering eingeschrieben und meinen Bachelor darin gemacht. Dann wechselte ich zu Chemie- und Bioingenieurwesen, da bei Bewerbungen für Praktika keiner genau wusste, was Life Science Engineering eigentlich bedeutet. Momentan schreibe ich meine Masterarbeit über Malaria.“

Die Schnittstelle zwischen Ingenieurwesen und Biologie ist mir wichtig

„Leider werden den Bereichen Sprachen und Sport keine guten Berufsmöglichkeiten nachgesagt, weswegen ich mich schlussendlich für den Ingenieurstudiengang entschieden habe. Hier sind die Jobaussichten um einiges besser. Besonders wichtig war mir dabei die Schnittstelle zwischen Ingenieurwesen und Biologie, die mir mittels Life Science Engineering ermöglicht wurde. Ich würde später gerne im Bereich der Onkologie arbeiten und dort nach Mitteln zur Krebstherapie forschen. Aber davor möchte ich noch mein Praktikum in Israel nachholen, das aufgrund von Corona ausfallen musste. Da wäre ich dann in der Krebsforschung tätig und könnte so bereits Grundlagen für meinen zukünftigen Beruf erlernen.“

Rahel Algül mit Ball und Sportkleidung
Rahel Algül, Studentin an der TechFak, Dep. CBI. (Bild: Giulia Iannicelli/FAU)

Auch Corona hat mich in meiner MINT-Wahl bestätigt

„Durch den Impfstofferfolg des Biotech-Unternehmens BioNTech wurde mir klar, dass der Bereich der Biotechnologie in Zukunft immer mehr benötigt wird, da es immer mal wieder Epidemien und Pandemien geben wird. Des Weiteren sind auch viele Biotech-Unternehmen in der Krebsforschung tätig und ich denke, dass es auch hier eines Tages vielversprechende Medikamente geben wird.“

Gute Arbeitsbedingungen an der FAU

„Ich habe bereits alle Vorlesungen und Prüfungen abgeschlossen und bin momentan mit meiner Masterarbeit beschäftigt. Dafür muss ich ins Labor und meine Versuche machen, die ich dann auswerte und in meine Arbeit schreibe. Zeitlich bin ich da flexibel und kann mir meine Laborzeiten selbst aussuchen. Das Studium ist sehr breit gefächert, wodurch man viele verschiedene Möglichkeiten hat zu arbeiten. Außerdem legt das Studium einen Fokus auf Nachhaltigkeit, was derzeit sehr sinnvoll und bei der Berufswahl von Vorteil ist. Mir gefällt aber besonders, dass ich auch im medizinischen Bereich tätig sein kann, ohne dass ich Medizin studieren musste.“

So wurde ich an der FAU unterstützt:

„Im Studiengang CBI wird für die Masterarbeit ein praktischer Teil vorausgesetzt. Den habe ich am Lehrstuhl Medizinische Biotechnologie absolviert. Dabei konnte ich noch mehr Erfahrungen in der Laborarbeit sammeln, was mir für künftige Jobs auch nutzt. Dabei wurde ich sehr gut betreut und durfte nach einer Einführung selbstständig an den Geräten arbeiten. Auch der Kontakt zu den Doktorand*innen, die die Übungen gehalten haben, war sehr gut. Wenn uns etwas in einer Vorlesung nicht klar geworden war, konnten wir ihnen problemlos Fragen stellen. Angenehm habe ich auch die mündlichen Prüfungen empfunden, da die Professor*innen einen nicht von oben herab behandelt haben, sondern immer von einer ‚Diskussion unter Experten‘ sprachen.“

Auch dank Lerngruppen zum Erfolg

„Ich fand das Bachelorstudium sehr anspruchsvoll. Es gab viele Prüfungen und Praktika und man hatte gefühlt keine Semesterferien. Außerdem gab es eine Grundlagen- und Orientierungsphase, in der sehr stark selektiert wurde, da das Life Science Engineering Studium keinen Numerus Clausus hat. Hier waren die Abbruch- und Durchfallquoten sehr hoch. Im Studium habe ich erst gelernt zu lernen, da man hauptsächlich in Lerngruppen gearbeitet hat, was in der Schule nicht der Fall war.“

Schülerinnen empfehle ich das CyberMentor Programm der FAU

„Den Mädchen, die ein MINT-Fach studieren wollen, empfehle ich das ‚CyberMentor Programm’ für Schülerinnen. Da bekommt jede Schülerin eine Mentorin zugeteilt, die über den Unialltag erzählt und für Fragen offen ist. Das wäre eine gute Hilfe, wenn ihr euch unsicher seid, ein MINT-Fach zu studieren. Bedenkt dabei immer: Frauen schaffen diese Fächer genauso gut wie Männer; in meinem Studiengang ist das Verhältnis von Frauen und Männern sogar ausgeglichen. Im MINT-Bereich mag das Studium zwar schwerer sein, aber dafür sind die Karrierechancen umso besser. Und ich denke, dass Unternehmen dann auch gerne Frauen einstellen, da sie es bereits im Studium geschafft haben, in einem männerdominierten Bereich zu bestehen.“

Dieser Artikel ist Teil der Broschüre “The Sky is the Limit”

Titelbild The Sky is the Limit
Broschüre “The Sky is the Limit”

Facettenreich, inspirierend und innovativ werden in der Broschüre “The Sky is the Limit”  MINT-Wissenschaftlerinnen aus der Technischen und Naturwissenschaftlichen Fakultät der FAU in abwechslungsreichen Interviews vorgestellt.

Weitere veröffentlichte Interviews können Sie online auf der Seite Research nachlesen.

Broschüre “The Sky is the Limit — MINT-Wissenschaftlerinnen an der FAU” zum Download

Die Publikation entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen dem GRK 2423 FRASCAL und dem Büro für Gender und Diversity. Die Interviews führte Dr. Susanne Stemmler.